Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschnitt. Erscheinungen.
an Vögeln (i), sonderlich aber am Menschen, den Arm
vom Leibe entfernt, und mitten zwischen das Brustbein
und das Schulterblat einen Knochen eingerükkt. Dieser
Knochen ist an Thieren gar nicht vorhanden (k), welche
schlechtweg gehen, nicht sehr klettern, noch mit den Hän-
den die Speise ergreifen. Man siehet leicht, daß auf sol-
che Weise die Aerme freier werden, und daß sie nunmehr
einen ganzen Zirkel beschreiben können, welchen sie aber
ohne das Schlüsselbein nicht beschreiben könnten.

§. 38.
Die Scheiden der langen Muskeln.

Ob in den langen Muskeln gleich nicht eine Faser (l)
sondern viele nach der Reihe verbundene Fasern, in eine
einzige lange Faser zusammen wachsen, so konnte doch die
Kette der Fasern nicht anders, als schwach (m) sein, und
von der geringsten Kraft bewegt werden, wofern die Dikke
derselben zur Länge fast ganz und gar kein Verhältnis hat.
Es ist aber vieler Ursachen wegen viel daran gelegen, daß
sich diese Fasern nicht beugen lassen, indem die Beugung
an den geraden Muskeln des Bauches, den Bauch nur
erweitern würde, welcher doch von den gesammten Bauch-
muskeln verengert werden sollte. Es muste aber auch an
den übrigen Muskeln das Beugen verhütet werden, weil
eine gebogene Faser überhaupt länger wird, und sich aus

einer
[Spaltenumbruch] Opassum, descr. COWPERI.
Der Maulwurf, CHESELDEN
T.
2. 4. Der Affe, MEYER
tab. 13. 14. CHESELDEN
in icon. ad introductionem. TY-
SON p.
68. Der Bär, MEYER
tab. 27. CHESELDEN ad c.
4.
(i) FABRIC. de gressu p.
64. ALDROVANDUS or-
nithol. p.
311. Folglich hat der
Mensch nicht allein zween, wie
PLINIUS XI. c. 8. sagt, khleides
ut RUFUS appell. L. I. p. 29.
(k) [Spaltenumbruch] Jm Geschlechte der Hunde,
Kazzen, Jltisse, Schweine, der
wiederkäuenden, der Pferde, Ele-
fanten, Eidechsen. Die Schlüs-
selbeine am Krokodile, obs. de
math. et de phys. p.
39. Am Kamä-
leon scheinen die Schlüsselbeine
den Parisern vielmehr Schulter-
blätter zu sein. Siehe die Kupfer
vom Krokodille tab. 3. und vom
Kamäleon, tab. 6. beim CHE-
SELDEN.
(l) p. 410. 411.
(m) p. 410.
G 3

II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
an Voͤgeln (i), ſonderlich aber am Menſchen, den Arm
vom Leibe entfernt, und mitten zwiſchen das Bruſtbein
und das Schulterblat einen Knochen eingeruͤkkt. Dieſer
Knochen iſt an Thieren gar nicht vorhanden (k), welche
ſchlechtweg gehen, nicht ſehr klettern, noch mit den Haͤn-
den die Speiſe ergreifen. Man ſiehet leicht, daß auf ſol-
che Weiſe die Aerme freier werden, und daß ſie nunmehr
einen ganzen Zirkel beſchreiben koͤnnen, welchen ſie aber
ohne das Schluͤſſelbein nicht beſchreiben koͤnnten.

§. 38.
Die Scheiden der langen Muſkeln.

Ob in den langen Muſkeln gleich nicht eine Faſer (l)
ſondern viele nach der Reihe verbundene Faſern, in eine
einzige lange Faſer zuſammen wachſen, ſo konnte doch die
Kette der Faſern nicht anders, als ſchwach (m) ſein, und
von der geringſten Kraft bewegt werden, wofern die Dikke
derſelben zur Laͤnge faſt ganz und gar kein Verhaͤltnis hat.
Es iſt aber vieler Urſachen wegen viel daran gelegen, daß
ſich dieſe Faſern nicht beugen laſſen, indem die Beugung
an den geraden Muſkeln des Bauches, den Bauch nur
erweitern wuͤrde, welcher doch von den geſammten Bauch-
muſkeln verengert werden ſollte. Es muſte aber auch an
den uͤbrigen Muſkeln das Beugen verhuͤtet werden, weil
eine gebogene Faſer uͤberhaupt laͤnger wird, und ſich aus

einer
[Spaltenumbruch] Opaſſum, deſcr. COWPERI.
Der Maulwurf, CHESELDEN
T.
2. 4. Der Affe, MEYER
tab. 13. 14. CHESELDEN
in icon. ad introductionem. TY-
SON p.
68. Der Baͤr, MEYER
tab. 27. CHESELDEN ad c.
4.
(i) FABRIC. de greſſu p.
64. ALDROVANDUS or-
nithol. p.
311. Folglich hat der
Menſch nicht allein zween, wie
PLINIUS XI. c. 8. ſagt, χλειδες
ut RUFUS appell. L. I. p. 29.
(k) [Spaltenumbruch] Jm Geſchlechte der Hunde,
Kazzen, Jltiſſe, Schweine, der
wiederkaͤuenden, der Pferde, Ele-
fanten, Eidechſen. Die Schluͤſ-
ſelbeine am Krokodile, obſ. de
math. et de phyſ. p.
39. Am Kamaͤ-
leon ſcheinen die Schluͤſſelbeine
den Pariſern vielmehr Schulter-
blaͤtter zu ſein. Siehe die Kupfer
vom Krokodille tab. 3. und vom
Kamaͤleon, tab. 6. beim CHE-
SELDEN.
(l) p. 410. 411.
(m) p. 410.
G 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0119" n="101"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Er&#x017F;cheinungen.</hi></fw><lb/>
an Vo&#x0364;geln <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">FABRIC.</hi> de gre&#x017F;&#x017F;u p.<lb/>
64. <hi rendition="#g">ALDROVANDUS</hi> or-<lb/>
nithol. p.</hi> 311. Folglich hat der<lb/>
Men&#x017F;ch nicht allein zween, wie<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">PLINIUS</hi> XI. c.</hi> 8. &#x017F;agt, &#x03C7;&#x03BB;&#x03B5;&#x03B9;&#x03B4;&#x03B5;&#x03C2;<lb/><hi rendition="#aq">ut <hi rendition="#g">RUFUS</hi> appell. L. I. p.</hi> 29.</note>, &#x017F;onderlich aber am Men&#x017F;chen, den Arm<lb/>
vom Leibe entfernt, und mitten zwi&#x017F;chen das Bru&#x017F;tbein<lb/>
und das Schulterblat einen Knochen eingeru&#x0364;kkt. Die&#x017F;er<lb/>
Knochen i&#x017F;t an Thieren gar nicht vorhanden <note place="foot" n="(k)"><cb/>
Jm Ge&#x017F;chlechte der Hunde,<lb/>
Kazzen, Jlti&#x017F;&#x017F;e, Schweine, der<lb/>
wiederka&#x0364;uenden, der Pferde, Ele-<lb/>
fanten, Eidech&#x017F;en. Die Schlu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbeine am Krokodile, <hi rendition="#aq">ob&#x017F;. de<lb/>
math. et de phy&#x017F;. p.</hi> 39. Am Kama&#x0364;-<lb/>
leon &#x017F;cheinen die Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;elbeine<lb/>
den Pari&#x017F;ern vielmehr Schulter-<lb/>
bla&#x0364;tter zu &#x017F;ein. Siehe die Kupfer<lb/>
vom Krokodille <hi rendition="#aq">tab.</hi> 3. und vom<lb/>
Kama&#x0364;leon, <hi rendition="#aq">tab.</hi> 6. beim <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CHE-<lb/>
SELDEN.</hi></hi></note>, welche<lb/>
&#x017F;chlechtweg gehen, nicht &#x017F;ehr klettern, noch mit den Ha&#x0364;n-<lb/>
den die Spei&#x017F;e ergreifen. Man &#x017F;iehet leicht, daß auf &#x017F;ol-<lb/>
che Wei&#x017F;e die Aerme freier werden, und daß &#x017F;ie nunmehr<lb/>
einen ganzen Zirkel be&#x017F;chreiben ko&#x0364;nnen, welchen &#x017F;ie aber<lb/>
ohne das Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;elbein nicht be&#x017F;chreiben ko&#x0364;nnten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 38.<lb/>
Die Scheiden der langen Mu&#x017F;keln.</head><lb/>
          <p>Ob in den langen Mu&#x017F;keln gleich nicht eine Fa&#x017F;er <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 410. 411.</note><lb/>
&#x017F;ondern viele nach der Reihe verbundene Fa&#x017F;ern, in eine<lb/>
einzige lange Fa&#x017F;er zu&#x017F;ammen wach&#x017F;en, &#x017F;o konnte doch die<lb/>
Kette der Fa&#x017F;ern nicht anders, als &#x017F;chwach <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 410.</note> &#x017F;ein, und<lb/>
von der gering&#x017F;ten Kraft bewegt werden, wofern die Dikke<lb/>
der&#x017F;elben zur La&#x0364;nge fa&#x017F;t ganz und gar kein Verha&#x0364;ltnis hat.<lb/>
Es i&#x017F;t aber vieler Ur&#x017F;achen wegen viel daran gelegen, daß<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;e Fa&#x017F;ern nicht beugen la&#x017F;&#x017F;en, indem die Beugung<lb/>
an den geraden Mu&#x017F;keln des Bauches, den Bauch nur<lb/>
erweitern wu&#x0364;rde, welcher doch von den ge&#x017F;ammten Bauch-<lb/>
mu&#x017F;keln verengert werden &#x017F;ollte. Es mu&#x017F;te aber auch an<lb/>
den u&#x0364;brigen Mu&#x017F;keln das Beugen verhu&#x0364;tet werden, weil<lb/>
eine gebogene Fa&#x017F;er u&#x0364;berhaupt la&#x0364;nger wird, und &#x017F;ich aus<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 3</fw><fw place="bottom" type="catch">einer</fw><lb/><note xml:id="f18" prev="#f17" place="foot" n="(h)"><cb/><hi rendition="#aq">Opa&#x017F;&#x017F;um, de&#x017F;cr. <hi rendition="#g">COWPERI.</hi></hi><lb/>
Der Maulwurf, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CHESELDEN</hi><lb/>
T.</hi> 2. 4. Der Affe, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MEYER</hi><lb/>
tab. 13. 14. <hi rendition="#g">CHESELDEN</hi><lb/>
in icon. ad introductionem. TY-<lb/>
SON p.</hi> 68. Der Ba&#x0364;r, <hi rendition="#aq">MEYER<lb/>
tab. 27. CHESELDEN ad c.</hi> 4.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0119] II. Abſchnitt. Erſcheinungen. an Voͤgeln (i), ſonderlich aber am Menſchen, den Arm vom Leibe entfernt, und mitten zwiſchen das Bruſtbein und das Schulterblat einen Knochen eingeruͤkkt. Dieſer Knochen iſt an Thieren gar nicht vorhanden (k), welche ſchlechtweg gehen, nicht ſehr klettern, noch mit den Haͤn- den die Speiſe ergreifen. Man ſiehet leicht, daß auf ſol- che Weiſe die Aerme freier werden, und daß ſie nunmehr einen ganzen Zirkel beſchreiben koͤnnen, welchen ſie aber ohne das Schluͤſſelbein nicht beſchreiben koͤnnten. §. 38. Die Scheiden der langen Muſkeln. Ob in den langen Muſkeln gleich nicht eine Faſer (l) ſondern viele nach der Reihe verbundene Faſern, in eine einzige lange Faſer zuſammen wachſen, ſo konnte doch die Kette der Faſern nicht anders, als ſchwach (m) ſein, und von der geringſten Kraft bewegt werden, wofern die Dikke derſelben zur Laͤnge faſt ganz und gar kein Verhaͤltnis hat. Es iſt aber vieler Urſachen wegen viel daran gelegen, daß ſich dieſe Faſern nicht beugen laſſen, indem die Beugung an den geraden Muſkeln des Bauches, den Bauch nur erweitern wuͤrde, welcher doch von den geſammten Bauch- muſkeln verengert werden ſollte. Es muſte aber auch an den uͤbrigen Muſkeln das Beugen verhuͤtet werden, weil eine gebogene Faſer uͤberhaupt laͤnger wird, und ſich aus einer (h) (i) FABRIC. de greſſu p. 64. ALDROVANDUS or- nithol. p. 311. Folglich hat der Menſch nicht allein zween, wie PLINIUS XI. c. 8. ſagt, χλειδες ut RUFUS appell. L. I. p. 29. (k) Jm Geſchlechte der Hunde, Kazzen, Jltiſſe, Schweine, der wiederkaͤuenden, der Pferde, Ele- fanten, Eidechſen. Die Schluͤſ- ſelbeine am Krokodile, obſ. de math. et de phyſ. p. 39. Am Kamaͤ- leon ſcheinen die Schluͤſſelbeine den Pariſern vielmehr Schulter- blaͤtter zu ſein. Siehe die Kupfer vom Krokodille tab. 3. und vom Kamaͤleon, tab. 6. beim CHE- SELDEN. (l) p. 410. 411. (m) p. 410. (h) Opaſſum, deſcr. COWPERI. Der Maulwurf, CHESELDEN T. 2. 4. Der Affe, MEYER tab. 13. 14. CHESELDEN in icon. ad introductionem. TY- SON p. 68. Der Baͤr, MEYER tab. 27. CHESELDEN ad c. 4. G 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/119
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/119>, abgerufen am 28.03.2024.