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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Der Geruch. XIV. Buch.

Damit der Schleim desto leichter aus der Nase her-
ausfliessen möge, so bedienen wir uns des Ausschnaubens,
oder des heftigen Luftstromes, den wir mit dem Athem
in uns zogen, und nun im Ausathmen sich aus der Nase
zu stürzen zwingen. Zu eben dieser Absicht erregt auch
die Natur das Niesen (h*). Der Schleim wird alsdenn
durch die Trähnen verdünnt, welche in die Nase einflies-
sen (i).

Es schlukken die saugende Blutadern, nach angestell-
ten Versuche, einen Theil des Nasenschleims wieder in sich,
indem das Wasser, welches man einem Hunde in die
Blutadern sprizzte, die Nase anfüllte (k).

§. 6.
Der Schleim rührt nicht vom Gehirne her.

Man erlaube uns in einem Werke, welches vornäm-
lich den Lehrlingen gewidmet ist, anzumerken, daß die
Alten, welche sich einbildeten, der Weg vom Gehirn zur
Nase stehe offen (l), auf eben diesem Wege den Schleim
in die Nase herleiteten. Sie gaben diesen also vor einen
Auswurf des Gehirns aus, und von ihm stammte das
Wasser in den Gehirnkammern her (m). Einige wenige
unter den Neuern glauben, daß die Röhrchen dieses Kno-
chens für den Schleim eröffnet sind (n). Bernhard
Verzascha (o) sahe einen mit dem Schleime zugleich
ausgeworfenen kleinen Wurm für einen Gehirnwurm an.

Da man hiernächst die Löcher des Siebknochens gar
zu deutlich verschlossen (o*), voll und untauglich fand, den
Schleim durchzulassen, so suchte man bald diese, bald jene

Wege
(h*) [Spaltenumbruch] L. VIII. p. 303.
(i) TAUVRY anat. rais. p. 368.
Bresl.
Nachricht 1740. n. 44.
(k) HALES, haemast. n. 117.
(l) L. X. p. 175. L. XIV. pag.
173. 174.
(m) L. X. p. 45.
(n) DIEMERBROECK, p. 359.
[Spaltenumbruch] durch die Nervenhäute, welche vol-
ler limphatischen Gefässe G. F.
CRENDAL, de quelques maladies
de poitrine PARIS, 1739. p.
12.
(o) Obs. 6.
(o*) VESAL, p. 795. et prior,
CARPENSIS P. CCCCXXXIX.
conf. L. X. p.
175.
Der Geruch. XIV. Buch.

Damit der Schleim deſto leichter aus der Naſe her-
ausflieſſen moͤge, ſo bedienen wir uns des Ausſchnaubens,
oder des heftigen Luftſtromes, den wir mit dem Athem
in uns zogen, und nun im Ausathmen ſich aus der Naſe
zu ſtuͤrzen zwingen. Zu eben dieſer Abſicht erregt auch
die Natur das Nieſen (h*). Der Schleim wird alsdenn
durch die Traͤhnen verduͤnnt, welche in die Naſe einflieſ-
ſen (i).

Es ſchlukken die ſaugende Blutadern, nach angeſtell-
ten Verſuche, einen Theil des Naſenſchleims wieder in ſich,
indem das Waſſer, welches man einem Hunde in die
Blutadern ſprizzte, die Naſe anfuͤllte (k).

§. 6.
Der Schleim ruͤhrt nicht vom Gehirne her.

Man erlaube uns in einem Werke, welches vornaͤm-
lich den Lehrlingen gewidmet iſt, anzumerken, daß die
Alten, welche ſich einbildeten, der Weg vom Gehirn zur
Naſe ſtehe offen (l), auf eben dieſem Wege den Schleim
in die Naſe herleiteten. Sie gaben dieſen alſo vor einen
Auswurf des Gehirns aus, und von ihm ſtammte das
Waſſer in den Gehirnkammern her (m). Einige wenige
unter den Neuern glauben, daß die Roͤhrchen dieſes Kno-
chens fuͤr den Schleim eroͤffnet ſind (n). Bernhard
Verzaſcha (o) ſahe einen mit dem Schleime zugleich
ausgeworfenen kleinen Wurm fuͤr einen Gehirnwurm an.

Da man hiernaͤchſt die Loͤcher des Siebknochens gar
zu deutlich verſchloſſen (o*), voll und untauglich fand, den
Schleim durchzulaſſen, ſo ſuchte man bald dieſe, bald jene

Wege
(h*) [Spaltenumbruch] L. VIII. p. 303.
(i) TAUVRY anat. raiſ. p. 368.
Bresl.
Nachricht 1740. n. 44.
(k) HALES, hæmaſt. n. 117.
(l) L. X. p. 175. L. XIV. pag.
173. 174.
(m) L. X. p. 45.
(n) DIEMERBROECK, p. 359.
[Spaltenumbruch] durch die Nervenhaͤute, welche vol-
ler limphatiſchen Gefaͤſſe G. F.
CRENDAL, de quelques maladies
de poitrine PARIS, 1739. p.
12.
(o) Obſ. 6.
(o*) VESAL, p. 795. et prior,
CARPENSIS P. CCCCXXXIX.
conf. L. X. p.
175.
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[516/0534] Der Geruch. XIV. Buch. Damit der Schleim deſto leichter aus der Naſe her- ausflieſſen moͤge, ſo bedienen wir uns des Ausſchnaubens, oder des heftigen Luftſtromes, den wir mit dem Athem in uns zogen, und nun im Ausathmen ſich aus der Naſe zu ſtuͤrzen zwingen. Zu eben dieſer Abſicht erregt auch die Natur das Nieſen (h*). Der Schleim wird alsdenn durch die Traͤhnen verduͤnnt, welche in die Naſe einflieſ- ſen (i). Es ſchlukken die ſaugende Blutadern, nach angeſtell- ten Verſuche, einen Theil des Naſenſchleims wieder in ſich, indem das Waſſer, welches man einem Hunde in die Blutadern ſprizzte, die Naſe anfuͤllte (k). §. 6. Der Schleim ruͤhrt nicht vom Gehirne her. Man erlaube uns in einem Werke, welches vornaͤm- lich den Lehrlingen gewidmet iſt, anzumerken, daß die Alten, welche ſich einbildeten, der Weg vom Gehirn zur Naſe ſtehe offen (l), auf eben dieſem Wege den Schleim in die Naſe herleiteten. Sie gaben dieſen alſo vor einen Auswurf des Gehirns aus, und von ihm ſtammte das Waſſer in den Gehirnkammern her (m). Einige wenige unter den Neuern glauben, daß die Roͤhrchen dieſes Kno- chens fuͤr den Schleim eroͤffnet ſind (n). Bernhard Verzaſcha (o) ſahe einen mit dem Schleime zugleich ausgeworfenen kleinen Wurm fuͤr einen Gehirnwurm an. Da man hiernaͤchſt die Loͤcher des Siebknochens gar zu deutlich verſchloſſen (o*), voll und untauglich fand, den Schleim durchzulaſſen, ſo ſuchte man bald dieſe, bald jene Wege (h*) L. VIII. p. 303. (i) TAUVRY anat. raiſ. p. 368. Bresl. Nachricht 1740. n. 44. (k) HALES, hæmaſt. n. 117. (l) L. X. p. 175. L. XIV. pag. 173. 174. (m) L. X. p. 45. (n) DIEMERBROECK, p. 359. durch die Nervenhaͤute, welche vol- ler limphatiſchen Gefaͤſſe G. F. CRENDAL, de quelques maladies de poitrine PARIS, 1739. p. 12. (o) Obſ. 6. (o*) VESAL, p. 795. et prior, CARPENSIS P. CCCCXXXIX. conf. L. X. p. 175.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/534>, abgerufen am 25.04.2024.