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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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II. Abs. Anfänge des Thieres.
rühren (c); so wird doch in Ewigkeit daraus keine Ord-
nung erwachsen. Schreibt man ihnen endlich Empfin-
dung zu, so daß sie keine andere Berührung vertragen,
als wenn gleichartige Stoffe auf einander zutreffen (d),
so wird doch nichts anders, als ein Kanal von Fasern,
und ein verwikkeltes Nezze von Schlagaderröhrchen, und
ein Klumpen von Nerven und Knochen daraus hervor
kommen. Sie wenden zwar ein, daß es Gesezze gebe (e),
warum sie sich nicht anders, als nach der vorigen Ord-
nung zusammenwachsen könnten. Man siehet aber
leichtlich ein, daß sich unsere berühmte Männer blos
hinter Finsternisse verstekken. Wir müssen hier eine
weise Ursache haben (f), welche eine taugliche Materie,
nach vorherüberlegten Absichten anzuwenden, die Macht
besizt.

§. 19.
Die Aehnlichkeiten.

Noch bleibt uns der schwerste Punkt zu beurtheilen
übrig. Gewis ist es, daß es sehr viele Früchte giebt,
welche ihren Aeltern unähnlich sind: daß es an der
Frucht Theile giebt, welche die Mutter nicht hatte,
welche der Vater nicht aufzuzeigen wuste, welche folglich
keiner der beiden Aeltern liefern konnten.

Wir sahen das Exempel von einem Verstümmel-
ten (a) vor uns, dessen Frucht die Mutter die eine
Hand nicht mittheilen kann, denn es ist dieses keine
Weiberhand; oder man weis auch von Personen mit

einer
(c) [Spaltenumbruch] VAN. der MONDE Art.
de perfectionner l'espece humaine
p.
146.
(d) GODART de l'ame p. 143.
(e) PANCOUKE 64. 200. 203.
(f) Preface de l' historie na-
turelle p.
40. u. f. Lettres Amer.
[Spaltenumbruch] T. VIII. p.
212. u. s. f. BONNET
Corps organises I. p.
99.
(a) Von krüppligen werden voll-
ständige gezeugt. ARISTOT. hist.
anim. L. VII. c.
6.
O 2

II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
ruͤhren (c); ſo wird doch in Ewigkeit daraus keine Ord-
nung erwachſen. Schreibt man ihnen endlich Empfin-
dung zu, ſo daß ſie keine andere Beruͤhrung vertragen,
als wenn gleichartige Stoffe auf einander zutreffen (d),
ſo wird doch nichts anders, als ein Kanal von Faſern,
und ein verwikkeltes Nezze von Schlagaderroͤhrchen, und
ein Klumpen von Nerven und Knochen daraus hervor
kommen. Sie wenden zwar ein, daß es Geſezze gebe (e),
warum ſie ſich nicht anders, als nach der vorigen Ord-
nung zuſammenwachſen koͤnnten. Man ſiehet aber
leichtlich ein, daß ſich unſere beruͤhmte Maͤnner blos
hinter Finſterniſſe verſtekken. Wir muͤſſen hier eine
weiſe Urſache haben (f), welche eine taugliche Materie,
nach vorheruͤberlegten Abſichten anzuwenden, die Macht
beſizt.

§. 19.
Die Aehnlichkeiten.

Noch bleibt uns der ſchwerſte Punkt zu beurtheilen
uͤbrig. Gewis iſt es, daß es ſehr viele Fruͤchte giebt,
welche ihren Aeltern unaͤhnlich ſind: daß es an der
Frucht Theile giebt, welche die Mutter nicht hatte,
welche der Vater nicht aufzuzeigen wuſte, welche folglich
keiner der beiden Aeltern liefern konnten.

Wir ſahen das Exempel von einem Verſtuͤmmel-
ten (a) vor uns, deſſen Frucht die Mutter die eine
Hand nicht mittheilen kann, denn es iſt dieſes keine
Weiberhand; oder man weis auch von Perſonen mit

einer
(c) [Spaltenumbruch] VAN. der MONDE Art.
de perfectionner l’eſpèce humaine
p.
146.
(d) GODART de l’ame p. 143.
(e) PANCOUKE 64. 200. 203.
(f) Prèface de l’ hiſtorie na-
turelle p.
40. u. f. Lettres Amer.
[Spaltenumbruch] T. VIII. p.
212. u. ſ. f. BONNET
Corps organiſes I. p.
99.
(a) Von kruͤppligen werden voll-
ſtaͤndige gezeugt. ARISTOT. hiſt.
anim. L. VII. c.
6.
O 2
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[211/0263] II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres. ruͤhren (c); ſo wird doch in Ewigkeit daraus keine Ord- nung erwachſen. Schreibt man ihnen endlich Empfin- dung zu, ſo daß ſie keine andere Beruͤhrung vertragen, als wenn gleichartige Stoffe auf einander zutreffen (d), ſo wird doch nichts anders, als ein Kanal von Faſern, und ein verwikkeltes Nezze von Schlagaderroͤhrchen, und ein Klumpen von Nerven und Knochen daraus hervor kommen. Sie wenden zwar ein, daß es Geſezze gebe (e), warum ſie ſich nicht anders, als nach der vorigen Ord- nung zuſammenwachſen koͤnnten. Man ſiehet aber leichtlich ein, daß ſich unſere beruͤhmte Maͤnner blos hinter Finſterniſſe verſtekken. Wir muͤſſen hier eine weiſe Urſache haben (f), welche eine taugliche Materie, nach vorheruͤberlegten Abſichten anzuwenden, die Macht beſizt. §. 19. Die Aehnlichkeiten. Noch bleibt uns der ſchwerſte Punkt zu beurtheilen uͤbrig. Gewis iſt es, daß es ſehr viele Fruͤchte giebt, welche ihren Aeltern unaͤhnlich ſind: daß es an der Frucht Theile giebt, welche die Mutter nicht hatte, welche der Vater nicht aufzuzeigen wuſte, welche folglich keiner der beiden Aeltern liefern konnten. Wir ſahen das Exempel von einem Verſtuͤmmel- ten (a) vor uns, deſſen Frucht die Mutter die eine Hand nicht mittheilen kann, denn es iſt dieſes keine Weiberhand; oder man weis auch von Perſonen mit einer (c) VAN. der MONDE Art. de perfectionner l’eſpèce humaine p. 146. (d) GODART de l’ame p. 143. (e) PANCOUKE 64. 200. 203. (f) Prèface de l’ hiſtorie na- turelle p. 40. u. f. Lettres Amer. T. VIII. p. 212. u. ſ. f. BONNET Corps organiſes I. p. 99. (a) Von kruͤppligen werden voll- ſtaͤndige gezeugt. ARISTOT. hiſt. anim. L. VII. c. 6. O 2

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/263>, abgerufen am 19.04.2024.