Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Abs. Der Zustand des Menschen.
§. 20.
Die Ursachen des langen Lebens.

Jch werde nunmehr den Versuch machen, aus dem-
jenigen, was ich bisher erzählt habe, die Ursachen aus-
fündig zu machen, welche dazu Anlaß geben, daß einige
Sterbliche von dem allgemeinen Schikksale Ausnahmen
sind.

Einige dieser Ursachen liegen ausser uns. Unsere
Sorgen können es nemlich nicht verhindern, daß uns
nicht bösartige Blattern, oder die Pest, so ganze Länder
entvölkert, oder faule epidemische Fieber zustossen sollten.
Diese Uebel verschonen keine Constitutionen, und sie raf-
fen auch die gesundesten dahin.

So wenig können wir auch die zährenden Sorgen
welche von den Schmerzen des Körpers, oder aus der
anhaltenden Fortdauer der Unglükksfälle entstehen, von
uns entfernen.

Ausser unserer Gewalt ist die Beschaffenheit der Him-
melsstriche, die gesunde Lage der Gegenden, und von
diesen schikkt sich, sonderlich für die jungen Leute die nord-
liche, oder ein Himmelsstrich von etwa funfzig Graden,
bei welchem man sich weniger vor hizzigen Krankheiten
zu fürchten hat. Bei welchem das Herz weniger Reize
zu geschwinden Pulsschlägen fühlt, und wo sich der
Körper nicht sehr geschwind entwikkelt. Jch glaube, daß
dieses der Sinn des Verulams gewesen, wenn er auf
eine ausgeschlossene Luft drang. Eine Frauensperson
von 115 Jahren lebte nach dem Plot in einer Höle. Die
Wärme bescheunigt das Leben der Jnsekten, und die Kälte
verlängert es (a), ob man gleich das lezzte vom Menschen
nicht mit Sicherheit behaupten kann.

Eine
(a) [Spaltenumbruch] REAUMUR T. II. Mem. I.
Die Bäume sind in Norden von
[Spaltenumbruch] 150 Jahren unreif, in Süden in
100 Jahren reif. HAMEL exploit I.
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
§. 20.
Die Urſachen des langen Lebens.

Jch werde nunmehr den Verſuch machen, aus dem-
jenigen, was ich bisher erzaͤhlt habe, die Urſachen aus-
fuͤndig zu machen, welche dazu Anlaß geben, daß einige
Sterbliche von dem allgemeinen Schikkſale Ausnahmen
ſind.

Einige dieſer Urſachen liegen auſſer uns. Unſere
Sorgen koͤnnen es nemlich nicht verhindern, daß uns
nicht boͤsartige Blattern, oder die Peſt, ſo ganze Laͤnder
entvoͤlkert, oder faule epidemiſche Fieber zuſtoſſen ſollten.
Dieſe Uebel verſchonen keine Conſtitutionen, und ſie raf-
fen auch die geſundeſten dahin.

So wenig koͤnnen wir auch die zaͤhrenden Sorgen
welche von den Schmerzen des Koͤrpers, oder aus der
anhaltenden Fortdauer der Ungluͤkksfaͤlle entſtehen, von
uns entfernen.

Auſſer unſerer Gewalt iſt die Beſchaffenheit der Him-
melsſtriche, die geſunde Lage der Gegenden, und von
dieſen ſchikkt ſich, ſonderlich fuͤr die jungen Leute die nord-
liche, oder ein Himmelsſtrich von etwa funfzig Graden,
bei welchem man ſich weniger vor hizzigen Krankheiten
zu fuͤrchten hat. Bei welchem das Herz weniger Reize
zu geſchwinden Pulsſchlaͤgen fuͤhlt, und wo ſich der
Koͤrper nicht ſehr geſchwind entwikkelt. Jch glaube, daß
dieſes der Sinn des Verulams geweſen, wenn er auf
eine ausgeſchloſſene Luft drang. Eine Frauensperſon
von 115 Jahren lebte nach dem Plot in einer Hoͤle. Die
Waͤrme beſcheunigt das Leben der Jnſekten, und die Kaͤlte
verlaͤngert es (a), ob man gleich das lezzte vom Menſchen
nicht mit Sicherheit behaupten kann.

Eine
(a) [Spaltenumbruch] REAUMUR T. II. Mem. I.
Die Baͤume ſind in Norden von
[Spaltenumbruch] 150 Jahren unreif, in Suͤden in
100 Jahren reif. HAMEL exploit I.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f1027" n="973[975]"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;. Der Zu&#x017F;tand des Men&#x017F;chen.</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 20.<lb/><hi rendition="#b">Die Ur&#x017F;achen des langen Lebens.</hi></head><lb/>
              <p>Jch werde nunmehr den Ver&#x017F;uch machen, aus dem-<lb/>
jenigen, was ich bisher erza&#x0364;hlt habe, die Ur&#x017F;achen aus-<lb/>
fu&#x0364;ndig zu machen, welche dazu Anlaß geben, daß einige<lb/>
Sterbliche von dem allgemeinen Schikk&#x017F;ale Ausnahmen<lb/>
&#x017F;ind.</p><lb/>
              <p>Einige die&#x017F;er Ur&#x017F;achen liegen au&#x017F;&#x017F;er uns. Un&#x017F;ere<lb/>
Sorgen ko&#x0364;nnen es nemlich nicht verhindern, daß uns<lb/>
nicht bo&#x0364;sartige Blattern, oder die Pe&#x017F;t, &#x017F;o ganze La&#x0364;nder<lb/>
entvo&#x0364;lkert, oder faule epidemi&#x017F;che Fieber zu&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollten.<lb/>
Die&#x017F;e Uebel ver&#x017F;chonen keine Con&#x017F;titutionen, und &#x017F;ie raf-<lb/>
fen auch die ge&#x017F;unde&#x017F;ten dahin.</p><lb/>
              <p>So wenig ko&#x0364;nnen wir auch die za&#x0364;hrenden Sorgen<lb/>
welche von den Schmerzen des Ko&#x0364;rpers, oder aus der<lb/>
anhaltenden Fortdauer der Unglu&#x0364;kksfa&#x0364;lle ent&#x017F;tehen, von<lb/>
uns entfernen.</p><lb/>
              <p>Au&#x017F;&#x017F;er un&#x017F;erer Gewalt i&#x017F;t die Be&#x017F;chaffenheit der Him-<lb/>
mels&#x017F;triche, die ge&#x017F;unde Lage der Gegenden, und von<lb/>
die&#x017F;en &#x017F;chikkt &#x017F;ich, &#x017F;onderlich fu&#x0364;r die jungen Leute die nord-<lb/>
liche, oder ein Himmels&#x017F;trich von etwa funfzig Graden,<lb/>
bei welchem man &#x017F;ich weniger vor hizzigen Krankheiten<lb/>
zu fu&#x0364;rchten hat. Bei welchem das Herz weniger Reize<lb/>
zu ge&#x017F;chwinden Puls&#x017F;chla&#x0364;gen fu&#x0364;hlt, und wo &#x017F;ich der<lb/>
Ko&#x0364;rper nicht &#x017F;ehr ge&#x017F;chwind entwikkelt. Jch glaube, daß<lb/>
die&#x017F;es der Sinn des <hi rendition="#fr">Verulams</hi> gewe&#x017F;en, wenn er auf<lb/>
eine <hi rendition="#fr">ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene</hi> Luft drang. Eine Frauensper&#x017F;on<lb/>
von 115 Jahren lebte nach dem <hi rendition="#fr">Plot</hi> in einer Ho&#x0364;le. Die<lb/>
Wa&#x0364;rme be&#x017F;cheunigt das Leben der Jn&#x017F;ekten, und die Ka&#x0364;lte<lb/>
verla&#x0364;ngert es <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">REAUMUR T. II. Mem. I.</hi><lb/>
Die Ba&#x0364;ume &#x017F;ind in Norden von<lb/><cb/>
150 Jahren unreif, in Su&#x0364;den in<lb/>
100 Jahren reif. <hi rendition="#aq">HAMEL exploit I.</hi></note>, ob man gleich das lezzte vom Men&#x017F;chen<lb/>
nicht mit Sicherheit behaupten kann.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Eine</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[973[975]/1027] III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen. §. 20. Die Urſachen des langen Lebens. Jch werde nunmehr den Verſuch machen, aus dem- jenigen, was ich bisher erzaͤhlt habe, die Urſachen aus- fuͤndig zu machen, welche dazu Anlaß geben, daß einige Sterbliche von dem allgemeinen Schikkſale Ausnahmen ſind. Einige dieſer Urſachen liegen auſſer uns. Unſere Sorgen koͤnnen es nemlich nicht verhindern, daß uns nicht boͤsartige Blattern, oder die Peſt, ſo ganze Laͤnder entvoͤlkert, oder faule epidemiſche Fieber zuſtoſſen ſollten. Dieſe Uebel verſchonen keine Conſtitutionen, und ſie raf- fen auch die geſundeſten dahin. So wenig koͤnnen wir auch die zaͤhrenden Sorgen welche von den Schmerzen des Koͤrpers, oder aus der anhaltenden Fortdauer der Ungluͤkksfaͤlle entſtehen, von uns entfernen. Auſſer unſerer Gewalt iſt die Beſchaffenheit der Him- melsſtriche, die geſunde Lage der Gegenden, und von dieſen ſchikkt ſich, ſonderlich fuͤr die jungen Leute die nord- liche, oder ein Himmelsſtrich von etwa funfzig Graden, bei welchem man ſich weniger vor hizzigen Krankheiten zu fuͤrchten hat. Bei welchem das Herz weniger Reize zu geſchwinden Pulsſchlaͤgen fuͤhlt, und wo ſich der Koͤrper nicht ſehr geſchwind entwikkelt. Jch glaube, daß dieſes der Sinn des Verulams geweſen, wenn er auf eine ausgeſchloſſene Luft drang. Eine Frauensperſon von 115 Jahren lebte nach dem Plot in einer Hoͤle. Die Waͤrme beſcheunigt das Leben der Jnſekten, und die Kaͤlte verlaͤngert es (a), ob man gleich das lezzte vom Menſchen nicht mit Sicherheit behaupten kann. Eine (a) REAUMUR T. II. Mem. I. Die Baͤume ſind in Norden von 150 Jahren unreif, in Suͤden in 100 Jahren reif. HAMEL exploit I.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1027
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 973[975]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1027>, abgerufen am 19.04.2024.