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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Der Geruch. XIV. Buch.
der Geruch an den hintern untern Theilen der Nase, an
dem Stirnsinus (x), am Kiefersinus, an dem Keilsinus,
schwächer ist, indem an diesen Theilen der Nase die Ner-
ven weniger, kleiner, von den Stämmen weiter entfernt,
und daselbst auch mit einer grössern Menge Schleim be-
dekkt sind.

§. 4.
Der insonderheit dem Geruche gewidmete Nerve.

Wir haben das erste Paar für den Geruchnerven
gelten lassen (y). Jst aber deswegen der fünfte davon
auszuschliessen?

Es scheinet dieses nicht statt zu finden, man mag nun
die Nasenscheidewand, oder die zugespizzte Knochen für
die Hauptwerkzeuge des Geruches halten. Nicht nur
diese Scheidewand, sondern auch ein jeder der Schwamm-
knochen empfängt, wie vom ersten, so vom fünften seine
Aeste. Denn ob man gleich glauben wollte, daß unter
den Nerven ein Unterschied wäre, und daß der Ambra-
geruch vom ersten empfunden, aber nicht so von andern
Nerven erkannt werde (y*), und ob man gleich den ersten
für weich, und den fünften für härter halten wollte, so
wird man doch befinden, daß sich die Sache anders ver-
hält, so bald man die Natur genauer erforschen will. Es
sind nämlich überhaupt die Aeste des fünften im Men-
schen weich, und sie unterscheiden sich in ihrer Beschaffen-
heit nicht im geringsten von dem ersten, den ich an Vö-
geln, welche doch einen vortreflichen Geruch besizzen, bis
ins Gehirn verfolgt habe. Jch mag nicht wiederholen,
daß es Schriftsteller gebe, welche versichern daß in spü-
renden Thieren (z) Nerven nichts vor andern voraus ha-
ben, und daß eben so viel Nerven durch den Siebknochen
im Menschen, als im Pferde durchgehen (a).

Warum
(x) [Spaltenumbruch] Diesen schliesst nicht aus
der berümte ROEDERER thes. I.
n.
5.
(y) L. X. p. 206.
(y*) [Spaltenumbruch] BOERHAAVE.
(z) SCHNEIDER et p. 276.
(a) CHARLETON. propr.
cereb. hum. p.
107.

Der Geruch. XIV. Buch.
der Geruch an den hintern untern Theilen der Naſe, an
dem Stirnſinus (x), am Kieferſinus, an dem Keilſinus,
ſchwaͤcher iſt, indem an dieſen Theilen der Naſe die Ner-
ven weniger, kleiner, von den Staͤmmen weiter entfernt,
und daſelbſt auch mit einer groͤſſern Menge Schleim be-
dekkt ſind.

§. 4.
Der inſonderheit dem Geruche gewidmete Nerve.

Wir haben das erſte Paar fuͤr den Geruchnerven
gelten laſſen (y). Jſt aber deswegen der fuͤnfte davon
auszuſchlieſſen?

Es ſcheinet dieſes nicht ſtatt zu finden, man mag nun
die Naſenſcheidewand, oder die zugeſpizzte Knochen fuͤr
die Hauptwerkzeuge des Geruches halten. Nicht nur
dieſe Scheidewand, ſondern auch ein jeder der Schwamm-
knochen empfaͤngt, wie vom erſten, ſo vom fuͤnften ſeine
Aeſte. Denn ob man gleich glauben wollte, daß unter
den Nerven ein Unterſchied waͤre, und daß der Ambra-
geruch vom erſten empfunden, aber nicht ſo von andern
Nerven erkannt werde (y*), und ob man gleich den erſten
fuͤr weich, und den fuͤnften fuͤr haͤrter halten wollte, ſo
wird man doch befinden, daß ſich die Sache anders ver-
haͤlt, ſo bald man die Natur genauer erforſchen will. Es
ſind naͤmlich uͤberhaupt die Aeſte des fuͤnften im Men-
ſchen weich, und ſie unterſcheiden ſich in ihrer Beſchaffen-
heit nicht im geringſten von dem erſten, den ich an Voͤ-
geln, welche doch einen vortreflichen Geruch beſizzen, bis
ins Gehirn verfolgt habe. Jch mag nicht wiederholen,
daß es Schriftſteller gebe, welche verſichern daß in ſpuͤ-
renden Thieren (z) Nerven nichts vor andern voraus ha-
ben, und daß eben ſo viel Nerven durch den Siebknochen
im Menſchen, als im Pferde durchgehen (a).

Warum
(x) [Spaltenumbruch] Dieſen ſchlieſſt nicht aus
der beruͤmte ROEDERER theſ. I.
n.
5.
(y) L. X. p. 206.
(y*) [Spaltenumbruch] BOERHAAVE.
(z) SCHNEIDER et p. 276.
(a) CHARLETON. propr.
cereb. hum. p.
107.
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[510/0528] Der Geruch. XIV. Buch. der Geruch an den hintern untern Theilen der Naſe, an dem Stirnſinus (x), am Kieferſinus, an dem Keilſinus, ſchwaͤcher iſt, indem an dieſen Theilen der Naſe die Ner- ven weniger, kleiner, von den Staͤmmen weiter entfernt, und daſelbſt auch mit einer groͤſſern Menge Schleim be- dekkt ſind. §. 4. Der inſonderheit dem Geruche gewidmete Nerve. Wir haben das erſte Paar fuͤr den Geruchnerven gelten laſſen (y). Jſt aber deswegen der fuͤnfte davon auszuſchlieſſen? Es ſcheinet dieſes nicht ſtatt zu finden, man mag nun die Naſenſcheidewand, oder die zugeſpizzte Knochen fuͤr die Hauptwerkzeuge des Geruches halten. Nicht nur dieſe Scheidewand, ſondern auch ein jeder der Schwamm- knochen empfaͤngt, wie vom erſten, ſo vom fuͤnften ſeine Aeſte. Denn ob man gleich glauben wollte, daß unter den Nerven ein Unterſchied waͤre, und daß der Ambra- geruch vom erſten empfunden, aber nicht ſo von andern Nerven erkannt werde (y*), und ob man gleich den erſten fuͤr weich, und den fuͤnften fuͤr haͤrter halten wollte, ſo wird man doch befinden, daß ſich die Sache anders ver- haͤlt, ſo bald man die Natur genauer erforſchen will. Es ſind naͤmlich uͤberhaupt die Aeſte des fuͤnften im Men- ſchen weich, und ſie unterſcheiden ſich in ihrer Beſchaffen- heit nicht im geringſten von dem erſten, den ich an Voͤ- geln, welche doch einen vortreflichen Geruch beſizzen, bis ins Gehirn verfolgt habe. Jch mag nicht wiederholen, daß es Schriftſteller gebe, welche verſichern daß in ſpuͤ- renden Thieren (z) Nerven nichts vor andern voraus ha- ben, und daß eben ſo viel Nerven durch den Siebknochen im Menſchen, als im Pferde durchgehen (a). Warum (x) Dieſen ſchlieſſt nicht aus der beruͤmte ROEDERER theſ. I. n. 5. (y) L. X. p. 206. (y*) BOERHAAVE. (z) SCHNEIDER et p. 276. (a) CHARLETON. propr. cereb. hum. p. 107.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/528>, abgerufen am 25.04.2024.