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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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III. Abschnitt. Ursachen.
gebunden und zerschnitten wird, die Herrschaft des Wil-
lens aufhebt. Man erlaube uns aber, zu untersuchen,
wie die Nerven, die an sich unbeweglich sind, einen Mus-
kel bewegen können, ob es gleich schwerlich möglich ist,
diese Sache zu entdekken. Wir müssen aber erstlich zei-
gen, wie der Nerve den Muskel nötige, sich zusammen
zu ziehen, und denn, wie er solchen wieder schlaff mache,
indem beide Handlungen ein Werk des Willens sind.

§. 13.
Hipotesen davon.
Die Nerven, als ziehende Seile.

Jndem wir den Galen über diese Schwierigkeit
befragen, so hören wir von ihm eine Antwort, welches
zugleich die allgemeine Meinung vierzehn ganzer Jarhun-
derte gewesen. Es liegt, sagt er, der Ursprung von der
Bewegung der Muskeln in dem Anfange der Nerven,
der sich im Gehirne, und dessen Kammern befindet (d),
und er bekömmt von dem Willen sein Entstehen (e).
Von hier pflanzen sich die Geister, wodurch die Muskeln
bewegt werden, durch die Nerven in die Muskeln fort
(f) (g). Es entstehen aber da, wo sich der Nerve im
Muskel zertheilt, Fäden (villi), die sich abermals in der
Sehne wieder mit einander vereinigen (h), in welche
sich die mit dem Bande vermengte Nerven verwandeln.
Ferner läuft der Nerve in den Anfang des Muskels (i),
und es ist die Sehne das Ende des Muskels. Folglich
wird der Muskel, und die Sehne, gegen diesen Anfang

hin
(d) [Spaltenumbruch] de mot. muscul. L. I. c. 13.
(e) de loc. adfec. L. III. c. 6.
(f) de HIPP. et PLAT. decret.
L. II. c. 12. de utilit. part. L. XVII.
c. 2. de mot. musc. L. I. p.
620.
(g) [Spaltenumbruch] de mot. musc.
(h) de mot. musc. loc. cit.
Conf. FABRICIUM p.
6.
(i) de mot. musc. p. 620. in
aphor. hipp. n.
66.

III. Abſchnitt. Urſachen.
gebunden und zerſchnitten wird, die Herrſchaft des Wil-
lens aufhebt. Man erlaube uns aber, zu unterſuchen,
wie die Nerven, die an ſich unbeweglich ſind, einen Muſ-
kel bewegen koͤnnen, ob es gleich ſchwerlich moͤglich iſt,
dieſe Sache zu entdekken. Wir muͤſſen aber erſtlich zei-
gen, wie der Nerve den Muſkel noͤtige, ſich zuſammen
zu ziehen, und denn, wie er ſolchen wieder ſchlaff mache,
indem beide Handlungen ein Werk des Willens ſind.

§. 13.
Hipoteſen davon.
Die Nerven, als ziehende Seile.

Jndem wir den Galen uͤber dieſe Schwierigkeit
befragen, ſo hoͤren wir von ihm eine Antwort, welches
zugleich die allgemeine Meinung vierzehn ganzer Jarhun-
derte geweſen. Es liegt, ſagt er, der Urſprung von der
Bewegung der Muſkeln in dem Anfange der Nerven,
der ſich im Gehirne, und deſſen Kammern befindet (d),
und er bekoͤmmt von dem Willen ſein Entſtehen (e).
Von hier pflanzen ſich die Geiſter, wodurch die Muſkeln
bewegt werden, durch die Nerven in die Muſkeln fort
(f) (g). Es entſtehen aber da, wo ſich der Nerve im
Muſkel zertheilt, Faͤden (villi), die ſich abermals in der
Sehne wieder mit einander vereinigen (h), in welche
ſich die mit dem Bande vermengte Nerven verwandeln.
Ferner laͤuft der Nerve in den Anfang des Muſkels (i),
und es iſt die Sehne das Ende des Muſkels. Folglich
wird der Muſkel, und die Sehne, gegen dieſen Anfang

hin
(d) [Spaltenumbruch] de mot. muſcul. L. I. c. 13.
(e) de loc. adfec. L. III. c. 6.
(f) de HIPP. et PLAT. decret.
L. II. c. 12. de utilit. part. L. XVII.
c. 2. de mot. muſc. L. I. p.
620.
(g) [Spaltenumbruch] de mot. muſc.
(h) de mot. muſc. loc. cit.
Conf. FABRICIUM p.
6.
(i) de mot. muſc. p. 620. in
aphor. hipp. n.
66.
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[157/0175] III. Abſchnitt. Urſachen. gebunden und zerſchnitten wird, die Herrſchaft des Wil- lens aufhebt. Man erlaube uns aber, zu unterſuchen, wie die Nerven, die an ſich unbeweglich ſind, einen Muſ- kel bewegen koͤnnen, ob es gleich ſchwerlich moͤglich iſt, dieſe Sache zu entdekken. Wir muͤſſen aber erſtlich zei- gen, wie der Nerve den Muſkel noͤtige, ſich zuſammen zu ziehen, und denn, wie er ſolchen wieder ſchlaff mache, indem beide Handlungen ein Werk des Willens ſind. §. 13. Hipoteſen davon. Die Nerven, als ziehende Seile. Jndem wir den Galen uͤber dieſe Schwierigkeit befragen, ſo hoͤren wir von ihm eine Antwort, welches zugleich die allgemeine Meinung vierzehn ganzer Jarhun- derte geweſen. Es liegt, ſagt er, der Urſprung von der Bewegung der Muſkeln in dem Anfange der Nerven, der ſich im Gehirne, und deſſen Kammern befindet (d), und er bekoͤmmt von dem Willen ſein Entſtehen (e). Von hier pflanzen ſich die Geiſter, wodurch die Muſkeln bewegt werden, durch die Nerven in die Muſkeln fort (f) (g). Es entſtehen aber da, wo ſich der Nerve im Muſkel zertheilt, Faͤden (villi), die ſich abermals in der Sehne wieder mit einander vereinigen (h), in welche ſich die mit dem Bande vermengte Nerven verwandeln. Ferner laͤuft der Nerve in den Anfang des Muſkels (i), und es iſt die Sehne das Ende des Muſkels. Folglich wird der Muſkel, und die Sehne, gegen dieſen Anfang hin (d) de mot. muſcul. L. I. c. 13. (e) de loc. adfec. L. III. c. 6. (f) de HIPP. et PLAT. decret. L. II. c. 12. de utilit. part. L. XVII. c. 2. de mot. muſc. L. I. p. 620. (g) de mot. muſc. (h) de mot. muſc. loc. cit. Conf. FABRICIUM p. 6. (i) de mot. muſc. p. 620. in aphor. hipp. n. 66.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/175>, abgerufen am 18.04.2024.