Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

VII. Ab. Ersch. d. leb. Geh. Die Empfind.
erwartet haben. Wenn nämlich irgend ein Theil des
Gehirns Schaden gelitten, so hört die Bewegung, wie-
wohl an der andern Seite auf, und wenn z. E. die Ur-
sache des Uebels an der rechten Seite des Gehirns be-
sindlich ist, so wird entweder die ganze linke Seite,
oder doch irgend ein Glied an derselben lahm. Man
kann diese alte Anmerkung, die so gar schon Hippocra-
tes
gemacht hat [Spaltenumbruch] a, mit unzähligen Zeugnissen bestäti-
gen, darunter einige bei Gelegenheit der Streitigkeiten
noch hinzugefügt worden, die berümte Männer b über
diese Durchkreutzung mit einander geführt haben.

Als man, der Naht wegen, eine Wunde nicht
öfnen wolte, und man die Wunde langsam heilte, so
entzündete sich die harte Gehirnhaut, und es verlor die
entgegen gesetzte Seite ihre Bewegung c. Als der zi-
tzenförmige Fortsatz verletzt worden, ward die andre
Seite gelähmt c*.

Nach einem Falle auf den linken Hinterkopf ward
die rechte Seite lahm c**. Von einem Stosse und
Spalte der Schläfe, erfolgte eben dergleichen, und da
es die linke Schläfe war, so verlor der rechte Arm seine
Bewegung c+.

Eben so ward die andre Gegenseite, bei der Zerna-
gung der Hirnschaale in der Venusseuche, da man den
Hirnborer brauchte d bei einer Wunde der Hirnschaa-
le [Spaltenumbruch] e, von einem Stosse f oder bei einer Eindrückung
der Hirnschaale g, von einer Quetschung h, von einer

Wunde
a Hippocrat. ep. I. VII. Cassius
probl. n.
41. ob er gleich die Hirn-
häute verletzt nennt.
b Boerhaave prax. med. T. I.
p.
545.
c Guarironi consil. 487.
c* Pouteau p. 286.
c** Batting facts p. 15.
c+ Smetius miscell. L. X. p. 528.
d Schaarschmidt relat. T. V. n.
4. 5.
e Hildan. L. I. obs. 13. Mor-
gagn.
epist. anat. XIII. p. 491. Ma-
nard
L. VI. epist. 1. Binninger
cent. V. obs. 50. 42. Horst L. II.
obs.
1.
f Hildan L. 2. obs. 7.
g Obs. 104. post Scultet., Am-
mann
med. crit. c.
48.
h Carcanus de vulner. cap. p.
91. b.
K k 4

VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.
erwartet haben. Wenn naͤmlich irgend ein Theil des
Gehirns Schaden gelitten, ſo hoͤrt die Bewegung, wie-
wohl an der andern Seite auf, und wenn z. E. die Ur-
ſache des Uebels an der rechten Seite des Gehirns be-
ſindlich iſt, ſo wird entweder die ganze linke Seite,
oder doch irgend ein Glied an derſelben lahm. Man
kann dieſe alte Anmerkung, die ſo gar ſchon Hippocra-
tes
gemacht hat [Spaltenumbruch] a, mit unzaͤhligen Zeugniſſen beſtaͤti-
gen, darunter einige bei Gelegenheit der Streitigkeiten
noch hinzugefuͤgt worden, die beruͤmte Maͤnner b uͤber
dieſe Durchkreutzung mit einander gefuͤhrt haben.

Als man, der Naht wegen, eine Wunde nicht
oͤfnen wolte, und man die Wunde langſam heilte, ſo
entzuͤndete ſich die harte Gehirnhaut, und es verlor die
entgegen geſetzte Seite ihre Bewegung c. Als der zi-
tzenfoͤrmige Fortſatz verletzt worden, ward die andre
Seite gelaͤhmt c*.

Nach einem Falle auf den linken Hinterkopf ward
die rechte Seite lahm c**. Von einem Stoſſe und
Spalte der Schlaͤfe, erfolgte eben dergleichen, und da
es die linke Schlaͤfe war, ſo verlor der rechte Arm ſeine
Bewegung c†.

Eben ſo ward die andre Gegenſeite, bei der Zerna-
gung der Hirnſchaale in der Venusſeuche, da man den
Hirnborer brauchte d bei einer Wunde der Hirnſchaa-
le [Spaltenumbruch] e, von einem Stoſſe f oder bei einer Eindruͤckung
der Hirnſchaale g, von einer Quetſchung h, von einer

Wunde
a Hippocrat. ep. I. VII. Caſſius
probl. n.
41. ob er gleich die Hirn-
haͤute verletzt nennt.
b Boerhaave prax. med. T. I.
p.
545.
c Guarironi conſil. 487.
c* Pouteau p. 286.
c** Batting facts p. 15.
c† Smetius miſcell. L. X. p. 528.
d Schaarſchmidt relat. T. V. n.
4. 5.
e Hildan. L. I. obſ. 13. Mor-
gagn.
epiſt. anat. XIII. p. 491. Ma-
nard
L. VI. epiſt. 1. Binninger
cent. V. obſ. 50. 42. Horſt L. II.
obſ.
1.
f Hildan L. 2. obſ. 7.
g Obſ. 104. poſt Scultet., Am-
mann
med. crit. c.
48.
h Carcanus de vulner. cap. p.
91. b.
K k 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0555" n="519"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Ab. Er&#x017F;ch. d. leb. Geh. Die Empfind.</hi></fw><lb/>
erwartet haben. Wenn na&#x0364;mlich irgend ein Theil des<lb/>
Gehirns Schaden gelitten, &#x017F;o ho&#x0364;rt die Bewegung, wie-<lb/>
wohl an der andern Seite auf, und wenn z. E. die Ur-<lb/>
&#x017F;ache des Uebels an der rechten Seite des Gehirns be-<lb/>
&#x017F;indlich i&#x017F;t, &#x017F;o wird entweder die ganze linke Seite,<lb/>
oder doch irgend ein Glied an der&#x017F;elben lahm. Man<lb/>
kann die&#x017F;e alte Anmerkung, die &#x017F;o gar &#x017F;chon <hi rendition="#fr">Hippocra-<lb/>
tes</hi> gemacht hat <cb/>
<note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hippocrat.</hi> ep. I. VII. <hi rendition="#i">Ca&#x017F;&#x017F;ius</hi><lb/>
probl. n.</hi> 41. ob er gleich die Hirn-<lb/>
ha&#x0364;ute verletzt nennt.</note>, mit unza&#x0364;hligen Zeugni&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;ta&#x0364;ti-<lb/>
gen, darunter einige bei Gelegenheit der Streitigkeiten<lb/>
noch hinzugefu&#x0364;gt worden, die beru&#x0364;mte Ma&#x0364;nner <note place="foot" n="b"><hi rendition="#aq">B<hi rendition="#i">oerhaave</hi> prax. med. T. I.<lb/>
p.</hi> 545.</note> u&#x0364;ber<lb/>
die&#x017F;e Durchkreutzung mit einander gefu&#x0364;hrt haben.</p><lb/>
            <p>Als man, der Naht wegen, eine Wunde nicht<lb/>
o&#x0364;fnen wolte, und man die Wunde lang&#x017F;am heilte, &#x017F;o<lb/>
entzu&#x0364;ndete &#x017F;ich die harte Gehirnhaut, und es verlor die<lb/>
entgegen ge&#x017F;etzte Seite ihre Bewegung <note place="foot" n="c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Guarironi</hi> con&#x017F;il.</hi> 487.</note>. Als der zi-<lb/>
tzenfo&#x0364;rmige Fort&#x017F;atz verletzt worden, ward die andre<lb/>
Seite gela&#x0364;hmt <note place="foot" n="c*"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Pouteau</hi> p.</hi> 286.</note>.</p><lb/>
            <p>Nach einem Falle auf den linken Hinterkopf ward<lb/>
die rechte Seite lahm <note place="foot" n="c**"><hi rendition="#aq">B<hi rendition="#i">atting</hi> facts p.</hi> 15.</note>. Von einem Sto&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
Spalte der Schla&#x0364;fe, erfolgte eben dergleichen, und da<lb/>
es die linke Schla&#x0364;fe war, &#x017F;o verlor der rechte Arm &#x017F;eine<lb/>
Bewegung <note place="foot" n="c&#x2020;"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Smetius</hi> mi&#x017F;cell. L. X. p.</hi> 528.</note>.</p><lb/>
            <p>Eben &#x017F;o ward die andre Gegen&#x017F;eite, bei der Zerna-<lb/>
gung der Hirn&#x017F;chaale in der Venus&#x017F;euche, da man den<lb/>
Hirnborer brauchte <note place="foot" n="d"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Schaar&#x017F;chmidt</hi> relat. T. V. n.</hi><lb/>
4. 5.</note> bei einer Wunde der Hirn&#x017F;chaa-<lb/>
le <cb/>
<note place="foot" n="e"><hi rendition="#aq">H<hi rendition="#i">ildan.</hi> L. I. ob&#x017F;. 13. <hi rendition="#i">Mor-<lb/>
gagn.</hi> epi&#x017F;t. anat. XIII. p. 491. <hi rendition="#i">Ma-<lb/>
nard</hi> L. VI. epi&#x017F;t. 1. <hi rendition="#i">Binninger</hi><lb/>
cent. V. ob&#x017F;. 50. 42. <hi rendition="#i">Hor&#x017F;t</hi> L. II.<lb/>
ob&#x017F;.</hi> 1.</note>, von einem Sto&#x017F;&#x017F;e <note place="foot" n="f"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Hildan</hi> L. 2. ob&#x017F;.</hi> 7.</note> oder bei einer Eindru&#x0364;ckung<lb/>
der Hirn&#x017F;chaale <note place="foot" n="g"><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;. 104. po&#x017F;t <hi rendition="#i">Scultet., Am-<lb/>
mann</hi> med. crit. c.</hi> 48.</note>, von einer Quet&#x017F;chung <note place="foot" n="h"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Carcanus</hi> de vulner. cap. p.<lb/>
91. b.</hi></note>, von einer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Wunde</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[519/0555] VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind. erwartet haben. Wenn naͤmlich irgend ein Theil des Gehirns Schaden gelitten, ſo hoͤrt die Bewegung, wie- wohl an der andern Seite auf, und wenn z. E. die Ur- ſache des Uebels an der rechten Seite des Gehirns be- ſindlich iſt, ſo wird entweder die ganze linke Seite, oder doch irgend ein Glied an derſelben lahm. Man kann dieſe alte Anmerkung, die ſo gar ſchon Hippocra- tes gemacht hat a, mit unzaͤhligen Zeugniſſen beſtaͤti- gen, darunter einige bei Gelegenheit der Streitigkeiten noch hinzugefuͤgt worden, die beruͤmte Maͤnner b uͤber dieſe Durchkreutzung mit einander gefuͤhrt haben. Als man, der Naht wegen, eine Wunde nicht oͤfnen wolte, und man die Wunde langſam heilte, ſo entzuͤndete ſich die harte Gehirnhaut, und es verlor die entgegen geſetzte Seite ihre Bewegung c. Als der zi- tzenfoͤrmige Fortſatz verletzt worden, ward die andre Seite gelaͤhmt c*. Nach einem Falle auf den linken Hinterkopf ward die rechte Seite lahm c**. Von einem Stoſſe und Spalte der Schlaͤfe, erfolgte eben dergleichen, und da es die linke Schlaͤfe war, ſo verlor der rechte Arm ſeine Bewegung c†. Eben ſo ward die andre Gegenſeite, bei der Zerna- gung der Hirnſchaale in der Venusſeuche, da man den Hirnborer brauchte d bei einer Wunde der Hirnſchaa- le e, von einem Stoſſe f oder bei einer Eindruͤckung der Hirnſchaale g, von einer Quetſchung h, von einer Wunde a Hippocrat. ep. I. VII. Caſſius probl. n. 41. ob er gleich die Hirn- haͤute verletzt nennt. b Boerhaave prax. med. T. I. p. 545. c Guarironi conſil. 487. c* Pouteau p. 286. c** Batting facts p. 15. c† Smetius miſcell. L. X. p. 528. d Schaarſchmidt relat. T. V. n. 4. 5. e Hildan. L. I. obſ. 13. Mor- gagn. epiſt. anat. XIII. p. 491. Ma- nard L. VI. epiſt. 1. Binninger cent. V. obſ. 50. 42. Horſt L. II. obſ. 1. f Hildan L. 2. obſ. 7. g Obſ. 104. poſt Scultet., Am- mann med. crit. c. 48. h Carcanus de vulner. cap. p. 91. b. K k 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/555
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/555>, abgerufen am 18.04.2024.