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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Vom Gehirne X. Buch.

Daß man in der Markrinde des Gehirns noch andre
Gefäße finde, welche zärter als die rothen sind, und
welche wenigstens im gesunden Menschen ohne alle rothe
Farbe sind, dieses lehrt nicht nur ihre graue Farbe an
sich, sondern man sieht auch, wie sich die Röthe, sowol
durch Entzündungen [Spaltenumbruch] (b), als auch durch das Einspriz-
zen der Wachsmaterie (c), vermehren lasse. Es entsteht
nemlich diese Röthe offenbar von dem rothen Blute, oder
von einem andern rothgefärbten Safte, welcher in die
Gefäße eindringt, die zuvor nicht roth waren. Ja es
scheint diese äußerste Zartheit, welche so gar die aller-
kleinsten Blut - und Haargefäße, die nur ein Kügelchen
aufnehmen können, übertrift, an den Tag zu legen, daß
sich in der Markrinde des Gehirns Gefäße befinden
müssen, welche viel zärter, als dieienigen sind, die die
Natur zum Aufnehmen der rothen Kügelchen bestimt hat,
und hiermit stimmen die Leeuwenhökschen Bemer-
kungen (d) überein.

Daher kann man nicht nur rothe Schlagadergefäße,
sondern auch Gefäße ohne Farbe, in der Markrinde des
Gehirns nicht nur annehmen, sondern auch offenbar
antreffen.

Besteht aber darum die ganze Markrinde aus nichts
als Gefäßchen? Da ein großer Theil derselben unaus-
gespritzt übrig bleibt, und da dieses selbst der vortrefliche
Albin gesteht (e), dessen Ansehen billig in der Anatomie
groß ist, so kann man darauf nicht anders, als mit ei-
nem zweifelhaften Tone antworten. Offenbar ist es,
daß ein großer Theil der Markrinde aus Gefäßen besteht,
indem die ganze Markrinde eine einförmige und graue
Glaßfarbe an sich hat, ehe der Zerleger dieselbe vor-
nimmt. Wenn man ferner mit einem mäßigen Geschikke
[Spaltenumbruch]

einen
nem Gallenfieber H. v. HEERS,
obs. oppido rar.
S. 45. an Men-
schen, welche zum zweiten mal
Kindisch geworden waren.
(b) S. 23.
(c) Eben da.
(d) S. 27.
(e) Angef. Ort. S. 52.
Vom Gehirne X. Buch.

Daß man in der Markrinde des Gehirns noch andre
Gefaͤße finde, welche zaͤrter als die rothen ſind, und
welche wenigſtens im geſunden Menſchen ohne alle rothe
Farbe ſind, dieſes lehrt nicht nur ihre graue Farbe an
ſich, ſondern man ſieht auch, wie ſich die Roͤthe, ſowol
durch Entzuͤndungen [Spaltenumbruch] (b), als auch durch das Einſpriz-
zen der Wachsmaterie (c), vermehren laſſe. Es entſteht
nemlich dieſe Roͤthe offenbar von dem rothen Blute, oder
von einem andern rothgefaͤrbten Safte, welcher in die
Gefaͤße eindringt, die zuvor nicht roth waren. Ja es
ſcheint dieſe aͤußerſte Zartheit, welche ſo gar die aller-
kleinſten Blut - und Haargefaͤße, die nur ein Kuͤgelchen
aufnehmen koͤnnen, uͤbertrift, an den Tag zu legen, daß
ſich in der Markrinde des Gehirns Gefaͤße befinden
muͤſſen, welche viel zaͤrter, als dieienigen ſind, die die
Natur zum Aufnehmen der rothen Kuͤgelchen beſtimt hat,
und hiermit ſtimmen die Leeuwenhoͤkſchen Bemer-
kungen (d) uͤberein.

Daher kann man nicht nur rothe Schlagadergefaͤße,
ſondern auch Gefaͤße ohne Farbe, in der Markrinde des
Gehirns nicht nur annehmen, ſondern auch offenbar
antreffen.

Beſteht aber darum die ganze Markrinde aus nichts
als Gefaͤßchen? Da ein großer Theil derſelben unaus-
geſpritzt uͤbrig bleibt, und da dieſes ſelbſt der vortrefliche
Albin geſteht (e), deſſen Anſehen billig in der Anatomie
groß iſt, ſo kann man darauf nicht anders, als mit ei-
nem zweifelhaften Tone antworten. Offenbar iſt es,
daß ein großer Theil der Markrinde aus Gefaͤßen beſteht,
indem die ganze Markrinde eine einfoͤrmige und graue
Glaßfarbe an ſich hat, ehe der Zerleger dieſelbe vor-
nimmt. Wenn man ferner mit einem maͤßigen Geſchikke
[Spaltenumbruch]

einen
nem Gallenfieber H. v. HEERS,
obſ. oppido rar.
S. 45. an Men-
ſchen, welche zum zweiten mal
Kindiſch geworden waren.
(b) S. 23.
(c) Eben da.
(d) S. 27.
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[44/0080] Vom Gehirne X. Buch. Daß man in der Markrinde des Gehirns noch andre Gefaͤße finde, welche zaͤrter als die rothen ſind, und welche wenigſtens im geſunden Menſchen ohne alle rothe Farbe ſind, dieſes lehrt nicht nur ihre graue Farbe an ſich, ſondern man ſieht auch, wie ſich die Roͤthe, ſowol durch Entzuͤndungen (b), als auch durch das Einſpriz- zen der Wachsmaterie (c), vermehren laſſe. Es entſteht nemlich dieſe Roͤthe offenbar von dem rothen Blute, oder von einem andern rothgefaͤrbten Safte, welcher in die Gefaͤße eindringt, die zuvor nicht roth waren. Ja es ſcheint dieſe aͤußerſte Zartheit, welche ſo gar die aller- kleinſten Blut - und Haargefaͤße, die nur ein Kuͤgelchen aufnehmen koͤnnen, uͤbertrift, an den Tag zu legen, daß ſich in der Markrinde des Gehirns Gefaͤße befinden muͤſſen, welche viel zaͤrter, als dieienigen ſind, die die Natur zum Aufnehmen der rothen Kuͤgelchen beſtimt hat, und hiermit ſtimmen die Leeuwenhoͤkſchen Bemer- kungen (d) uͤberein. Daher kann man nicht nur rothe Schlagadergefaͤße, ſondern auch Gefaͤße ohne Farbe, in der Markrinde des Gehirns nicht nur annehmen, ſondern auch offenbar antreffen. Beſteht aber darum die ganze Markrinde aus nichts als Gefaͤßchen? Da ein großer Theil derſelben unaus- geſpritzt uͤbrig bleibt, und da dieſes ſelbſt der vortrefliche Albin geſteht (e), deſſen Anſehen billig in der Anatomie groß iſt, ſo kann man darauf nicht anders, als mit ei- nem zweifelhaften Tone antworten. Offenbar iſt es, daß ein großer Theil der Markrinde aus Gefaͤßen beſteht, indem die ganze Markrinde eine einfoͤrmige und graue Glaßfarbe an ſich hat, ehe der Zerleger dieſelbe vor- nimmt. Wenn man ferner mit einem maͤßigen Geſchikke einen (a) (b) S. 23. (c) Eben da. (d) S. 27. (e) Angef. Ort. S. 52. (a) nem Gallenfieber H. v. HEERS, obſ. oppido rar. S. 45. an Men- ſchen, welche zum zweiten mal Kindiſch geworden waren.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/80>, abgerufen am 20.04.2024.