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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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Die Frucht. XXIX. B.
nicht grösser als eine Ameise, sie lag in einem ungeheu-
ren Eye (u) und in einem halben Pfunde Wasser.

§. 26.
Diese Berichte finden nicht wohl statt.

Jch übergehe die übrige zu diesem Artikel gehörende
Berichte, weil mir, wenn ich davon meine Gedanken
sagen darf, viele darunter sehr verdächtig vorkommen;
einige sind sogar offenbar falsch (a), und andre müssen
auf einen andern und weit spätern Tag verlegt werden.

Findt man, daß mein Ausspruch hart ist, so muß
ich sagen, daß er eigentlich nicht von mir herrührt.
Es erinnerte nämlich zuerst Harvey (b), daß den ersten
Monat von der menschlichen Frucht noch nichts bekannt
sey, noch sich durch Vergrösserungsgläser unterscheiden
lasse, und dennoch ist dieser in allen Fächern der Arznei-
kunde, und so auch im Zeugungswerke ein wichtiger
Schriftsteller.

Nach ihm schreibet, der vornehmste Jnsektenerfor-
scher, Johann Swammerdam (c), daß man erst
nach der fünften Woche in der Schnekke Eyerchen sehen
könne, und die ein monatliche Frucht sey nicht grösser,
als die, so Kerkring für eine von ein und zwanzig Ta-
gen ausgegeben (d). Eben so zog auch Hartmann (e)
die Graafische Versuche in Zweifel.

Ueberhaupt
(u) [Spaltenumbruch] PINAEUS p. 138. ic. 3. daß
dieses eine fälsche Geschichte sey,
zeigte bereits RIOLANUS p. 380.
(a) Dahin rechne ich das ovum
HIPPOCRATICUM;
denn es hat
weder ein Ey von sieben Tagen
diese Grösse, noch kann es durchs
Springen fortgetrieben werden.
[Spaltenumbruch] Dergleichen erinnert VALISNERI
c. 21. n.
6.
(b) p. 184. Nicht vor dem zwan-
zigsten Tage RIOLAN. p. 386.
(c) Bibl. p. 132.
(d) PRODR. p. 25. er sagt noch,
daß die Figur anders sey.
(e) n. 11. 12. 13. &c. RUYSCH.
HARTMANNUS.

Die Frucht. XXIX. B.
nicht groͤſſer als eine Ameiſe, ſie lag in einem ungeheu-
ren Eye (u) und in einem halben Pfunde Waſſer.

§. 26.
Dieſe Berichte finden nicht wohl ſtatt.

Jch uͤbergehe die uͤbrige zu dieſem Artikel gehoͤrende
Berichte, weil mir, wenn ich davon meine Gedanken
ſagen darf, viele darunter ſehr verdaͤchtig vorkommen;
einige ſind ſogar offenbar falſch (a), und andre muͤſſen
auf einen andern und weit ſpaͤtern Tag verlegt werden.

Findt man, daß mein Ausſpruch hart iſt, ſo muß
ich ſagen, daß er eigentlich nicht von mir herruͤhrt.
Es erinnerte naͤmlich zuerſt Harvey (b), daß den erſten
Monat von der menſchlichen Frucht noch nichts bekannt
ſey, noch ſich durch Vergroͤſſerungsglaͤſer unterſcheiden
laſſe, und dennoch iſt dieſer in allen Faͤchern der Arznei-
kunde, und ſo auch im Zeugungswerke ein wichtiger
Schriftſteller.

Nach ihm ſchreibet, der vornehmſte Jnſektenerfor-
ſcher, Johann Swammerdam (c), daß man erſt
nach der fuͤnften Woche in der Schnekke Eyerchen ſehen
koͤnne, und die ein monatliche Frucht ſey nicht groͤſſer,
als die, ſo Kerkring fuͤr eine von ein und zwanzig Ta-
gen ausgegeben (d). Eben ſo zog auch Hartmann (e)
die Graafiſche Verſuche in Zweifel.

Ueberhaupt
(u) [Spaltenumbruch] PINAEUS p. 138. ic. 3. daß
dieſes eine faͤlſche Geſchichte ſey,
zeigte bereits RIOLANUS p. 380.
(a) Dahin rechne ich das ovum
HIPPOCRATICUM;
denn es hat
weder ein Ey von ſieben Tagen
dieſe Groͤſſe, noch kann es durchs
Springen fortgetrieben werden.
[Spaltenumbruch] Dergleichen erinnert VALISNERI
c. 21. n.
6.
(b) p. 184. Nicht vor dem zwan-
zigſten Tage RIOLAN. p. 386.
(c) Bibl. p. 132.
(d) PRODR. p. 25. er ſagt noch,
daß die Figur anders ſey.
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HARTMANNUS.
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[96/0148] Die Frucht. XXIX. B. nicht groͤſſer als eine Ameiſe, ſie lag in einem ungeheu- ren Eye (u) und in einem halben Pfunde Waſſer. §. 26. Dieſe Berichte finden nicht wohl ſtatt. Jch uͤbergehe die uͤbrige zu dieſem Artikel gehoͤrende Berichte, weil mir, wenn ich davon meine Gedanken ſagen darf, viele darunter ſehr verdaͤchtig vorkommen; einige ſind ſogar offenbar falſch (a), und andre muͤſſen auf einen andern und weit ſpaͤtern Tag verlegt werden. Findt man, daß mein Ausſpruch hart iſt, ſo muß ich ſagen, daß er eigentlich nicht von mir herruͤhrt. Es erinnerte naͤmlich zuerſt Harvey (b), daß den erſten Monat von der menſchlichen Frucht noch nichts bekannt ſey, noch ſich durch Vergroͤſſerungsglaͤſer unterſcheiden laſſe, und dennoch iſt dieſer in allen Faͤchern der Arznei- kunde, und ſo auch im Zeugungswerke ein wichtiger Schriftſteller. Nach ihm ſchreibet, der vornehmſte Jnſektenerfor- ſcher, Johann Swammerdam (c), daß man erſt nach der fuͤnften Woche in der Schnekke Eyerchen ſehen koͤnne, und die ein monatliche Frucht ſey nicht groͤſſer, als die, ſo Kerkring fuͤr eine von ein und zwanzig Ta- gen ausgegeben (d). Eben ſo zog auch Hartmann (e) die Graafiſche Verſuche in Zweifel. Ueberhaupt (u) PINAEUS p. 138. ic. 3. daß dieſes eine faͤlſche Geſchichte ſey, zeigte bereits RIOLANUS p. 380. (a) Dahin rechne ich das ovum HIPPOCRATICUM; denn es hat weder ein Ey von ſieben Tagen dieſe Groͤſſe, noch kann es durchs Springen fortgetrieben werden. Dergleichen erinnert VALISNERI c. 21. n. 6. (b) p. 184. Nicht vor dem zwan- zigſten Tage RIOLAN. p. 386. (c) Bibl. p. 132. (d) PRODR. p. 25. er ſagt noch, daß die Figur anders ſey. (e) n. 11. 12. 13. &c. RUYSCH. HARTMANNUS.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/148>, abgerufen am 29.03.2024.