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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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II. Abschnitt. Erscheinungen.
§. 39.
Das Fett.

Es hat das Fett einen vielfachen Nuzzen, wovon be-
reits oben gehandelt worden (y), und unter andern auch
den, daß es eine Muskelfaser mit einem weichen und
schlüpfrigen Schmeer befeuchtet, wodurch das Reiben in
allen Arten bewegter Körper vermindert, und die zur
Bewegung nötige Biegsamkeit erhalten werde. Daher
hört die Bewegung der Muskeln, und selbst ihre reizbare
Kraft auf, wenn das Fett zerstört wird (z), oder auch
verhärtet (a). Man hat zwar geleugnet (b), daß sich
das Fett über die wirksame Muskeln ergissen soll. Doch
es ist gewis, daß wenigstens jeder Muskel, wenn er im
Spiele aufschwillt (c), alles Fett, welches um ihn herum-
liegt, sowol gegen die benachbarte Muskeln, als auch
noch stärker gegen die darunter liegende Knochen stöst.
Da die Fleischstreifen ferner, woraus Muskeln bestehen
(d), wärend des Spiels einander näher kommen, so wird
auch das inwendige, und zwischen den kleinen Streifgen
ergossene Fett, von allen Seiten zusammengetrieben und
gedrükkt. Da nun auf diesen Drukk kurz darauf die Er-
schlaffung des Muskels erfolgt, so hat es das Ansehn, daß
dieses Oel in allen Theilen des Muskels, und bei einer
jeden Anstrengung des Muskels ausgeprest, kurz darauf
verbreitet, verdünnt und ausgedehnt werde.

Das Fett mindert auch das Reiben, wenn sich Kno-
chen über Knochen bewegen müssen; und hierher gehört
das Fettsäkkchen, welches sich zwischen der Hüfte, dem
Schienbeine und der Kniescheibe befindet (d*).

Was das Fett den roten Muskeln thut, leistet auch
die zähe, schmierige, doch eiweisartige (e), Flüßigkeit den

Seh-
(y) [Spaltenumbruch] L. I. Sect. 4.
(z) ibid. p. 46.
(a) L. XI. p. 449.
(b) p. 65.
(c) p. 75.
(d) [Spaltenumbruch] pag. 479.
(d*) ZAMBECCARI apud
CORTE Med. Medioli p.
223.
(e) pag. 428.
G 4
II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
§. 39.
Das Fett.

Es hat das Fett einen vielfachen Nuzzen, wovon be-
reits oben gehandelt worden (y), und unter andern auch
den, daß es eine Muſkelfaſer mit einem weichen und
ſchluͤpfrigen Schmeer befeuchtet, wodurch das Reiben in
allen Arten bewegter Koͤrper vermindert, und die zur
Bewegung noͤtige Biegſamkeit erhalten werde. Daher
hoͤrt die Bewegung der Muſkeln, und ſelbſt ihre reizbare
Kraft auf, wenn das Fett zerſtoͤrt wird (z), oder auch
verhaͤrtet (a). Man hat zwar geleugnet (b), daß ſich
das Fett uͤber die wirkſame Muſkeln ergiſſen ſoll. Doch
es iſt gewis, daß wenigſtens jeder Muſkel, wenn er im
Spiele aufſchwillt (c), alles Fett, welches um ihn herum-
liegt, ſowol gegen die benachbarte Muſkeln, als auch
noch ſtaͤrker gegen die darunter liegende Knochen ſtoͤſt.
Da die Fleiſchſtreifen ferner, woraus Muſkeln beſtehen
(d), waͤrend des Spiels einander naͤher kommen, ſo wird
auch das inwendige, und zwiſchen den kleinen Streifgen
ergoſſene Fett, von allen Seiten zuſammengetrieben und
gedruͤkkt. Da nun auf dieſen Drukk kurz darauf die Er-
ſchlaffung des Muſkels erfolgt, ſo hat es das Anſehn, daß
dieſes Oel in allen Theilen des Muſkels, und bei einer
jeden Anſtrengung des Muſkels ausgepreſt, kurz darauf
verbreitet, verduͤnnt und ausgedehnt werde.

Das Fett mindert auch das Reiben, wenn ſich Kno-
chen uͤber Knochen bewegen muͤſſen; und hierher gehoͤrt
das Fettſaͤkkchen, welches ſich zwiſchen der Huͤfte, dem
Schienbeine und der Knieſcheibe befindet (d*).

Was das Fett den roten Muſkeln thut, leiſtet auch
die zaͤhe, ſchmierige, doch eiweisartige (e), Fluͤßigkeit den

Seh-
(y) [Spaltenumbruch] L. I. Sect. 4.
(z) ibid. p. 46.
(a) L. XI. p. 449.
(b) p. 65.
(c) p. 75.
(d) [Spaltenumbruch] pag. 479.
(d*) ZAMBECCARI apud
CORTE Med. Medioli p.
223.
(e) pag. 428.
G 4
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[103/0121] II. Abſchnitt. Erſcheinungen. §. 39. Das Fett. Es hat das Fett einen vielfachen Nuzzen, wovon be- reits oben gehandelt worden (y), und unter andern auch den, daß es eine Muſkelfaſer mit einem weichen und ſchluͤpfrigen Schmeer befeuchtet, wodurch das Reiben in allen Arten bewegter Koͤrper vermindert, und die zur Bewegung noͤtige Biegſamkeit erhalten werde. Daher hoͤrt die Bewegung der Muſkeln, und ſelbſt ihre reizbare Kraft auf, wenn das Fett zerſtoͤrt wird (z), oder auch verhaͤrtet (a). Man hat zwar geleugnet (b), daß ſich das Fett uͤber die wirkſame Muſkeln ergiſſen ſoll. Doch es iſt gewis, daß wenigſtens jeder Muſkel, wenn er im Spiele aufſchwillt (c), alles Fett, welches um ihn herum- liegt, ſowol gegen die benachbarte Muſkeln, als auch noch ſtaͤrker gegen die darunter liegende Knochen ſtoͤſt. Da die Fleiſchſtreifen ferner, woraus Muſkeln beſtehen (d), waͤrend des Spiels einander naͤher kommen, ſo wird auch das inwendige, und zwiſchen den kleinen Streifgen ergoſſene Fett, von allen Seiten zuſammengetrieben und gedruͤkkt. Da nun auf dieſen Drukk kurz darauf die Er- ſchlaffung des Muſkels erfolgt, ſo hat es das Anſehn, daß dieſes Oel in allen Theilen des Muſkels, und bei einer jeden Anſtrengung des Muſkels ausgepreſt, kurz darauf verbreitet, verduͤnnt und ausgedehnt werde. Das Fett mindert auch das Reiben, wenn ſich Kno- chen uͤber Knochen bewegen muͤſſen; und hierher gehoͤrt das Fettſaͤkkchen, welches ſich zwiſchen der Huͤfte, dem Schienbeine und der Knieſcheibe befindet (d*). Was das Fett den roten Muſkeln thut, leiſtet auch die zaͤhe, ſchmierige, doch eiweisartige (e), Fluͤßigkeit den Seh- (y) L. I. Sect. 4. (z) ibid. p. 46. (a) L. XI. p. 449. (b) p. 65. (c) p. 75. (d) pag. 479. (d*) ZAMBECCARI apud CORTE Med. Medioli p. 223. (e) pag. 428. G 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/121>, abgerufen am 28.03.2024.