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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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III. Abschnitt. an sich.
Wärzchen der Zunge (h) Exempel habe. Wenigstens
werden die Wärzchen an einem lebendigen Menschen, und
an Körpern, deren Schlagader der Künstler mit gefärbten
Säften aussprizzt, erhabner, und sie ragen mehr, als an
Leichnamen, hervor (i).

Das übrige behauptet man fast in der Sprache der
Vermutung, ob man gleich gestehen mus, daß diese nicht
allerdings unwarscheinlich sei. Man erkennt nämlich
leicht, daß vorragende und gesteifte Wärzchen nicht nur
dem zu berührenden Körper eine grössere Oberfläche ent-
gegen stellen, sondern daß sie auch, weil sie zu einiger
Grösse gelangen, leichter von demselben gestossen und be-
wegt werden können. Eine spizze und kegelförmige Figur
wird aber besser berührt, und fängt die Begegnungen
der Körper besser auf (i*).

§. 2.
Die Beschaffenheit der Körper, welche man durch
das Fühlen erkennt.

Erstlich erkennen wir die verschiedne Figuren der Kör-
per. Die Spizzen erkennen wir, wenn das Objekt so klein
ist, einen heftigen Drukk verursacht; die Rundung erken-
nen wir aus der mäßigen Wirkung eines grössern Objekts,
und aus derjenigen Berührung, welche an der Mitte
grösser ist, und an den Seiten abnimmt; und den Umfang
aller Figuren nehmen wir gemeiniglich aus den nachsol-
genden Graden der Erhabenheiten, und der also wirk-
samern Grenzen, ab, worinnen eine Figur eingeschlossen
ist, oder es sind diese vorstehende Enden zwar überhaupt
nicht wirksamer, aber sie rühren uns doch auf verschiedne
Weise, als wir sonst von dem übrigen Körper gerührt
werden. Wir empfinden die Rauhigkeit und Ungleichheit,

weil
(h) [Spaltenumbruch] BOERHAAVE praelect.
T. IV. p.
419.
(i) ibid.
(i*) [Spaltenumbruch] HARTLEY pag. 43.
Die äussersten spizzen Theile des
Körpers fühlen schärfer. Idem.
A a 4

III. Abſchnitt. an ſich.
Waͤrzchen der Zunge (h) Exempel habe. Wenigſtens
werden die Waͤrzchen an einem lebendigen Menſchen, und
an Koͤrpern, deren Schlagader der Kuͤnſtler mit gefaͤrbten
Saͤften ausſprizzt, erhabner, und ſie ragen mehr, als an
Leichnamen, hervor (i).

Das uͤbrige behauptet man faſt in der Sprache der
Vermutung, ob man gleich geſtehen mus, daß dieſe nicht
allerdings unwarſcheinlich ſei. Man erkennt naͤmlich
leicht, daß vorragende und geſteifte Waͤrzchen nicht nur
dem zu beruͤhrenden Koͤrper eine groͤſſere Oberflaͤche ent-
gegen ſtellen, ſondern daß ſie auch, weil ſie zu einiger
Groͤſſe gelangen, leichter von demſelben geſtoſſen und be-
wegt werden koͤnnen. Eine ſpizze und kegelfoͤrmige Figur
wird aber beſſer beruͤhrt, und faͤngt die Begegnungen
der Koͤrper beſſer auf (i*).

§. 2.
Die Beſchaffenheit der Koͤrper, welche man durch
das Fuͤhlen erkennt.

Erſtlich erkennen wir die verſchiedne Figuren der Koͤr-
per. Die Spizzen erkennen wir, wenn das Objekt ſo klein
iſt, einen heftigen Drukk verurſacht; die Rundung erken-
nen wir aus der maͤßigen Wirkung eines groͤſſern Objekts,
und aus derjenigen Beruͤhrung, welche an der Mitte
groͤſſer iſt, und an den Seiten abnimmt; und den Umfang
aller Figuren nehmen wir gemeiniglich aus den nachſol-
genden Graden der Erhabenheiten, und der alſo wirk-
ſamern Grenzen, ab, worinnen eine Figur eingeſchloſſen
iſt, oder es ſind dieſe vorſtehende Enden zwar uͤberhaupt
nicht wirkſamer, aber ſie ruͤhren uns doch auf verſchiedne
Weiſe, als wir ſonſt von dem uͤbrigen Koͤrper geruͤhrt
werden. Wir empfinden die Rauhigkeit und Ungleichheit,

weil
(h) [Spaltenumbruch] BOERHAAVE praelect.
T. IV. p.
419.
(i) ibid.
(i*) [Spaltenumbruch] HARTLEY pag. 43.
Die aͤuſſerſten ſpizzen Theile des
Koͤrpers fuͤhlen ſchaͤrfer. Idem.
A a 4
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[375/0393] III. Abſchnitt. an ſich. Waͤrzchen der Zunge (h) Exempel habe. Wenigſtens werden die Waͤrzchen an einem lebendigen Menſchen, und an Koͤrpern, deren Schlagader der Kuͤnſtler mit gefaͤrbten Saͤften ausſprizzt, erhabner, und ſie ragen mehr, als an Leichnamen, hervor (i). Das uͤbrige behauptet man faſt in der Sprache der Vermutung, ob man gleich geſtehen mus, daß dieſe nicht allerdings unwarſcheinlich ſei. Man erkennt naͤmlich leicht, daß vorragende und geſteifte Waͤrzchen nicht nur dem zu beruͤhrenden Koͤrper eine groͤſſere Oberflaͤche ent- gegen ſtellen, ſondern daß ſie auch, weil ſie zu einiger Groͤſſe gelangen, leichter von demſelben geſtoſſen und be- wegt werden koͤnnen. Eine ſpizze und kegelfoͤrmige Figur wird aber beſſer beruͤhrt, und faͤngt die Begegnungen der Koͤrper beſſer auf (i*). §. 2. Die Beſchaffenheit der Koͤrper, welche man durch das Fuͤhlen erkennt. Erſtlich erkennen wir die verſchiedne Figuren der Koͤr- per. Die Spizzen erkennen wir, wenn das Objekt ſo klein iſt, einen heftigen Drukk verurſacht; die Rundung erken- nen wir aus der maͤßigen Wirkung eines groͤſſern Objekts, und aus derjenigen Beruͤhrung, welche an der Mitte groͤſſer iſt, und an den Seiten abnimmt; und den Umfang aller Figuren nehmen wir gemeiniglich aus den nachſol- genden Graden der Erhabenheiten, und der alſo wirk- ſamern Grenzen, ab, worinnen eine Figur eingeſchloſſen iſt, oder es ſind dieſe vorſtehende Enden zwar uͤberhaupt nicht wirkſamer, aber ſie ruͤhren uns doch auf verſchiedne Weiſe, als wir ſonſt von dem uͤbrigen Koͤrper geruͤhrt werden. Wir empfinden die Rauhigkeit und Ungleichheit, weil (h) BOERHAAVE praelect. T. IV. p. 419. (i) ibid. (i*) HARTLEY pag. 43. Die aͤuſſerſten ſpizzen Theile des Koͤrpers fuͤhlen ſchaͤrfer. Idem. A a 4

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/393>, abgerufen am 25.04.2024.