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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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Die Harnwege. XXVI. Buch.
§. 22.
Getheilte Verrichtungen der Gefässe und Drüsen.

Da der berühmte Boerhave offenbar sahe, daß
an denen, von der Hand des Ruysch präparirten Nie-
ren das Wachs in die harnführende Gänge übergieng,
und er dennoch überhaupt ein grosser Freund von den
Malpighischen Versuchen war, da er ausserdem sahe,
daß der Harn bald bleich und wässerig, bald gefärbt und
riechend abgesondert wird, so that er den Versuch, beide
Meinungen mit einander zu vergleichen: er lehrte daher,
daß in einer und eben derselben Niere eine gedoppelte
Art von Absonderung vorgehe(a), so daß der blasse
wäßrige Harn, durch die harnführende mit den Schlag-
adern in eins fortlaufende Gefässe, der andere aber und
rothgefärbte Harn von den Drüsen durchgeseichet würde,
und in ihnen durch den langen Aufenthalt ein dikkeres
Wesen bekäme.

Diese Meinung zu unterstützen, bemühete sich der
berühmte Zergliederer Joseph Exuperius Bertin (b).
Er sahe daher an einer zerrissenen Niere, zwischen den
Gefäsverlängerungen, die den Anfang der harnführen-
den Gänge machen, weisse (c), Zwischenräume (d), die
aus runden(e), den blossen Auge sichtbaren Hübelchen
entstünden(e): der grössere Theil (f) der harnführenden
Gänge käme aus diesen hervor: es machten diese Drüsen
fast den ganzen Jnhalt der Niere aus (g), und sie wür-
den von Blutgefässen durchstrichen (h). Doch wären
es nicht die Drüsen, so Malpighi beschrieben hätte (i),

indem
(a) [Spaltenumbruch] n. 353.
(b) Mem de l'Acad des Sciens.
1744.
(c) p. 97. 98.
(d) T. 2. f. 2. es sind die me-
ches. grenelees. III. SENACI
pag.
686.
(e) [Spaltenumbruch] Ibid. p. 102.
(e) [Spaltenumbruch] Ibid. p. 102.
(f) 100.
(g) p. 101. 102. 150.
(h) Ibid.
(i) p. 101.
Die Harnwege. XXVI. Buch.
§. 22.
Getheilte Verrichtungen der Gefaͤſſe und Druͤſen.

Da der beruͤhmte Boerhave offenbar ſahe, daß
an denen, von der Hand des Ruyſch praͤparirten Nie-
ren das Wachs in die harnfuͤhrende Gaͤnge uͤbergieng,
und er dennoch uͤberhaupt ein groſſer Freund von den
Malpighiſchen Verſuchen war, da er auſſerdem ſahe,
daß der Harn bald bleich und waͤſſerig, bald gefaͤrbt und
riechend abgeſondert wird, ſo that er den Verſuch, beide
Meinungen mit einander zu vergleichen: er lehrte daher,
daß in einer und eben derſelben Niere eine gedoppelte
Art von Abſonderung vorgehe(a), ſo daß der blaſſe
waͤßrige Harn, durch die harnfuͤhrende mit den Schlag-
adern in eins fortlaufende Gefaͤſſe, der andere aber und
rothgefaͤrbte Harn von den Druͤſen durchgeſeichet wuͤrde,
und in ihnen durch den langen Aufenthalt ein dikkeres
Weſen bekaͤme.

Dieſe Meinung zu unterſtuͤtzen, bemuͤhete ſich der
beruͤhmte Zergliederer Joſeph Exuperius Bertin (b).
Er ſahe daher an einer zerriſſenen Niere, zwiſchen den
Gefaͤsverlaͤngerungen, die den Anfang der harnfuͤhren-
den Gaͤnge machen, weiſſe (c), Zwiſchenraͤume (d), die
aus runden(e), den bloſſen Auge ſichtbaren Huͤbelchen
entſtuͤnden(e): der groͤſſere Theil (f) der harnfuͤhrenden
Gaͤnge kaͤme aus dieſen hervor: es machten dieſe Druͤſen
faſt den ganzen Jnhalt der Niere aus (g), und ſie wuͤr-
den von Blutgefaͤſſen durchſtrichen (h). Doch waͤren
es nicht die Druͤſen, ſo Malpighi beſchrieben haͤtte (i),

indem
(a) [Spaltenumbruch] n. 353.
(b) Mém de l’Acad des Scienſ.
1744.
(c) p. 97. 98.
(d) T. 2. f. 2. es ſind die mé-
cheſ. grenelées. III. SENACI
pag.
686.
(e) [Spaltenumbruch] Ibid. p. 102.
(e) [Spaltenumbruch] Ibid. p. 102.
(f) 100.
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(h) Ibid.
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[412/0448] Die Harnwege. XXVI. Buch. §. 22. Getheilte Verrichtungen der Gefaͤſſe und Druͤſen. Da der beruͤhmte Boerhave offenbar ſahe, daß an denen, von der Hand des Ruyſch praͤparirten Nie- ren das Wachs in die harnfuͤhrende Gaͤnge uͤbergieng, und er dennoch uͤberhaupt ein groſſer Freund von den Malpighiſchen Verſuchen war, da er auſſerdem ſahe, daß der Harn bald bleich und waͤſſerig, bald gefaͤrbt und riechend abgeſondert wird, ſo that er den Verſuch, beide Meinungen mit einander zu vergleichen: er lehrte daher, daß in einer und eben derſelben Niere eine gedoppelte Art von Abſonderung vorgehe (a), ſo daß der blaſſe waͤßrige Harn, durch die harnfuͤhrende mit den Schlag- adern in eins fortlaufende Gefaͤſſe, der andere aber und rothgefaͤrbte Harn von den Druͤſen durchgeſeichet wuͤrde, und in ihnen durch den langen Aufenthalt ein dikkeres Weſen bekaͤme. Dieſe Meinung zu unterſtuͤtzen, bemuͤhete ſich der beruͤhmte Zergliederer Joſeph Exuperius Bertin (b). Er ſahe daher an einer zerriſſenen Niere, zwiſchen den Gefaͤsverlaͤngerungen, die den Anfang der harnfuͤhren- den Gaͤnge machen, weiſſe (c), Zwiſchenraͤume (d), die aus runden (e), den bloſſen Auge ſichtbaren Huͤbelchen entſtuͤnden (e): der groͤſſere Theil (f) der harnfuͤhrenden Gaͤnge kaͤme aus dieſen hervor: es machten dieſe Druͤſen faſt den ganzen Jnhalt der Niere aus (g), und ſie wuͤr- den von Blutgefaͤſſen durchſtrichen (h). Doch waͤren es nicht die Druͤſen, ſo Malpighi beſchrieben haͤtte (i), indem (a) n. 353. (b) Mém de l’Acad des Scienſ. 1744. (c) p. 97. 98. (d) T. 2. f. 2. es ſind die mé- cheſ. grenelées. III. SENACI pag. 686. (e) Ibid. p. 102. (e) Ibid. p. 102. (f) 100. (g) p. 101. 102. 150. (h) Ibid. (i) p. 101.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/448>, abgerufen am 29.03.2024.