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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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III. Abschnitt. Der Schlaf.
stellung mit Gewalt aufbürden kann. Wir haben an
einem andern Orte (e) gesagt, daß die Seele im Schlafe
die geringern Reizze nicht wahrnehme. Es ist aber hier
die Mittelmäßigkeit der Stärke dennoch einigermaassen
noch da, weil eine stärkere Empfindung den Menschen zu
erwachen nöthigt. So hebt eine Aengstlichkeit, wenn sie
die Seele durch viele Jrrgänge der Träume verfolgt hat,
endlich, sobald sie auf das höchste gestiegen, den Schlaf
auf, und wir erwachen. Eben dieses thut die verliebte
Lust bisweilen, wenn sie eben ihren grösten Grad errei-
chen will.

§. 16.
Die im Schlafe noch übrige Bewegungen.

Jn den Träumen treffen wir noch einige Empfindun-
gen und Gedanken an: aber auch in dem wirklichen Schla-
fe ist die Ruhe nicht so gros, daß nicht ein grosser Theil
des menschlichen Körpers noch seine Bewegungen fortsez-
zen sollte.

So schlägt das Herz im Schlafe noch (f), wie wir
anders wo gezeigt haben: wir holen Athem (g), es hat,
wenigstens oft die peristaltische Bewegung ihren Fortgang:
und es höret die Bewegung des Blutes, des Chili, und
der dünnern Säfte, ob dieses gleich langsamer geschicht
(h), dennoch nicht auf. Doch es geschehen auch einige
willkürliche Bewegungen, und man sieht Geberden, wo-
durch sich die Affekten ausdrükken, und Menschen und
Thiere essen, ja so gar äussern dieses manche Menschen
noch heftiger.

Einige Pferde schlafen stehend (h*), und die Kinn-
bakken ruhen bei uns im Schlaafe (h**). Wenn man

schla-
(e) [Spaltenumbruch] Pag. 595.
(f) L. IV. p. 473.
(g) L. VIII. p. 264.
(h) [Spaltenumbruch] pag. 598.
(h*) BATHURST l. c. p. 165.
(h**) ID. p. 166.

III. Abſchnitt. Der Schlaf.
ſtellung mit Gewalt aufbuͤrden kann. Wir haben an
einem andern Orte (e) geſagt, daß die Seele im Schlafe
die geringern Reizze nicht wahrnehme. Es iſt aber hier
die Mittelmaͤßigkeit der Staͤrke dennoch einigermaaſſen
noch da, weil eine ſtaͤrkere Empfindung den Menſchen zu
erwachen noͤthigt. So hebt eine Aengſtlichkeit, wenn ſie
die Seele durch viele Jrrgaͤnge der Traͤume verfolgt hat,
endlich, ſobald ſie auf das hoͤchſte geſtiegen, den Schlaf
auf, und wir erwachen. Eben dieſes thut die verliebte
Luſt bisweilen, wenn ſie eben ihren groͤſten Grad errei-
chen will.

§. 16.
Die im Schlafe noch uͤbrige Bewegungen.

Jn den Traͤumen treffen wir noch einige Empfindun-
gen und Gedanken an: aber auch in dem wirklichen Schla-
fe iſt die Ruhe nicht ſo gros, daß nicht ein groſſer Theil
des menſchlichen Koͤrpers noch ſeine Bewegungen fortſez-
zen ſollte.

So ſchlaͤgt das Herz im Schlafe noch (f), wie wir
anders wo gezeigt haben: wir holen Athem (g), es hat,
wenigſtens oft die periſtaltiſche Bewegung ihren Fortgang:
und es hoͤret die Bewegung des Blutes, des Chili, und
der duͤnnern Saͤfte, ob dieſes gleich langſamer geſchicht
(h), dennoch nicht auf. Doch es geſchehen auch einige
willkuͤrliche Bewegungen, und man ſieht Geberden, wo-
durch ſich die Affekten ausdruͤkken, und Menſchen und
Thiere eſſen, ja ſo gar aͤuſſern dieſes manche Menſchen
noch heftiger.

Einige Pferde ſchlafen ſtehend (h*), und die Kinn-
bakken ruhen bei uns im Schlaafe (h**). Wenn man

ſchla-
(e) [Spaltenumbruch] Pag. 595.
(f) L. IV. p. 473.
(g) L. VIII. p. 264.
(h) [Spaltenumbruch] pag. 598.
(h*) BATHURST l. c. p. 165.
(h**) ID. p. 166.
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[1181/1199] III. Abſchnitt. Der Schlaf. ſtellung mit Gewalt aufbuͤrden kann. Wir haben an einem andern Orte (e) geſagt, daß die Seele im Schlafe die geringern Reizze nicht wahrnehme. Es iſt aber hier die Mittelmaͤßigkeit der Staͤrke dennoch einigermaaſſen noch da, weil eine ſtaͤrkere Empfindung den Menſchen zu erwachen noͤthigt. So hebt eine Aengſtlichkeit, wenn ſie die Seele durch viele Jrrgaͤnge der Traͤume verfolgt hat, endlich, ſobald ſie auf das hoͤchſte geſtiegen, den Schlaf auf, und wir erwachen. Eben dieſes thut die verliebte Luſt bisweilen, wenn ſie eben ihren groͤſten Grad errei- chen will. §. 16. Die im Schlafe noch uͤbrige Bewegungen. Jn den Traͤumen treffen wir noch einige Empfindun- gen und Gedanken an: aber auch in dem wirklichen Schla- fe iſt die Ruhe nicht ſo gros, daß nicht ein groſſer Theil des menſchlichen Koͤrpers noch ſeine Bewegungen fortſez- zen ſollte. So ſchlaͤgt das Herz im Schlafe noch (f), wie wir anders wo gezeigt haben: wir holen Athem (g), es hat, wenigſtens oft die periſtaltiſche Bewegung ihren Fortgang: und es hoͤret die Bewegung des Blutes, des Chili, und der duͤnnern Saͤfte, ob dieſes gleich langſamer geſchicht (h), dennoch nicht auf. Doch es geſchehen auch einige willkuͤrliche Bewegungen, und man ſieht Geberden, wo- durch ſich die Affekten ausdruͤkken, und Menſchen und Thiere eſſen, ja ſo gar aͤuſſern dieſes manche Menſchen noch heftiger. Einige Pferde ſchlafen ſtehend (h*), und die Kinn- bakken ruhen bei uns im Schlaafe (h**). Wenn man ſchla- (e) Pag. 595. (f) L. IV. p. 473. (g) L. VIII. p. 264. (h) pag. 598. (h*) BATHURST l. c. p. 165. (h**) ID. p. 166.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1199>, abgerufen am 28.03.2024.