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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Thierische Bewegung. XI. Buch.
§. 25.
Die flüssige Ursachen zu der Bewegung der
Muskeln.

Wir haben bisher diejenige Lehrarten vorgetragen,
welche man über den Bau der festen Theile einer Faser
ausgesonnen. Da aber die meisten von diesen Hipotesen
wenig Gründlichkeit haben, um ein so grosses Vermögen
zu begreifen, als Muskeln auszuüben gewont sind, so nah-
men die vornemsten Schriftsteller des verflossnen Jarhun-
derts ihre Zuflucht zu dem Aufbrausen widerwärtiger Sal-
ze, um damit die Vorfälle in der Phisiologie zu erleutern.
Es trug zuerst Thomas Willis (y), wiewohl auf eine be-
scheidene und mistrauische Art das Aufbrausen zwischen
dem geistsalzigen Nervenflüssigen, und dem schwefligen,
oder salpetrigen Blute vor. Saure Geister, und ein alka-
lisches Blut führte J. Alphons Borellus (z) ein, weil
er durch eine grössere Notwendigkeit zu dieser Hipotese ver-
leitet wurde, da er selbst gestand, daß die Mechanik
der Muskeln zur Verminderung, und nicht zur Verme-
rung derselben angeordnet sei. Daher konnte er sast nicht
umhin, eine Kraft, wodurch Muskeln ausgedehnt wür-
den, und welche vom Zusammenziehen der festen Theile
verschieden sei, zu Hülfe zu nehmen. Dergleichen, näm-
lich einen Streit zwischen dem Nervensafte und dem Blute,
und das daher rührende Verdünnen und Erweitern der
Fäsergen, trug auch Bellin (a), Wilhelm Croone (b),
nebst andern vor (c). Peter Chirac leitet die Sache von
dem luftigen Nitergeiste, welcher mit den alkalischen Salzen
des Blutes in Kampf gerathe, her (d).

J. Ber-
(y) [Spaltenumbruch] de motu musc. p. 134. de
morb. convuls. p.
3.
(z) L. II. propos. 27. 79.
(a) Ad Lector. de mot. musc.
n. 15. dis. 10. pag.
233.
(b) Wenn sie sich in der Fasern
[Spaltenumbruch] Zwischenräume ergossen haben. p.
23. 24.
(c) DUNCAN p. 309. BAYLE
oper. p. 72. PITCARNE Elem. II.
c. 29. n.
8.
(d) BESSE Anal. T. I. p. 132.
PURGEL of vapours p.
105.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
§. 25.
Die fluͤſſige Urſachen zu der Bewegung der
Muſkeln.

Wir haben bisher diejenige Lehrarten vorgetragen,
welche man uͤber den Bau der feſten Theile einer Faſer
ausgeſonnen. Da aber die meiſten von dieſen Hipoteſen
wenig Gruͤndlichkeit haben, um ein ſo groſſes Vermoͤgen
zu begreifen, als Muſkeln auszuuͤben gewont ſind, ſo nah-
men die vornemſten Schriftſteller des verfloſſnen Jarhun-
derts ihre Zuflucht zu dem Aufbrauſen widerwaͤrtiger Sal-
ze, um damit die Vorfaͤlle in der Phiſiologie zu erleutern.
Es trug zuerſt Thomas Willis (y), wiewohl auf eine be-
ſcheidene und mistrauiſche Art das Aufbrauſen zwiſchen
dem geiſtſalzigen Nervenfluͤſſigen, und dem ſchwefligen,
oder ſalpetrigen Blute vor. Saure Geiſter, und ein alka-
liſches Blut fuͤhrte J. Alphons Borellus (z) ein, weil
er durch eine groͤſſere Notwendigkeit zu dieſer Hipoteſe ver-
leitet wurde, da er ſelbſt geſtand, daß die Mechanik
der Muſkeln zur Verminderung, und nicht zur Verme-
rung derſelben angeordnet ſei. Daher konnte er ſaſt nicht
umhin, eine Kraft, wodurch Muſkeln ausgedehnt wuͤr-
den, und welche vom Zuſammenziehen der feſten Theile
verſchieden ſei, zu Huͤlfe zu nehmen. Dergleichen, naͤm-
lich einen Streit zwiſchen dem Nervenſafte und dem Blute,
und das daher ruͤhrende Verduͤnnen und Erweitern der
Faͤſergen, trug auch Bellin (a), Wilhelm Croone (b),
nebſt andern vor (c). Peter Chirac leitet die Sache von
dem luftigen Nitergeiſte, welcher mit den alkaliſchen Salzen
des Blutes in Kampf gerathe, her (d).

J. Ber-
(y) [Spaltenumbruch] de motu muſc. p. 134. de
morb. convulſ. p.
3.
(z) L. II. propoſ. 27. 79.
(a) Ad Lector. de mot. muſc.
n. 15. diſ. 10. pag.
233.
(b) Wenn ſie ſich in der Faſern
[Spaltenumbruch] Zwiſchenraͤume ergoſſen haben. p.
23. 24.
(c) DUNCAN p. 309. BAYLE
oper. p. 72. PITCARNE Elem. II.
c. 29. n.
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PURGEL of vapours p.
105.
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[180/0198] Thieriſche Bewegung. XI. Buch. §. 25. Die fluͤſſige Urſachen zu der Bewegung der Muſkeln. Wir haben bisher diejenige Lehrarten vorgetragen, welche man uͤber den Bau der feſten Theile einer Faſer ausgeſonnen. Da aber die meiſten von dieſen Hipoteſen wenig Gruͤndlichkeit haben, um ein ſo groſſes Vermoͤgen zu begreifen, als Muſkeln auszuuͤben gewont ſind, ſo nah- men die vornemſten Schriftſteller des verfloſſnen Jarhun- derts ihre Zuflucht zu dem Aufbrauſen widerwaͤrtiger Sal- ze, um damit die Vorfaͤlle in der Phiſiologie zu erleutern. Es trug zuerſt Thomas Willis (y), wiewohl auf eine be- ſcheidene und mistrauiſche Art das Aufbrauſen zwiſchen dem geiſtſalzigen Nervenfluͤſſigen, und dem ſchwefligen, oder ſalpetrigen Blute vor. Saure Geiſter, und ein alka- liſches Blut fuͤhrte J. Alphons Borellus (z) ein, weil er durch eine groͤſſere Notwendigkeit zu dieſer Hipoteſe ver- leitet wurde, da er ſelbſt geſtand, daß die Mechanik der Muſkeln zur Verminderung, und nicht zur Verme- rung derſelben angeordnet ſei. Daher konnte er ſaſt nicht umhin, eine Kraft, wodurch Muſkeln ausgedehnt wuͤr- den, und welche vom Zuſammenziehen der feſten Theile verſchieden ſei, zu Huͤlfe zu nehmen. Dergleichen, naͤm- lich einen Streit zwiſchen dem Nervenſafte und dem Blute, und das daher ruͤhrende Verduͤnnen und Erweitern der Faͤſergen, trug auch Bellin (a), Wilhelm Croone (b), nebſt andern vor (c). Peter Chirac leitet die Sache von dem luftigen Nitergeiſte, welcher mit den alkaliſchen Salzen des Blutes in Kampf gerathe, her (d). J. Ber- (y) de motu muſc. p. 134. de morb. convulſ. p. 3. (z) L. II. propoſ. 27. 79. (a) Ad Lector. de mot. muſc. n. 15. diſ. 10. pag. 233. (b) Wenn ſie ſich in der Faſern Zwiſchenraͤume ergoſſen haben. p. 23. 24. (c) DUNCAN p. 309. BAYLE oper. p. 72. PITCARNE Elem. II. c. 29. n. 8. (d) BESSE Anal. T. I. p. 132. PURGEL of vapours p. 105.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/198>, abgerufen am 28.03.2024.