Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschn. Der Muskelbau überhaupt.
Winkeln mit derselben durchkreutze. Hierzu fügt er
noch, daß die abgewaschne Fasern zwar blaß, aber nicht
glänzend werden [Spaltenumbruch] f+.

Jch gehe ungern daran, etwas von den kleinsten
Gegenständen, zu bestimmen. So oft ich aber doch bei
mir erwäge, daß eine Fleischfaser Nerven bekömmt g,
reitzbar ist, und von dem fächerichen Wesen verschieden
zu sein scheint; und so oft ich bedenke, daß die Sehnen-
faser keine Nerven bekömmt h, noch reitzbar ist i, so
muß ich gestehen, daß ich mich auf die Seite der letztern
Meinung neige. Man hat ausserdem einige Versuche,
welche zu beweisen scheinen, daß das Wesen einer Sehne
fächrig sei. Jch habe oft die schöne und glänzende Seh-
ne des kleinen Muskels an der Fußsohle, mit den Nä-
geln aus einander gezerrt, und gefunden, daß sie sich
allmälich in eine Membran verwandele, welche der har-
ten Hirnhaut nicht ungleich war, und offenbahr aus
durchschlungenen Zellfäden k bestand.

Hierzu kommt noch die Art und Weise, daß sich in
unsern Versuchen, aus dem nach und nach k+ blau
werdenden Leime, welcher sich endlich in ein wirkliches
Zellgewebe verhärtete und verdichtete, die Sehne wie-
derhergestellet hat. Doch man hat auch die so leichte
Ausartung der Sehnen zu einem knorplichen Callus, wo-
von wir an einem andern Orte reden wollen, und die so
gewöhnliche, aber fehlerhafte Verhärtung in ein knochi-
ges Wesen bei den Vögeln l, niemals an dem wirkli-

chen
f+ p. 154.
g p. 424. 425.
h Sect. II.
i De part. sent. & irrit. p. 337.
k Daß die sehnige Fasern, die
Bestandtheile des Zellgewebes sind
Simson. musc. mot. 24. Daß die
Zellfäden von den Muskelfasern
[Spaltenumbruch] blos durch die irregulaire Lage un-
terschieden werden, sagt der be-
rühmte v. Geuns. p. 18. und ich
würde dieses auf die Sehnenfasern
anwenden.
k+ De part. irrit. p. 337.
l Am breiten Taschenkrebse ist
der gröste Theil knorplig Fabricius
p.
121.
U u 5

I. Abſchn. Der Muskelbau uͤberhaupt.
Winkeln mit derſelben durchkreutze. Hierzu fuͤgt er
noch, daß die abgewaſchne Faſern zwar blaß, aber nicht
glaͤnzend werden [Spaltenumbruch] f†.

Jch gehe ungern daran, etwas von den kleinſten
Gegenſtaͤnden, zu beſtimmen. So oft ich aber doch bei
mir erwaͤge, daß eine Fleiſchfaſer Nerven bekoͤmmt g,
reitzbar iſt, und von dem faͤcherichen Weſen verſchieden
zu ſein ſcheint; und ſo oft ich bedenke, daß die Sehnen-
faſer keine Nerven bekoͤmmt h, noch reitzbar iſt i, ſo
muß ich geſtehen, daß ich mich auf die Seite der letztern
Meinung neige. Man hat auſſerdem einige Verſuche,
welche zu beweiſen ſcheinen, daß das Weſen einer Sehne
faͤchrig ſei. Jch habe oft die ſchoͤne und glaͤnzende Seh-
ne des kleinen Muskels an der Fußſohle, mit den Naͤ-
geln aus einander gezerrt, und gefunden, daß ſie ſich
allmaͤlich in eine Membran verwandele, welche der har-
ten Hirnhaut nicht ungleich war, und offenbahr aus
durchſchlungenen Zellfaͤden k beſtand.

Hierzu kommt noch die Art und Weiſe, daß ſich in
unſern Verſuchen, aus dem nach und nach k† blau
werdenden Leime, welcher ſich endlich in ein wirkliches
Zellgewebe verhaͤrtete und verdichtete, die Sehne wie-
derhergeſtellet hat. Doch man hat auch die ſo leichte
Ausartung der Sehnen zu einem knorplichen Callus, wo-
von wir an einem andern Orte reden wollen, und die ſo
gewoͤhnliche, aber fehlerhafte Verhaͤrtung in ein knochi-
ges Weſen bei den Voͤgeln l, niemals an dem wirkli-

chen
f† p. 154.
g p. 424. 425.
h Sect. II.
i De part. ſent. & irrit. p. 337.
k Daß die ſehnige Faſern, die
Beſtandtheile des Zellgewebes ſind
Simſon. muſc. mot. 24. Daß die
Zellfaͤden von den Muskelfaſern
[Spaltenumbruch] blos durch die irregulaire Lage un-
terſchieden werden, ſagt der be-
ruͤhmte v. Geuns. p. 18. und ich
wuͤrde dieſes auf die Sehnenfaſern
anwenden.
k† De part. irrit. p. 337.
l Am breiten Taſchenkrebſe iſt
der groͤſte Theil knorplig Fabricius
p.
121.
U u 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0717" n="681"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chn. Der Muskelbau u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
Winkeln mit der&#x017F;elben durchkreutze. Hierzu fu&#x0364;gt er<lb/>
noch, daß die abgewa&#x017F;chne Fa&#x017F;ern zwar blaß, aber nicht<lb/>
gla&#x0364;nzend werden <cb/>
<note place="foot" n="f&#x2020;"><hi rendition="#aq">p.</hi> 154.</note>.</p><lb/>
            <p>Jch gehe ungern daran, etwas von den klein&#x017F;ten<lb/>
Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden, zu be&#x017F;timmen. So oft ich aber doch bei<lb/>
mir erwa&#x0364;ge, daß eine Flei&#x017F;chfa&#x017F;er Nerven beko&#x0364;mmt <note place="foot" n="g"><hi rendition="#aq">p.</hi> 424. 425.</note>,<lb/>
reitzbar i&#x017F;t, und von dem fa&#x0364;cherichen We&#x017F;en ver&#x017F;chieden<lb/>
zu &#x017F;ein &#x017F;cheint; und &#x017F;o oft ich bedenke, daß die Sehnen-<lb/>
fa&#x017F;er keine Nerven beko&#x0364;mmt <note place="foot" n="h"><hi rendition="#aq">Sect. II.</hi></note>, noch reitzbar i&#x017F;t <note place="foot" n="i"><hi rendition="#aq">De part. &#x017F;ent. &amp; irrit. p.</hi> 337.</note>, &#x017F;o<lb/>
muß ich ge&#x017F;tehen, daß ich mich auf die Seite der letztern<lb/>
Meinung neige. Man hat au&#x017F;&#x017F;erdem einige Ver&#x017F;uche,<lb/>
welche zu bewei&#x017F;en &#x017F;cheinen, daß das We&#x017F;en einer Sehne<lb/>
fa&#x0364;chrig &#x017F;ei. Jch habe oft die &#x017F;cho&#x0364;ne und gla&#x0364;nzende Seh-<lb/>
ne des kleinen Muskels an der Fuß&#x017F;ohle, mit den Na&#x0364;-<lb/>
geln aus einander gezerrt, und gefunden, daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
allma&#x0364;lich in eine Membran verwandele, welche der har-<lb/>
ten Hirnhaut nicht ungleich war, und offenbahr aus<lb/>
durch&#x017F;chlungenen Zellfa&#x0364;den <note place="foot" n="k">Daß die &#x017F;ehnige Fa&#x017F;ern, die<lb/>
Be&#x017F;tandtheile des Zellgewebes &#x017F;ind<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Sim&#x017F;on.</hi> mu&#x017F;c. mot.</hi> 24. Daß die<lb/>
Zellfa&#x0364;den von den Muskelfa&#x017F;ern<lb/><cb/>
blos durch die irregulaire Lage un-<lb/>
ter&#x017F;chieden werden, &#x017F;agt der be-<lb/>
ru&#x0364;hmte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">v. Geuns.</hi> p.</hi> 18. und ich<lb/>
wu&#x0364;rde die&#x017F;es auf die Sehnenfa&#x017F;ern<lb/>
anwenden.</note> be&#x017F;tand.</p><lb/>
            <p>Hierzu kommt noch die Art und Wei&#x017F;e, daß &#x017F;ich in<lb/>
un&#x017F;ern Ver&#x017F;uchen, aus dem nach und nach <note place="foot" n="k&#x2020;"><hi rendition="#aq">De part. irrit. p.</hi> 337.</note> blau<lb/>
werdenden Leime, welcher &#x017F;ich endlich in ein wirkliches<lb/>
Zellgewebe verha&#x0364;rtete und verdichtete, die Sehne wie-<lb/>
derherge&#x017F;tellet hat. Doch man hat auch die &#x017F;o leichte<lb/>
Ausartung der Sehnen zu einem knorplichen Callus, wo-<lb/>
von wir an einem andern Orte reden wollen, und die &#x017F;o<lb/>
gewo&#x0364;hnliche, aber fehlerhafte Verha&#x0364;rtung in ein knochi-<lb/>
ges We&#x017F;en bei den Vo&#x0364;geln <note place="foot" n="l">Am breiten Ta&#x017F;chenkreb&#x017F;e i&#x017F;t<lb/>
der gro&#x0364;&#x017F;te Theil knorplig <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Fabricius</hi><lb/>
p.</hi> 121.</note>, niemals an dem wirkli-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U u 5</fw><fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[681/0717] I. Abſchn. Der Muskelbau uͤberhaupt. Winkeln mit derſelben durchkreutze. Hierzu fuͤgt er noch, daß die abgewaſchne Faſern zwar blaß, aber nicht glaͤnzend werden f†. Jch gehe ungern daran, etwas von den kleinſten Gegenſtaͤnden, zu beſtimmen. So oft ich aber doch bei mir erwaͤge, daß eine Fleiſchfaſer Nerven bekoͤmmt g, reitzbar iſt, und von dem faͤcherichen Weſen verſchieden zu ſein ſcheint; und ſo oft ich bedenke, daß die Sehnen- faſer keine Nerven bekoͤmmt h, noch reitzbar iſt i, ſo muß ich geſtehen, daß ich mich auf die Seite der letztern Meinung neige. Man hat auſſerdem einige Verſuche, welche zu beweiſen ſcheinen, daß das Weſen einer Sehne faͤchrig ſei. Jch habe oft die ſchoͤne und glaͤnzende Seh- ne des kleinen Muskels an der Fußſohle, mit den Naͤ- geln aus einander gezerrt, und gefunden, daß ſie ſich allmaͤlich in eine Membran verwandele, welche der har- ten Hirnhaut nicht ungleich war, und offenbahr aus durchſchlungenen Zellfaͤden k beſtand. Hierzu kommt noch die Art und Weiſe, daß ſich in unſern Verſuchen, aus dem nach und nach k† blau werdenden Leime, welcher ſich endlich in ein wirkliches Zellgewebe verhaͤrtete und verdichtete, die Sehne wie- derhergeſtellet hat. Doch man hat auch die ſo leichte Ausartung der Sehnen zu einem knorplichen Callus, wo- von wir an einem andern Orte reden wollen, und die ſo gewoͤhnliche, aber fehlerhafte Verhaͤrtung in ein knochi- ges Weſen bei den Voͤgeln l, niemals an dem wirkli- chen f† p. 154. g p. 424. 425. h Sect. II. i De part. ſent. & irrit. p. 337. k Daß die ſehnige Faſern, die Beſtandtheile des Zellgewebes ſind Simſon. muſc. mot. 24. Daß die Zellfaͤden von den Muskelfaſern blos durch die irregulaire Lage un- terſchieden werden, ſagt der be- ruͤhmte v. Geuns. p. 18. und ich wuͤrde dieſes auf die Sehnenfaſern anwenden. k† De part. irrit. p. 337. l Am breiten Taſchenkrebſe iſt der groͤſte Theil knorplig Fabricius p. 121. U u 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/717
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 681. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/717>, abgerufen am 19.04.2024.