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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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Leben u. Tod der Menschen. XXX. B.

Die Ursache davon ist diese. Es bestehet nämlich fast
die halbe Länge eines Menschen aus den Wirbelbeinen,
welche dergestalt übereinander liegen, daß zwischen ihnen
kleine Wirbelscheiben, so aus elastischen halbknorpligen
Bändern gemacht sind, liegen, welche den Körper eines
jeden Wirbelbeins, sowol von oben als von unten unter-
futtern.

Da diese Scheiben nun so beschaffen sind, daß sie sich
zusammendrükken lassen, so sinken sie bei Tage wegen der
Last des obern Körpers, von der der untere Körper ge-
drükkt wird, herab, sie werden davon gedrükkt, und es
verliert eine jede Scheibe etwas von ihrer Dikke, und
zwar die untersten Lendenwirbel mehr, da sie zugleich die
dikksten von allen sind, die öbersten weniger.

Dieser Unterscheid in der Dikke der Zwischenscheiben
in den Wirbelbeinen, welcher sich des Morgens zeigt,
und von dem Drukke bei Tage vermindert worden, war
es, welcher die Verschiedenheiten in dem Maasse her-
vorbrachte.

Die Nacht über, wenn der Körper ausgestrekkt ruht,
und wenn nunmehr die untern Wirbelbeine von den obern
nichts leiden, entwikkeln eben diese Scheiben ihre ela-
stische Kraft wieder, sie treiben sich wechselweise ausein-
ander wieder, sie drängen sich aufwärts gegen den Kopf
hinauf von dem Atlas zurükke, und treiben das Bekken
von dem untersten Lendenwirbelbeine hernieder.

§. 20.
Die Simmetrie.

Jch übergehe hier eine unendliche Menge schöner
Betrachtungen, die Aehnlichkeit der Kinder (a), die
Unähnlichkeit unter den Erwachsenen, welche gemeinig-

lich
(a) [Spaltenumbruch] LORRY alim. II. p. 104.
105. auch in Brasilien sei die Ver-
schiedenheit der Gesichter kleiner
[Spaltenumbruch] als in Europa. MONTANUS
p.
364.
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.

Die Urſache davon iſt dieſe. Es beſtehet naͤmlich faſt
die halbe Laͤnge eines Menſchen aus den Wirbelbeinen,
welche dergeſtalt uͤbereinander liegen, daß zwiſchen ihnen
kleine Wirbelſcheiben, ſo aus elaſtiſchen halbknorpligen
Baͤndern gemacht ſind, liegen, welche den Koͤrper eines
jeden Wirbelbeins, ſowol von oben als von unten unter-
futtern.

Da dieſe Scheiben nun ſo beſchaffen ſind, daß ſie ſich
zuſammendruͤkken laſſen, ſo ſinken ſie bei Tage wegen der
Laſt des obern Koͤrpers, von der der untere Koͤrper ge-
druͤkkt wird, herab, ſie werden davon gedruͤkkt, und es
verliert eine jede Scheibe etwas von ihrer Dikke, und
zwar die unterſten Lendenwirbel mehr, da ſie zugleich die
dikkſten von allen ſind, die oͤberſten weniger.

Dieſer Unterſcheid in der Dikke der Zwiſchenſcheiben
in den Wirbelbeinen, welcher ſich des Morgens zeigt,
und von dem Drukke bei Tage vermindert worden, war
es, welcher die Verſchiedenheiten in dem Maaſſe her-
vorbrachte.

Die Nacht uͤber, wenn der Koͤrper ausgeſtrekkt ruht,
und wenn nunmehr die untern Wirbelbeine von den obern
nichts leiden, entwikkeln eben dieſe Scheiben ihre ela-
ſtiſche Kraft wieder, ſie treiben ſich wechſelweiſe ausein-
ander wieder, ſie draͤngen ſich aufwaͤrts gegen den Kopf
hinauf von dem Atlas zuruͤkke, und treiben das Bekken
von dem unterſten Lendenwirbelbeine hernieder.

§. 20.
Die Simmetrie.

Jch uͤbergehe hier eine unendliche Menge ſchoͤner
Betrachtungen, die Aehnlichkeit der Kinder (a), die
Unaͤhnlichkeit unter den Erwachſenen, welche gemeinig-

lich
(a) [Spaltenumbruch] LORRY alim. II. p. 104.
105. auch in Braſilien ſei die Ver-
ſchiedenheit der Geſichter kleiner
[Spaltenumbruch] als in Europa. MONTANUS
p.
364.
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[854[856]/0908] Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B. Die Urſache davon iſt dieſe. Es beſtehet naͤmlich faſt die halbe Laͤnge eines Menſchen aus den Wirbelbeinen, welche dergeſtalt uͤbereinander liegen, daß zwiſchen ihnen kleine Wirbelſcheiben, ſo aus elaſtiſchen halbknorpligen Baͤndern gemacht ſind, liegen, welche den Koͤrper eines jeden Wirbelbeins, ſowol von oben als von unten unter- futtern. Da dieſe Scheiben nun ſo beſchaffen ſind, daß ſie ſich zuſammendruͤkken laſſen, ſo ſinken ſie bei Tage wegen der Laſt des obern Koͤrpers, von der der untere Koͤrper ge- druͤkkt wird, herab, ſie werden davon gedruͤkkt, und es verliert eine jede Scheibe etwas von ihrer Dikke, und zwar die unterſten Lendenwirbel mehr, da ſie zugleich die dikkſten von allen ſind, die oͤberſten weniger. Dieſer Unterſcheid in der Dikke der Zwiſchenſcheiben in den Wirbelbeinen, welcher ſich des Morgens zeigt, und von dem Drukke bei Tage vermindert worden, war es, welcher die Verſchiedenheiten in dem Maaſſe her- vorbrachte. Die Nacht uͤber, wenn der Koͤrper ausgeſtrekkt ruht, und wenn nunmehr die untern Wirbelbeine von den obern nichts leiden, entwikkeln eben dieſe Scheiben ihre ela- ſtiſche Kraft wieder, ſie treiben ſich wechſelweiſe ausein- ander wieder, ſie draͤngen ſich aufwaͤrts gegen den Kopf hinauf von dem Atlas zuruͤkke, und treiben das Bekken von dem unterſten Lendenwirbelbeine hernieder. §. 20. Die Simmetrie. Jch uͤbergehe hier eine unendliche Menge ſchoͤner Betrachtungen, die Aehnlichkeit der Kinder (a), die Unaͤhnlichkeit unter den Erwachſenen, welche gemeinig- lich (a) LORRY alim. II. p. 104. 105. auch in Braſilien ſei die Ver- ſchiedenheit der Geſichter kleiner als in Europa. MONTANUS p. 364.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 854[856]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/908>, abgerufen am 20.04.2024.