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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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VII. Ab. Ersch. d. leb. Geh. Die Empfind.
mehr und blos Zellgewebe, oder Gefäßwerk, und Ge-
fässe haben, nebst den kleinsten Nerven, eine Menge Zell-
gewebe in sich [Spaltenumbruch] f). Folglich befinden sich so gar auch
in denienigen Theilen des Körpers, welcher Nerven be-
kommen und Kraft selbiger Empfindungen haben, den-
noch viele Stellen, welche empfindungslos sind g.

Es hat in der That die Frucht einen grössern Kopf,
und ,folglich haben die übrigen thierischen Theile auch
nach Proportion ein grösseres Gehirn. Es zeigen sich
aber auch in dieser Frucht ihre besondere Gefässe, ihre
beinahe flüßige Membranen, ihre Muskelfasern und die
fast nervenlose Leber, und es ist die Frucht vom erwach-
senen Thiere in nichts anders unterschieden, als daß die
Gliedmassen, und untern Eingeweide ein schwächeres
Wachsthum, als der Kopf und das Gehirn gehabt ha-
ben h. Es sind auch nicht die Nerven, die allgemeine
Materie, woraus die Natur die übrigen Theile der
Frucht gebildet hat, sondern es hat ohne Zweifel die
ganze Zeit über der Knochen seine Materie, der Muskel
die seinige, und auch die Membran die ihrige gehabt.

Wir müssen demnach aus der Anzahl der empfin-
denden Theile den Mutterkuchen i, die Nabelschnur,
die ganze Nachgeburt, und dieses grosse Land, in wel-
chem der Mensch gebildet wird, ausstreichen. Denn
es sind diese Theile nervenlos, indem sich die Nerven
weder in der Nabelschnur verstecken können, noch durch
einige Versuche empfindlich machen lassen.

§. 3.
f) L. 2. p. 63. 70.
g Battie princip. anim. p. 144.
h Siehe die Gründe des berüm-
[Spaltenumbruch] ten Caldan. Mem. sur les part. sen-
sibl. et irrit. T. 3. p.
383. u. w.
i Fontana durch Versuche in
Tom. 3. der mem. p. 219. 220.
D d 5

VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.
mehr und blos Zellgewebe, oder Gefaͤßwerk, und Ge-
faͤſſe haben, nebſt den kleinſten Nerven, eine Menge Zell-
gewebe in ſich [Spaltenumbruch] f). Folglich befinden ſich ſo gar auch
in denienigen Theilen des Koͤrpers, welcher Nerven be-
kommen und Kraft ſelbiger Empfindungen haben, den-
noch viele Stellen, welche empfindungslos ſind g.

Es hat in der That die Frucht einen groͤſſern Kopf,
und ‚folglich haben die uͤbrigen thieriſchen Theile auch
nach Proportion ein groͤſſeres Gehirn. Es zeigen ſich
aber auch in dieſer Frucht ihre beſondere Gefaͤſſe, ihre
beinahe fluͤßige Membranen, ihre Muskelfaſern und die
faſt nervenloſe Leber, und es iſt die Frucht vom erwach-
ſenen Thiere in nichts anders unterſchieden, als daß die
Gliedmaſſen, und untern Eingeweide ein ſchwaͤcheres
Wachsthum, als der Kopf und das Gehirn gehabt ha-
ben h. Es ſind auch nicht die Nerven, die allgemeine
Materie, woraus die Natur die uͤbrigen Theile der
Frucht gebildet hat, ſondern es hat ohne Zweifel die
ganze Zeit uͤber der Knochen ſeine Materie, der Muskel
die ſeinige, und auch die Membran die ihrige gehabt.

Wir muͤſſen demnach aus der Anzahl der empfin-
denden Theile den Mutterkuchen i, die Nabelſchnur,
die ganze Nachgeburt, und dieſes groſſe Land, in wel-
chem der Menſch gebildet wird, ausſtreichen. Denn
es ſind dieſe Theile nervenlos, indem ſich die Nerven
weder in der Nabelſchnur verſtecken koͤnnen, noch durch
einige Verſuche empfindlich machen laſſen.

§. 3.
f) L. 2. p. 63. 70.
g Battie princip. anim. p. 144.
h Siehe die Gruͤnde des beruͤm-
[Spaltenumbruch] ten Caldan. Mem. ſur les part. ſen-
ſibl. et irrit. T. 3. p.
383. u. w.
i Fontana durch Verſuche in
Tom. 3. der mem. p. 219. 220.
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[425/0461] VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind. mehr und blos Zellgewebe, oder Gefaͤßwerk, und Ge- faͤſſe haben, nebſt den kleinſten Nerven, eine Menge Zell- gewebe in ſich f). Folglich befinden ſich ſo gar auch in denienigen Theilen des Koͤrpers, welcher Nerven be- kommen und Kraft ſelbiger Empfindungen haben, den- noch viele Stellen, welche empfindungslos ſind g. Es hat in der That die Frucht einen groͤſſern Kopf, und ‚folglich haben die uͤbrigen thieriſchen Theile auch nach Proportion ein groͤſſeres Gehirn. Es zeigen ſich aber auch in dieſer Frucht ihre beſondere Gefaͤſſe, ihre beinahe fluͤßige Membranen, ihre Muskelfaſern und die faſt nervenloſe Leber, und es iſt die Frucht vom erwach- ſenen Thiere in nichts anders unterſchieden, als daß die Gliedmaſſen, und untern Eingeweide ein ſchwaͤcheres Wachsthum, als der Kopf und das Gehirn gehabt ha- ben h. Es ſind auch nicht die Nerven, die allgemeine Materie, woraus die Natur die uͤbrigen Theile der Frucht gebildet hat, ſondern es hat ohne Zweifel die ganze Zeit uͤber der Knochen ſeine Materie, der Muskel die ſeinige, und auch die Membran die ihrige gehabt. Wir muͤſſen demnach aus der Anzahl der empfin- denden Theile den Mutterkuchen i, die Nabelſchnur, die ganze Nachgeburt, und dieſes groſſe Land, in wel- chem der Menſch gebildet wird, ausſtreichen. Denn es ſind dieſe Theile nervenlos, indem ſich die Nerven weder in der Nabelſchnur verſtecken koͤnnen, noch durch einige Verſuche empfindlich machen laſſen. §. 3. f) L. 2. p. 63. 70. g Battie princip. anim. p. 144. h Siehe die Gruͤnde des beruͤm- ten Caldan. Mem. ſur les part. ſen- ſibl. et irrit. T. 3. p. 383. u. w. i Fontana durch Verſuche in Tom. 3. der mem. p. 219. 220. D d 5

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/461>, abgerufen am 24.04.2024.