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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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III. Abschnitt. Ursachen.
wären, und wechselweise Erhabenheiten hätten, darunter
einige z. E. nach Morgen, andre dagegen nach Abend zu
gekehrt wären. Diese zögen sich zusammen, und so würde
eine Muskelfaser, die durch wechselweise Biegungen einge-
schlossen wäre, genötigt, sich nach Art einer Schlange zu
krümmen, und zu verkürzen.

Ohnlängst verband der berümte Bertier die Nerven-
bewegung mit der Bewegung des Blutes. Er macht das
Blut zur Ursache dieser Bewegung (b), indem es die Mus-
kelfaser so anfeuchten soll, wie etwas Wasser ein ganzes
Strikk kürzzer macht (c). Es zerret aber mit Hülfe des
kleinen Nerven die Fasern auf die Seite, und nötigt das
Blut des Muskelnezzes, das die Faser bedekkt, derge-
stalt einwerts zu wirken, daß daher eine Strikkmaschine
von abgewechseltem Zuge entsteht, welche, wenn sie sich ver-
kürzt, das Gewichte aufhebt.

§. 19.
Cowpers einfachere Theorie.

Cowper will, daß die Fleischfasern ebenfalls von den
Schlagadern Blut empfangen, und daß das Blut, wel-
ches in dieselben eindringt, und von da nicht wieder zu-
rükke kehrt, die Muskelbewegung verursache (d).

Stuart (e) schreibt dem in die Schlagader getrieb-
nen Blute die Röthe, und den Geschwulst zu, welcher,
nach seinem Sazze, in der ersten Zeit der Muskelbewegung
statt findet. Dieses waren auch die Gedanken des Jo-
hann Swammerdams (f).

Eben
(b) [Spaltenumbruch] physique des corps animes
p.
249. 266.
(c) pag. 278. 291. 307.
(d) Ad. t. 64. BIDLOI in-
troduct. ad myolog. an. 1694.
pag.
11. daß das Blut die Muskeln
als ein Gewichte in Bewegung
sezzen soll. Dagegen thut Erin-
[Spaltenumbruch] nerungen BOULTON p. 20. sqq.
und sagt, daß, wenn eine Menge
Blutes, vermöge der Lage, ins
Blut eindringt, davon vielmehr
die Kraft der Bewegung schwächer
werde.
(e) pag. 62.
(f) Biblior. p. 856.
L 5

III. Abſchnitt. Urſachen.
waͤren, und wechſelweiſe Erhabenheiten haͤtten, darunter
einige z. E. nach Morgen, andre dagegen nach Abend zu
gekehrt waͤren. Dieſe zoͤgen ſich zuſammen, und ſo wuͤrde
eine Muſkelfaſer, die durch wechſelweiſe Biegungen einge-
ſchloſſen waͤre, genoͤtigt, ſich nach Art einer Schlange zu
kruͤmmen, und zu verkuͤrzen.

Ohnlaͤngſt verband der beruͤmte Bertier die Nerven-
bewegung mit der Bewegung des Blutes. Er macht das
Blut zur Urſache dieſer Bewegung (b), indem es die Muſ-
kelfaſer ſo anfeuchten ſoll, wie etwas Waſſer ein ganzes
Strikk kuͤrzzer macht (c). Es zerret aber mit Huͤlfe des
kleinen Nerven die Faſern auf die Seite, und noͤtigt das
Blut des Muſkelnezzes, das die Faſer bedekkt, derge-
ſtalt einwerts zu wirken, daß daher eine Strikkmaſchine
von abgewechſeltem Zuge entſteht, welche, wenn ſie ſich ver-
kuͤrzt, das Gewichte aufhebt.

§. 19.
Cowpers einfachere Theorie.

Cowper will, daß die Fleiſchfaſern ebenfalls von den
Schlagadern Blut empfangen, und daß das Blut, wel-
ches in dieſelben eindringt, und von da nicht wieder zu-
ruͤkke kehrt, die Muſkelbewegung verurſache (d).

Stuart (e) ſchreibt dem in die Schlagader getrieb-
nen Blute die Roͤthe, und den Geſchwulſt zu, welcher,
nach ſeinem Sazze, in der erſten Zeit der Muſkelbewegung
ſtatt findet. Dieſes waren auch die Gedanken des Jo-
hann Swammerdams (f).

Eben
(b) [Spaltenumbruch] phyſique des corps animes
p.
249. 266.
(c) pag. 278. 291. 307.
(d) Ad. t. 64. BIDLOI in-
troduct. ad myolog. an. 1694.
pag.
11. daß das Blut die Muſkeln
als ein Gewichte in Bewegung
ſezzen ſoll. Dagegen thut Erin-
[Spaltenumbruch] nerungen BOULTON p. 20. ſqq.
und ſagt, daß, wenn eine Menge
Blutes, vermoͤge der Lage, ins
Blut eindringt, davon vielmehr
die Kraft der Bewegung ſchwaͤcher
werde.
(e) pag. 62.
(f) Biblior. p. 856.
L 5
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[169/0187] III. Abſchnitt. Urſachen. waͤren, und wechſelweiſe Erhabenheiten haͤtten, darunter einige z. E. nach Morgen, andre dagegen nach Abend zu gekehrt waͤren. Dieſe zoͤgen ſich zuſammen, und ſo wuͤrde eine Muſkelfaſer, die durch wechſelweiſe Biegungen einge- ſchloſſen waͤre, genoͤtigt, ſich nach Art einer Schlange zu kruͤmmen, und zu verkuͤrzen. Ohnlaͤngſt verband der beruͤmte Bertier die Nerven- bewegung mit der Bewegung des Blutes. Er macht das Blut zur Urſache dieſer Bewegung (b), indem es die Muſ- kelfaſer ſo anfeuchten ſoll, wie etwas Waſſer ein ganzes Strikk kuͤrzzer macht (c). Es zerret aber mit Huͤlfe des kleinen Nerven die Faſern auf die Seite, und noͤtigt das Blut des Muſkelnezzes, das die Faſer bedekkt, derge- ſtalt einwerts zu wirken, daß daher eine Strikkmaſchine von abgewechſeltem Zuge entſteht, welche, wenn ſie ſich ver- kuͤrzt, das Gewichte aufhebt. §. 19. Cowpers einfachere Theorie. Cowper will, daß die Fleiſchfaſern ebenfalls von den Schlagadern Blut empfangen, und daß das Blut, wel- ches in dieſelben eindringt, und von da nicht wieder zu- ruͤkke kehrt, die Muſkelbewegung verurſache (d). Stuart (e) ſchreibt dem in die Schlagader getrieb- nen Blute die Roͤthe, und den Geſchwulſt zu, welcher, nach ſeinem Sazze, in der erſten Zeit der Muſkelbewegung ſtatt findet. Dieſes waren auch die Gedanken des Jo- hann Swammerdams (f). Eben (b) phyſique des corps animes p. 249. 266. (c) pag. 278. 291. 307. (d) Ad. t. 64. BIDLOI in- troduct. ad myolog. an. 1694. pag. 11. daß das Blut die Muſkeln als ein Gewichte in Bewegung ſezzen ſoll. Dagegen thut Erin- nerungen BOULTON p. 20. ſqq. und ſagt, daß, wenn eine Menge Blutes, vermoͤge der Lage, ins Blut eindringt, davon vielmehr die Kraft der Bewegung ſchwaͤcher werde. (e) pag. 62. (f) Biblior. p. 856. L 5

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/187>, abgerufen am 24.04.2024.