Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Frucht. XXIX. B.

So bildete sich an einem Nerven, den man unter-
bunden, innerhalb dreißig Jahren dikke Fasern, welche
die Ergiessung des Saftes getrennet hatte, und ein cellu-
löses Wesen, wie die Mannsruthe enthält (m).

Endlich kann man, auch ohne Krankheiten, in der
jungen Frucht die Bildung des gallertartigen Saftes
zu einem Fadengewebe leichtlich wahrnehmen, wenn
man an einem jungen Hühnchen, die ersten Tage den
Gallert, welcher zwischen der Haut und zwischen dem
Rükkgrade liegt, jeden Tag immer reifer werden sieht,
und mit demjenigen Zustande vergleicht, welcher mit dem
reifen Auskriechen aus dem Eye verbunden ist. Man
wird nemlich an denjenigen Stellen Muskeln und grosse
Gefässe antreffen, wo vorher Gallert war; so hat
sich auch in das Fadengewebe einiges Fett angelegt; man
wird an den Muskeln und deren Faserpäkken zarte cel-
lulöse Fäden, eine ähnliche, um den Gefässen liegende
Scheide, und ein beständiges Band gewar werden, so
von eden dieser Art ist, und die nunmehr gehörig aus-
gebildete Theile zusammenhält.

Jch sehe, daß der berühmte du Hamel in seinen
Schriften zwar von dem Gallerte (n) redet, welcher zwi-
schen dem Holze und der Rinde, in einer flüßigen Ge-
stalt erscheint, und sich in die Rinde verwandelt; er
erinnert aber doch, daß die Schnitte nicht durch irgend
einen Saft, sondern durch ein cellulöses Wesen geheilt
werden, weil dieser Leim im Wasser nicht zerfliesse (o).
Zu dieser Ausflucht vermochte ihn der Zwang seines Si-
stemes; wir weichen indessen in unsern Gedanken nicht
eben sehr von einander ab.

Doch
(m) MOLINELLI aneurysin. p. XIV.
(n) Physic. des arbres II. p. 27. 28. Exploit. des arbr. I. p. 40.
107. conf. p.
(o) Mem. de 1746. p. 327. 331.
Die Frucht. XXIX. B.

So bildete ſich an einem Nerven, den man unter-
bunden, innerhalb dreißig Jahren dikke Faſern, welche
die Ergieſſung des Saftes getrennet hatte, und ein cellu-
loͤſes Weſen, wie die Mannsruthe enthaͤlt (m).

Endlich kann man, auch ohne Krankheiten, in der
jungen Frucht die Bildung des gallertartigen Saftes
zu einem Fadengewebe leichtlich wahrnehmen, wenn
man an einem jungen Huͤhnchen, die erſten Tage den
Gallert, welcher zwiſchen der Haut und zwiſchen dem
Ruͤkkgrade liegt, jeden Tag immer reifer werden ſieht,
und mit demjenigen Zuſtande vergleicht, welcher mit dem
reifen Auskriechen aus dem Eye verbunden iſt. Man
wird nemlich an denjenigen Stellen Muskeln und groſſe
Gefaͤſſe antreffen, wo vorher Gallert war; ſo hat
ſich auch in das Fadengewebe einiges Fett angelegt; man
wird an den Muskeln und deren Faſerpaͤkken zarte cel-
luloͤſe Faͤden, eine aͤhnliche, um den Gefaͤſſen liegende
Scheide, und ein beſtaͤndiges Band gewar werden, ſo
von eden dieſer Art iſt, und die nunmehr gehoͤrig aus-
gebildete Theile zuſammenhaͤlt.

Jch ſehe, daß der beruͤhmte du Hamel in ſeinen
Schriften zwar von dem Gallerte (n) redet, welcher zwi-
ſchen dem Holze und der Rinde, in einer fluͤßigen Ge-
ſtalt erſcheint, und ſich in die Rinde verwandelt; er
erinnert aber doch, daß die Schnitte nicht durch irgend
einen Saft, ſondern durch ein celluloͤſes Weſen geheilt
werden, weil dieſer Leim im Waſſer nicht zerflieſſe (o).
Zu dieſer Ausflucht vermochte ihn der Zwang ſeines Si-
ſtemes; wir weichen indeſſen in unſern Gedanken nicht
eben ſehr von einander ab.

Doch
(m) MOLINELLI aneuryſin. p. XIV.
(n) Phyſic. des arbres II. p. 27. 28. Exploit. des arbr. I. p. 40.
107. conf. p.
(o) Mem. de 1746. p. 327. 331.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0502" n="448[450]"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Frucht. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi> </fw><lb/>
              <p>So bildete &#x017F;ich an einem Nerven, den man unter-<lb/>
bunden, innerhalb dreißig Jahren dikke Fa&#x017F;ern, welche<lb/>
die Ergie&#x017F;&#x017F;ung des Saftes getrennet hatte, und ein cellu-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;es We&#x017F;en, wie die Mannsruthe entha&#x0364;lt <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">MOLINELLI aneury&#x017F;in. p. XIV.</hi></note>.</p><lb/>
              <p>Endlich kann man, auch ohne Krankheiten, in der<lb/>
jungen Frucht die Bildung des gallertartigen Saftes<lb/>
zu einem Fadengewebe leichtlich wahrnehmen, wenn<lb/>
man an einem jungen Hu&#x0364;hnchen, die er&#x017F;ten Tage den<lb/>
Gallert, welcher zwi&#x017F;chen der Haut und zwi&#x017F;chen dem<lb/>
Ru&#x0364;kkgrade liegt, jeden Tag immer reifer werden &#x017F;ieht,<lb/>
und mit demjenigen Zu&#x017F;tande vergleicht, welcher mit dem<lb/>
reifen Auskriechen aus dem Eye verbunden i&#x017F;t. Man<lb/>
wird nemlich an denjenigen Stellen Muskeln und gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e antreffen, wo vorher Gallert war; &#x017F;o hat<lb/>
&#x017F;ich auch in das Fadengewebe einiges Fett angelegt; man<lb/>
wird an den Muskeln und deren Fa&#x017F;erpa&#x0364;kken zarte cel-<lb/>
lulo&#x0364;&#x017F;e Fa&#x0364;den, eine a&#x0364;hnliche, um den Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en liegende<lb/>
Scheide, und ein be&#x017F;ta&#x0364;ndiges Band gewar werden, &#x017F;o<lb/>
von eden die&#x017F;er Art i&#x017F;t, und die nunmehr geho&#x0364;rig aus-<lb/>
gebildete Theile zu&#x017F;ammenha&#x0364;lt.</p><lb/>
              <p>Jch &#x017F;ehe, daß der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#fr">du Hamel</hi> in &#x017F;einen<lb/>
Schriften zwar von dem Gallerte <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">Phy&#x017F;ic. des arbres II. p. 27. 28. Exploit. des arbr. I. p. 40.<lb/>
107. conf. p.</hi></note> redet, welcher zwi-<lb/>
&#x017F;chen dem Holze und der Rinde, in einer flu&#x0364;ßigen Ge-<lb/>
&#x017F;talt er&#x017F;cheint, und &#x017F;ich in die Rinde verwandelt; er<lb/>
erinnert aber doch, daß die Schnitte nicht durch irgend<lb/>
einen Saft, &#x017F;ondern durch ein cellulo&#x0364;&#x017F;es We&#x017F;en geheilt<lb/>
werden, weil die&#x017F;er Leim im Wa&#x017F;&#x017F;er nicht zerflie&#x017F;&#x017F;e <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">Mem. de 1746. p.</hi> 327. 331.</note>.<lb/>
Zu die&#x017F;er Ausflucht vermochte ihn der Zwang &#x017F;eines Si-<lb/>
&#x017F;temes; wir weichen inde&#x017F;&#x017F;en in un&#x017F;ern Gedanken nicht<lb/>
eben &#x017F;ehr von einander ab.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Doch</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[448[450]/0502] Die Frucht. XXIX. B. So bildete ſich an einem Nerven, den man unter- bunden, innerhalb dreißig Jahren dikke Faſern, welche die Ergieſſung des Saftes getrennet hatte, und ein cellu- loͤſes Weſen, wie die Mannsruthe enthaͤlt (m). Endlich kann man, auch ohne Krankheiten, in der jungen Frucht die Bildung des gallertartigen Saftes zu einem Fadengewebe leichtlich wahrnehmen, wenn man an einem jungen Huͤhnchen, die erſten Tage den Gallert, welcher zwiſchen der Haut und zwiſchen dem Ruͤkkgrade liegt, jeden Tag immer reifer werden ſieht, und mit demjenigen Zuſtande vergleicht, welcher mit dem reifen Auskriechen aus dem Eye verbunden iſt. Man wird nemlich an denjenigen Stellen Muskeln und groſſe Gefaͤſſe antreffen, wo vorher Gallert war; ſo hat ſich auch in das Fadengewebe einiges Fett angelegt; man wird an den Muskeln und deren Faſerpaͤkken zarte cel- luloͤſe Faͤden, eine aͤhnliche, um den Gefaͤſſen liegende Scheide, und ein beſtaͤndiges Band gewar werden, ſo von eden dieſer Art iſt, und die nunmehr gehoͤrig aus- gebildete Theile zuſammenhaͤlt. Jch ſehe, daß der beruͤhmte du Hamel in ſeinen Schriften zwar von dem Gallerte (n) redet, welcher zwi- ſchen dem Holze und der Rinde, in einer fluͤßigen Ge- ſtalt erſcheint, und ſich in die Rinde verwandelt; er erinnert aber doch, daß die Schnitte nicht durch irgend einen Saft, ſondern durch ein celluloͤſes Weſen geheilt werden, weil dieſer Leim im Waſſer nicht zerflieſſe (o). Zu dieſer Ausflucht vermochte ihn der Zwang ſeines Si- ſtemes; wir weichen indeſſen in unſern Gedanken nicht eben ſehr von einander ab. Doch (m) MOLINELLI aneuryſin. p. XIV. (n) Phyſic. des arbres II. p. 27. 28. Exploit. des arbr. I. p. 40. 107. conf. p. (o) Mem. de 1746. p. 327. 331.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/502
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 448[450]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/502>, abgerufen am 24.04.2024.