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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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II. Abs. Anfänge des Thieres.
rungssäfte, und deren starker oder schwacher Zufluß,
und Trieb, und andere, weniger bekannte Ursachen,
ihren Einfluß behalten, um die Struktur der Theile
auf allerlei Arten zu verändern, dennoch aber auch in
ihren Schranken eingeschlossen zu bleiben. So wird
niemals eine Tulpenzwiebel, eine Lilie, und der Mensch
niemals eine Kazze hervorbringen.

Nimmt man dieses alles zusammen, so kann ich
den Muttermälern wenig Gewalt verstatten, und mich
darüber nicht ehe völlig erklären, als bis ich zuverläßige-
re Exempel von einem vorausgesehenen, und vorausan-
gekündigten Muttermale mit Augen gesehen (k).

§. 27.
Die Entwikkelung.

Wenn wir an den Muttermälern keinen gründlichen
Beweis (a) von einer bildenden Seele finden: wenn
den vortreflichen Bau eines thierischen Körpers, weder
der Zufall (b) noch irgend eine blinde Kraft hervorzu-
bringen vermag, vermöge welcher sich die unorgani-
sche
Theile einander anziehen sollen (c), so bleibt uns
nur noch das einzige übrig, daß die Frucht in dem Ge-
schäfte der Empfängnis ihren Bau und Zusammensez-
zung bekommen haben muß. Und auch diese Hypothese
müssen wir nunmehr ins Verhör ziehen.

Sie ist an sich wegen ihrer Leichtigkeit einschmeichelnd.
Wenn sich der Anfang der Frucht in der Mutter befin-
det; wenn diese im Eye (d) gebildet, und in sofern
vollkommen ist, so daß sie blos eine Nahrung bedarf,
um weiter wachsen zu können, so wird dadurch die äus-

serste
(k) [Spaltenumbruch] Weitläuftig L. MURATORI
della fantasia p.
153.
(a) n. 24. 25. 26.
(b) [Spaltenumbruch] p. 106. 112. 118.
(c) p. 122.
(d) p. 91. u. s. f.
Q 3

II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
rungsſaͤfte, und deren ſtarker oder ſchwacher Zufluß,
und Trieb, und andere, weniger bekannte Urſachen,
ihren Einfluß behalten, um die Struktur der Theile
auf allerlei Arten zu veraͤndern, dennoch aber auch in
ihren Schranken eingeſchloſſen zu bleiben. So wird
niemals eine Tulpenzwiebel, eine Lilie, und der Menſch
niemals eine Kazze hervorbringen.

Nimmt man dieſes alles zuſammen, ſo kann ich
den Muttermaͤlern wenig Gewalt verſtatten, und mich
daruͤber nicht ehe voͤllig erklaͤren, als bis ich zuverlaͤßige-
re Exempel von einem vorausgeſehenen, und vorausan-
gekuͤndigten Muttermale mit Augen geſehen (k).

§. 27.
Die Entwikkelung.

Wenn wir an den Muttermaͤlern keinen gruͤndlichen
Beweis (a) von einer bildenden Seele finden: wenn
den vortreflichen Bau eines thieriſchen Koͤrpers, weder
der Zufall (b) noch irgend eine blinde Kraft hervorzu-
bringen vermag, vermoͤge welcher ſich die unorgani-
ſche
Theile einander anziehen ſollen (c), ſo bleibt uns
nur noch das einzige uͤbrig, daß die Frucht in dem Ge-
ſchaͤfte der Empfaͤngnis ihren Bau und Zuſammenſez-
zung bekommen haben muß. Und auch dieſe Hypotheſe
muͤſſen wir nunmehr ins Verhoͤr ziehen.

Sie iſt an ſich wegen ihrer Leichtigkeit einſchmeichelnd.
Wenn ſich der Anfang der Frucht in der Mutter befin-
det; wenn dieſe im Eye (d) gebildet, und in ſofern
vollkommen iſt, ſo daß ſie blos eine Nahrung bedarf,
um weiter wachſen zu koͤnnen, ſo wird dadurch die aͤuſ-

ſerſte
(k) [Spaltenumbruch] Weitlaͤuftig L. MURATORI
della fantaſia p.
153.
(a) n. 24. 25. 26.
(b) [Spaltenumbruch] p. 106. 112. 118.
(c) p. 122.
(d) p. 91. u. ſ. f.
Q 3
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[245/0297] II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres. rungsſaͤfte, und deren ſtarker oder ſchwacher Zufluß, und Trieb, und andere, weniger bekannte Urſachen, ihren Einfluß behalten, um die Struktur der Theile auf allerlei Arten zu veraͤndern, dennoch aber auch in ihren Schranken eingeſchloſſen zu bleiben. So wird niemals eine Tulpenzwiebel, eine Lilie, und der Menſch niemals eine Kazze hervorbringen. Nimmt man dieſes alles zuſammen, ſo kann ich den Muttermaͤlern wenig Gewalt verſtatten, und mich daruͤber nicht ehe voͤllig erklaͤren, als bis ich zuverlaͤßige- re Exempel von einem vorausgeſehenen, und vorausan- gekuͤndigten Muttermale mit Augen geſehen (k). §. 27. Die Entwikkelung. Wenn wir an den Muttermaͤlern keinen gruͤndlichen Beweis (a) von einer bildenden Seele finden: wenn den vortreflichen Bau eines thieriſchen Koͤrpers, weder der Zufall (b) noch irgend eine blinde Kraft hervorzu- bringen vermag, vermoͤge welcher ſich die unorgani- ſche Theile einander anziehen ſollen (c), ſo bleibt uns nur noch das einzige uͤbrig, daß die Frucht in dem Ge- ſchaͤfte der Empfaͤngnis ihren Bau und Zuſammenſez- zung bekommen haben muß. Und auch dieſe Hypotheſe muͤſſen wir nunmehr ins Verhoͤr ziehen. Sie iſt an ſich wegen ihrer Leichtigkeit einſchmeichelnd. Wenn ſich der Anfang der Frucht in der Mutter befin- det; wenn dieſe im Eye (d) gebildet, und in ſofern vollkommen iſt, ſo daß ſie blos eine Nahrung bedarf, um weiter wachſen zu koͤnnen, ſo wird dadurch die aͤuſ- ſerſte (k) Weitlaͤuftig L. MURATORI della fantaſia p. 153. (a) n. 24. 25. 26. (b) p. 106. 112. 118. (c) p. 122. (d) p. 91. u. ſ. f. Q 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/297>, abgerufen am 24.04.2024.