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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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I. Abschnitt. Werkzeug.

Daher können wir die Natur erklären, wenn wir
lesen, daß der Geschmak noch da gewesen, wenn gleich die
Zunge ausgeschnitten worden (p), oder verloren gegan-
gen. Ein Mädchen, welches nur ein Hübelchen statt der
Zunge übrig behalten hatte, konnte sehr gut kosten (q).

§. 2.
Die Zunge.
Die abgekürzten Nervenwärzchen.

Und doch hat die Zunge allein das Vorrecht, die mei-
sten Arten des Geschmakkes zu beurtheilen, und sie unter-
scheidet alle lebhafter. Wir haben einige allgemeine
Stükke davon bereits berührt (r), und nun folgen noch
einige besondre Dinge, welche eigentlich das Schmekken
betreffen.

Es ist das Wesentliche der Zunge, welche ein Jnbe-
griff von Muskeln ist, häutig (s), sie ist eine Fortsezzung
der Haut, welche den Mund und Gaumen bekleidet, aus
Fäden auf verschiedne Weise durch einander gewebt, doch
aber um etwas weicher, gleichsam fetter, und mit dem
Muskelfleische (t), von dem sie eine Menge Nerven be-
kömmt, doch ohne Bewegung verbunden.

Die Fläche dieser Haut, welche die Muskeln auf-
nimmt, und diesseits der Zungenspizze befindlich ist, zeigt
sich gegen die Whartonianische Gänge zu sehr einfach und
kurz. Wo sie sich aber in den Gaumen wirft, wie auch
an der Spizze, und den Rändern, sieht man sie allenthal-
ben voller Wärzchen, die hier viel deutlicher, als an der
Haut, ins Gesichte fallen (t*).

Jhre
(p) [Spaltenumbruch] Phil. Trans. n. 464. Eph.
Nat. Cur. Dec. I. ann. 3. le CAT
pag.
225.
(q) Mem. de l'acad. 1718. p. 8.
(r) L. IX.
(s) [Spaltenumbruch] LUCHTMANNS p. 64.
REVENHORST n.
40.
(t) LUCHTMANNS p. 63. 64.
REVENHORST ibid.
(t*) Rimosa, lobosa DUVER-
NEY posth. T. 18. f.
2.
B b 3
I. Abſchnitt. Werkzeug.

Daher koͤnnen wir die Natur erklaͤren, wenn wir
leſen, daß der Geſchmak noch da geweſen, wenn gleich die
Zunge ausgeſchnitten worden (p), oder verloren gegan-
gen. Ein Maͤdchen, welches nur ein Huͤbelchen ſtatt der
Zunge uͤbrig behalten hatte, konnte ſehr gut koſten (q).

§. 2.
Die Zunge.
Die abgekuͤrzten Nervenwaͤrzchen.

Und doch hat die Zunge allein das Vorrecht, die mei-
ſten Arten des Geſchmakkes zu beurtheilen, und ſie unter-
ſcheidet alle lebhafter. Wir haben einige allgemeine
Stuͤkke davon bereits beruͤhrt (r), und nun folgen noch
einige beſondre Dinge, welche eigentlich das Schmekken
betreffen.

Es iſt das Weſentliche der Zunge, welche ein Jnbe-
griff von Muſkeln iſt, haͤutig (s), ſie iſt eine Fortſezzung
der Haut, welche den Mund und Gaumen bekleidet, aus
Faͤden auf verſchiedne Weiſe durch einander gewebt, doch
aber um etwas weicher, gleichſam fetter, und mit dem
Muſkelfleiſche (t), von dem ſie eine Menge Nerven be-
koͤmmt, doch ohne Bewegung verbunden.

Die Flaͤche dieſer Haut, welche die Muſkeln auf-
nimmt, und diesſeits der Zungenſpizze befindlich iſt, zeigt
ſich gegen die Whartonianiſche Gaͤnge zu ſehr einfach und
kurz. Wo ſie ſich aber in den Gaumen wirft, wie auch
an der Spizze, und den Raͤndern, ſieht man ſie allenthal-
ben voller Waͤrzchen, die hier viel deutlicher, als an der
Haut, ins Geſichte fallen (t*).

Jhre
(p) [Spaltenumbruch] Phil. Tranſ. n. 464. Eph.
Nat. Cur. Dec. I. ann. 3. le CAT
pag.
225.
(q) Mem. de l’acad. 1718. p. 8.
(r) L. IX.
(s) [Spaltenumbruch] LUCHTMANNS p. 64.
REVENHORST n.
40.
(t) LUCHTMANNS p. 63. 64.
REVENHORST ibid.
(t*) Rimoſa, loboſa DUVER-
NEY poſth. T. 18. f.
2.
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[389/0407] I. Abſchnitt. Werkzeug. Daher koͤnnen wir die Natur erklaͤren, wenn wir leſen, daß der Geſchmak noch da geweſen, wenn gleich die Zunge ausgeſchnitten worden (p), oder verloren gegan- gen. Ein Maͤdchen, welches nur ein Huͤbelchen ſtatt der Zunge uͤbrig behalten hatte, konnte ſehr gut koſten (q). §. 2. Die Zunge. Die abgekuͤrzten Nervenwaͤrzchen. Und doch hat die Zunge allein das Vorrecht, die mei- ſten Arten des Geſchmakkes zu beurtheilen, und ſie unter- ſcheidet alle lebhafter. Wir haben einige allgemeine Stuͤkke davon bereits beruͤhrt (r), und nun folgen noch einige beſondre Dinge, welche eigentlich das Schmekken betreffen. Es iſt das Weſentliche der Zunge, welche ein Jnbe- griff von Muſkeln iſt, haͤutig (s), ſie iſt eine Fortſezzung der Haut, welche den Mund und Gaumen bekleidet, aus Faͤden auf verſchiedne Weiſe durch einander gewebt, doch aber um etwas weicher, gleichſam fetter, und mit dem Muſkelfleiſche (t), von dem ſie eine Menge Nerven be- koͤmmt, doch ohne Bewegung verbunden. Die Flaͤche dieſer Haut, welche die Muſkeln auf- nimmt, und diesſeits der Zungenſpizze befindlich iſt, zeigt ſich gegen die Whartonianiſche Gaͤnge zu ſehr einfach und kurz. Wo ſie ſich aber in den Gaumen wirft, wie auch an der Spizze, und den Raͤndern, ſieht man ſie allenthal- ben voller Waͤrzchen, die hier viel deutlicher, als an der Haut, ins Geſichte fallen (t*). Jhre (p) Phil. Tranſ. n. 464. Eph. Nat. Cur. Dec. I. ann. 3. le CAT pag. 225. (q) Mem. de l’acad. 1718. p. 8. (r) L. IX. (s) LUCHTMANNS p. 64. REVENHORST n. 40. (t) LUCHTMANNS p. 63. 64. REVENHORST ibid. (t*) Rimoſa, loboſa DUVER- NEY poſth. T. 18. f. 2. B b 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/407>, abgerufen am 29.03.2024.