Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Abs. Das Leben der Frucht.
ses gleich nicht so statt findet, und man hier keine wirk-
liche Zalen zu wissen verlangt. Das Herz eines er-
wachsenen Menschen verhält sich zu seinem Körper, wie
12 zu 800, nach eben dieser Berechnung. Diese Ver-
hältnisse sind wie , nemlich wie 243 zu 66; es
verhält sich nemlich das Herz des Hühnchens gegen sei-
nen Körper um viermal grösser als sich das Herz des
erwachsenen Menschen gegen seinen Körper verhält.

Nach meinem Versuche wird demnach das Verhält-
nis des Fruchtherzens grösser seyn. Es ist aber selbi-
ges zugleich äusserst reizbar; es besizzet nemlich dasselbe
Kräfte, sich zusammenzuziehen, und eine Ungedult gegen
alle Reize (c), zu einer Zeit, da der Magen (d), das Ge-
därme, und alle Muskeln gegen alle Reize fühllos sind.

Es klopfet dasselbe ungemein schnell, und verrichtet in
einer Minute gegen hundert und vierzig Schläge (e) (f).

Wenn man in einem erwachsenen Vogel hundert
Pulsschläge macht, denn es sind deren nicht viel weni-
ger, und wenn man das Herz in einem erwachsenen Vo-
gel für Zweifünftheile von dem Herzen der Frucht an-
sieht, so werden in einer gegebenen Zeit durch das Herz
der Frucht 700 Theile Blut, im erwachsenen Vogel
zweihundert, und also mehr als dreimal weniger solcher
Theile hindurch strömen.

Es wird aber das Verhältnis grösser seyn; indem
alles Blut in der Frucht durch drei Wurzeln der Aorte
(g) ausgetrieben wird, davon aber zu der Lunge so we-
nig hingelangt, daß man es für nichts achtet, so wie man
von einer rechten Kammer keine Spur antrift (h).

Es
(c) [Spaltenumbruch] Form. du poulet. p. III.
L. IV. p.
466. 469.
(d) p. 131.
(e) L. VI. p. 253.
(f) Das Herz ist in der 29 Stun-
de langsam, schlagend, doch hat
es in der 36 der berühmte WOLF
ohne Bewegung gesehen. WOLF
[Spaltenumbruch] erzeug. p.
265. 266. doch halte
ich es für ein Zeichen der äusser-
sten Schwäche, und des nahen
Todes.
(g) Ibid Stunde 72. & p. 85.
(h) p. 78. bis zu dem sechsten
Tage.
G g 5

IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
ſes gleich nicht ſo ſtatt findet, und man hier keine wirk-
liche Zalen zu wiſſen verlangt. Das Herz eines er-
wachſenen Menſchen verhaͤlt ſich zu ſeinem Koͤrper, wie
12 zu 800, nach eben dieſer Berechnung. Dieſe Ver-
haͤltniſſe ſind wie , nemlich wie 243 zu 66; es
verhaͤlt ſich nemlich das Herz des Huͤhnchens gegen ſei-
nen Koͤrper um viermal groͤſſer als ſich das Herz des
erwachſenen Menſchen gegen ſeinen Koͤrper verhaͤlt.

Nach meinem Verſuche wird demnach das Verhaͤlt-
nis des Fruchtherzens groͤſſer ſeyn. Es iſt aber ſelbi-
ges zugleich aͤuſſerſt reizbar; es beſizzet nemlich daſſelbe
Kraͤfte, ſich zuſammenzuziehen, und eine Ungedult gegen
alle Reize (c), zu einer Zeit, da der Magen (d), das Ge-
daͤrme, und alle Muskeln gegen alle Reize fuͤhllos ſind.

Es klopfet daſſelbe ungemein ſchnell, und verrichtet in
einer Minute gegen hundert und vierzig Schlaͤge (e) (f).

Wenn man in einem erwachſenen Vogel hundert
Pulsſchlaͤge macht, denn es ſind deren nicht viel weni-
ger, und wenn man das Herz in einem erwachſenen Vo-
gel fuͤr Zweifuͤnftheile von dem Herzen der Frucht an-
ſieht, ſo werden in einer gegebenen Zeit durch das Herz
der Frucht 700 Theile Blut, im erwachſenen Vogel
zweihundert, und alſo mehr als dreimal weniger ſolcher
Theile hindurch ſtroͤmen.

Es wird aber das Verhaͤltnis groͤſſer ſeyn; indem
alles Blut in der Frucht durch drei Wurzeln der Aorte
(g) ausgetrieben wird, davon aber zu der Lunge ſo we-
nig hingelangt, daß man es fuͤr nichts achtet, ſo wie man
von einer rechten Kammer keine Spur antrift (h).

Es
(c) [Spaltenumbruch] Form. du poulet. p. III.
L. IV. p.
466. 469.
(d) p. 131.
(e) L. VI. p. 253.
(f) Das Herz iſt in der 29 Stun-
de langſam, ſchlagend, doch hat
es in der 36 der beruͤhmte WOLF
ohne Bewegung geſehen. WOLF
[Spaltenumbruch] erzeug. p.
265. 266. doch halte
ich es fuͤr ein Zeichen der aͤuſſer-
ſten Schwaͤche, und des nahen
Todes.
(g) Ibid Stunde 72. & p. 85.
(h) p. 78. bis zu dem ſechſten
Tage.
G g 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0525" n="471[473]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Ab&#x017F;. Das Leben der Frucht.</hi></fw><lb/>
&#x017F;es gleich nicht &#x017F;o &#x017F;tatt findet, und man hier keine wirk-<lb/>
liche Zalen zu wi&#x017F;&#x017F;en verlangt. Das Herz eines er-<lb/>
wach&#x017F;enen Men&#x017F;chen verha&#x0364;lt &#x017F;ich zu &#x017F;einem Ko&#x0364;rper, wie<lb/>
12 zu 800, nach eben die&#x017F;er Berechnung. Die&#x017F;e Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ind wie <formula notation="TeX">\frac {421871}{1728}</formula>, nemlich wie 243 zu 66; es<lb/>
verha&#x0364;lt &#x017F;ich nemlich das Herz des Hu&#x0364;hnchens gegen &#x017F;ei-<lb/>
nen Ko&#x0364;rper um viermal gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als &#x017F;ich das Herz des<lb/>
erwach&#x017F;enen Men&#x017F;chen gegen &#x017F;einen Ko&#x0364;rper verha&#x0364;lt.</p><lb/>
              <p>Nach meinem Ver&#x017F;uche wird demnach das Verha&#x0364;lt-<lb/>
nis des Fruchtherzens gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn. Es i&#x017F;t aber &#x017F;elbi-<lb/>
ges zugleich a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t reizbar; es be&#x017F;izzet nemlich da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
Kra&#x0364;fte, &#x017F;ich zu&#x017F;ammenzuziehen, und eine Ungedult gegen<lb/>
alle Reize <note place="foot" n="(c)"><cb/><hi rendition="#aq">Form. du poulet. p. III.<lb/>
L. IV. p.</hi> 466. 469.</note>, zu einer Zeit, da der Magen <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 131.</note>, das Ge-<lb/>
da&#x0364;rme, und alle Muskeln gegen alle Reize fu&#x0364;hllos &#x017F;ind.</p><lb/>
              <p>Es klopfet da&#x017F;&#x017F;elbe ungemein &#x017F;chnell, und verrichtet in<lb/>
einer Minute gegen hundert und vierzig Schla&#x0364;ge <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">L. VI. p.</hi> 253.</note> <note place="foot" n="(f)">Das Herz i&#x017F;t in der 29 Stun-<lb/>
de lang&#x017F;am, &#x017F;chlagend, doch hat<lb/>
es in der 36 der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#aq">WOLF</hi><lb/>
ohne Bewegung ge&#x017F;ehen. <hi rendition="#aq">WOLF<lb/><cb/>
erzeug. p.</hi> 265. 266. doch halte<lb/>
ich es fu&#x0364;r ein Zeichen der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
&#x017F;ten Schwa&#x0364;che, und des nahen<lb/>
Todes.</note>.</p><lb/>
              <p>Wenn man in einem erwach&#x017F;enen Vogel hundert<lb/>
Puls&#x017F;chla&#x0364;ge macht, denn es &#x017F;ind deren nicht viel weni-<lb/>
ger, und wenn man das Herz in einem erwach&#x017F;enen Vo-<lb/>
gel fu&#x0364;r Zweifu&#x0364;nftheile von dem Herzen der Frucht an-<lb/>
&#x017F;ieht, &#x017F;o werden in einer gegebenen Zeit durch das Herz<lb/>
der Frucht 700 Theile Blut, im erwach&#x017F;enen Vogel<lb/>
zweihundert, und al&#x017F;o mehr als dreimal weniger &#x017F;olcher<lb/>
Theile hindurch &#x017F;tro&#x0364;men.</p><lb/>
              <p>Es wird aber das Verha&#x0364;ltnis gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn; indem<lb/>
alles Blut in der Frucht durch drei Wurzeln der Aorte<lb/><note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">Ibid</hi> Stunde 72. <hi rendition="#aq">&amp; p.</hi> 85.</note> ausgetrieben wird, davon aber zu der Lunge &#x017F;o we-<lb/>
nig hingelangt, daß man es fu&#x0364;r nichts achtet, &#x017F;o wie man<lb/>
von einer rechten Kammer keine Spur antrift <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 78. bis zu dem &#x017F;ech&#x017F;ten<lb/>
Tage.</note>.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">G g 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[471[473]/0525] IV. Abſ. Das Leben der Frucht. ſes gleich nicht ſo ſtatt findet, und man hier keine wirk- liche Zalen zu wiſſen verlangt. Das Herz eines er- wachſenen Menſchen verhaͤlt ſich zu ſeinem Koͤrper, wie 12 zu 800, nach eben dieſer Berechnung. Dieſe Ver- haͤltniſſe ſind wie [FORMEL], nemlich wie 243 zu 66; es verhaͤlt ſich nemlich das Herz des Huͤhnchens gegen ſei- nen Koͤrper um viermal groͤſſer als ſich das Herz des erwachſenen Menſchen gegen ſeinen Koͤrper verhaͤlt. Nach meinem Verſuche wird demnach das Verhaͤlt- nis des Fruchtherzens groͤſſer ſeyn. Es iſt aber ſelbi- ges zugleich aͤuſſerſt reizbar; es beſizzet nemlich daſſelbe Kraͤfte, ſich zuſammenzuziehen, und eine Ungedult gegen alle Reize (c), zu einer Zeit, da der Magen (d), das Ge- daͤrme, und alle Muskeln gegen alle Reize fuͤhllos ſind. Es klopfet daſſelbe ungemein ſchnell, und verrichtet in einer Minute gegen hundert und vierzig Schlaͤge (e) (f). Wenn man in einem erwachſenen Vogel hundert Pulsſchlaͤge macht, denn es ſind deren nicht viel weni- ger, und wenn man das Herz in einem erwachſenen Vo- gel fuͤr Zweifuͤnftheile von dem Herzen der Frucht an- ſieht, ſo werden in einer gegebenen Zeit durch das Herz der Frucht 700 Theile Blut, im erwachſenen Vogel zweihundert, und alſo mehr als dreimal weniger ſolcher Theile hindurch ſtroͤmen. Es wird aber das Verhaͤltnis groͤſſer ſeyn; indem alles Blut in der Frucht durch drei Wurzeln der Aorte (g) ausgetrieben wird, davon aber zu der Lunge ſo we- nig hingelangt, daß man es fuͤr nichts achtet, ſo wie man von einer rechten Kammer keine Spur antrift (h). Es (c) Form. du poulet. p. III. L. IV. p. 466. 469. (d) p. 131. (e) L. VI. p. 253. (f) Das Herz iſt in der 29 Stun- de langſam, ſchlagend, doch hat es in der 36 der beruͤhmte WOLF ohne Bewegung geſehen. WOLF erzeug. p. 265. 266. doch halte ich es fuͤr ein Zeichen der aͤuſſer- ſten Schwaͤche, und des nahen Todes. (g) Ibid Stunde 72. & p. 85. (h) p. 78. bis zu dem ſechſten Tage. G g 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/525
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 471[473]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/525>, abgerufen am 24.04.2024.