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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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Die Frucht. XXIX. B.
sey derjenige Theil des Mutterblutes, welcher sich für
die wiederaufnehmende Gefässe der Frucht schikke. P.
S. Rouhault (r) rechnet dazu den zwanzigsten Theil,
indem in der That mehr Mutterblut durch die Blutadern
zurükke läuft.

Wegen der Farbe mag ich nichts entscheiden. Jn-
dessen scheinet doch die Grösse der Schlagadergefässe, so
vom Röderer an der äussern Fruchthaut (s), noch mehr
aber die vom Albin (t), gezeichnet werden: ferner die
plözzliche Blutungen, welche auf den, noch so glükklich
abgelösten Mutterkuchen, auch bei der besten Geburt,
erfolgen, mehr ein Blut, als zarte Säfte vermuthen
zu lassen.

Folglich ist demohngeachtet doch zu vermuthen, daß
das Blut, oder die Nahrung, durch den Nabel der Frucht
zufliesse, nicht daß der Nabel der einzige Weg sey, wie
doch viele berühmte Männer glauben (v); sondern man
siehet noch eine andere Nebenstrasse, indem das Amnions-
wasser die Frucht durch den Mund ernähret (x), es mag
übrigens dieser Saft entstehen wie er will.

[Spaltenumbruch]

So
läuft aus diesen Fächern in die
breite Blutadern des uteri zurükke.
Und nichts geht in die Aeste der
Nabelgefässe über.
Wenn die Nabelschlagadern mit
farbigen Säften angefüllt wird,
indessen daß der Kuchen einiger-
maassen noch am utero feste hängt,
denn füllen sich alle Aeste der Na-
belschlagadern und Blutadern an,
und zwar sehr leicht; doch gehet
nichts in die Gefässe des uteri über,
ausser wenn sich die Flüßigkeit in
die Fächer des Kuchens ergießt.
Denn indem der Kuchen am
utero hängt, und man alsdenn
ein Röhrchen in den cellulösen Theil
des Kuchens stekkt, und Luft, Was-
ser, oder einen dünnen flüßigen
Saft oder Wachs einsprizzt, als-
[Spaltenumbruch] denn füllen sich die grossen Schlag-
adern und Blutadern des uteri
eben so leicht an, als die angefüllt
seyn würden, durch ein Röhrchen,
so man in den Stamm der Saa-
menader, oder der Unterbauchs-
schlagader stekken wollte.
(r) Mem. de 1715. p. 100.
(s) t. 6. f.
(t) t. 7. uter. gravid.
(v) COLUMBUS. LAUREN-
TIUS. MERY. VATER physiol.
p. 727. Chr. BERNHARD de nu-
trit. fet. per. funicul. Halae 1732.
LEVRET p. 71. MONRO. ROE-
DERER.
(x) HARVEI überall BARTHO-
LIN anat. renov. p. 291. SEGER
Orthox. HIPPOCR. p. 12. DRE-
LINCOURT perioch. 35. GRAAF

p. 288

Die Frucht. XXIX. B.
ſey derjenige Theil des Mutterblutes, welcher ſich fuͤr
die wiederaufnehmende Gefaͤſſe der Frucht ſchikke. P.
S. Rouhault (r) rechnet dazu den zwanzigſten Theil,
indem in der That mehr Mutterblut durch die Blutadern
zuruͤkke laͤuft.

Wegen der Farbe mag ich nichts entſcheiden. Jn-
deſſen ſcheinet doch die Groͤſſe der Schlagadergefaͤſſe, ſo
vom Roͤderer an der aͤuſſern Fruchthaut (s), noch mehr
aber die vom Albin (t), gezeichnet werden: ferner die
ploͤzzliche Blutungen, welche auf den, noch ſo gluͤkklich
abgeloͤſten Mutterkuchen, auch bei der beſten Geburt,
erfolgen, mehr ein Blut, als zarte Saͤfte vermuthen
zu laſſen.

Folglich iſt demohngeachtet doch zu vermuthen, daß
das Blut, oder die Nahrung, durch den Nabel der Frucht
zuflieſſe, nicht daß der Nabel der einzige Weg ſey, wie
doch viele beruͤhmte Maͤnner glauben (v); ſondern man
ſiehet noch eine andere Nebenſtraſſe, indem das Amnions-
waſſer die Frucht durch den Mund ernaͤhret (x), es mag
uͤbrigens dieſer Saft entſtehen wie er will.

[Spaltenumbruch]

So
laͤuft aus dieſen Faͤchern in die
breite Blutadern des uteri zuruͤkke.
Und nichts geht in die Aeſte der
Nabelgefaͤſſe uͤber.
Wenn die Nabelſchlagadern mit
farbigen Saͤften angefuͤllt wird,
indeſſen daß der Kuchen einiger-
maaſſen noch am utero feſte haͤngt,
denn fuͤllen ſich alle Aeſte der Na-
belſchlagadern und Blutadern an,
und zwar ſehr leicht; doch gehet
nichts in die Gefaͤſſe des uteri uͤber,
auſſer wenn ſich die Fluͤßigkeit in
die Faͤcher des Kuchens ergießt.
Denn indem der Kuchen am
utero haͤngt, und man alsdenn
ein Roͤhrchen in den celluloͤſen Theil
des Kuchens ſtekkt, und Luft, Waſ-
ſer, oder einen duͤnnen fluͤßigen
Saft oder Wachs einſprizzt, als-
[Spaltenumbruch] denn fuͤllen ſich die groſſen Schlag-
adern und Blutadern des uteri
eben ſo leicht an, als die angefuͤllt
ſeyn wuͤrden, durch ein Roͤhrchen,
ſo man in den Stamm der Saa-
menader, oder der Unterbauchs-
ſchlagader ſtekken wollte.
(r) Mem. de 1715. p. 100.
(s) t. 6. f.
(t) t. 7. uter. gravid.
(v) COLUMBUS. LAUREN-
TIUS. MERY. VATER phyſiol.
p. 727. Chr. BERNHARD de nu-
trit. fet. per. funicul. Halae 1732.
LEVRET p. 71. MONRO. ROE-
DERER.
(x) HARVEI uͤberall BARTHO-
LIN anat. renov. p. 291. SEGER
Orthox. HIPPOCR. p. 12. DRE-
LINCOURT perioch. 35. GRAAF

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[416[418]/0470] Die Frucht. XXIX. B. ſey derjenige Theil des Mutterblutes, welcher ſich fuͤr die wiederaufnehmende Gefaͤſſe der Frucht ſchikke. P. S. Rouhault (r) rechnet dazu den zwanzigſten Theil, indem in der That mehr Mutterblut durch die Blutadern zuruͤkke laͤuft. Wegen der Farbe mag ich nichts entſcheiden. Jn- deſſen ſcheinet doch die Groͤſſe der Schlagadergefaͤſſe, ſo vom Roͤderer an der aͤuſſern Fruchthaut (s), noch mehr aber die vom Albin (t), gezeichnet werden: ferner die ploͤzzliche Blutungen, welche auf den, noch ſo gluͤkklich abgeloͤſten Mutterkuchen, auch bei der beſten Geburt, erfolgen, mehr ein Blut, als zarte Saͤfte vermuthen zu laſſen. Folglich iſt demohngeachtet doch zu vermuthen, daß das Blut, oder die Nahrung, durch den Nabel der Frucht zuflieſſe, nicht daß der Nabel der einzige Weg ſey, wie doch viele beruͤhmte Maͤnner glauben (v); ſondern man ſiehet noch eine andere Nebenſtraſſe, indem das Amnions- waſſer die Frucht durch den Mund ernaͤhret (x), es mag uͤbrigens dieſer Saft entſtehen wie er will. So (q) (r) Mem. de 1715. p. 100. (s) t. 6. f. (t) t. 7. uter. gravid. (v) COLUMBUS. LAUREN- TIUS. MERY. VATER phyſiol. p. 727. Chr. BERNHARD de nu- trit. fet. per. funicul. Halae 1732. LEVRET p. 71. MONRO. ROE- DERER. (x) HARVEI uͤberall BARTHO- LIN anat. renov. p. 291. SEGER Orthox. HIPPOCR. p. 12. DRE- LINCOURT perioch. 35. GRAAF p. 288 (q) laͤuft aus dieſen Faͤchern in die breite Blutadern des uteri zuruͤkke. Und nichts geht in die Aeſte der Nabelgefaͤſſe uͤber. Wenn die Nabelſchlagadern mit farbigen Saͤften angefuͤllt wird, indeſſen daß der Kuchen einiger- maaſſen noch am utero feſte haͤngt, denn fuͤllen ſich alle Aeſte der Na- belſchlagadern und Blutadern an, und zwar ſehr leicht; doch gehet nichts in die Gefaͤſſe des uteri uͤber, auſſer wenn ſich die Fluͤßigkeit in die Faͤcher des Kuchens ergießt. Denn indem der Kuchen am utero haͤngt, und man alsdenn ein Roͤhrchen in den celluloͤſen Theil des Kuchens ſtekkt, und Luft, Waſ- ſer, oder einen duͤnnen fluͤßigen Saft oder Wachs einſprizzt, als- denn fuͤllen ſich die groſſen Schlag- adern und Blutadern des uteri eben ſo leicht an, als die angefuͤllt ſeyn wuͤrden, durch ein Roͤhrchen, ſo man in den Stamm der Saa- menader, oder der Unterbauchs- ſchlagader ſtekken wollte.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 416[418]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/470>, abgerufen am 29.03.2024.