Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Frucht. XXIX. B.
Klappe erhalte für die künftige Scheidewand die Ma-
terie (f).

Man erblikkt in diesem Entwurfe sogleich die Un-
nüzzlichkeit dieses sonderbaren Baues. Was hilft es
hier, die Wege in der Frucht anders, als sie bei einem
erwachsenen Menschen sind, anzuordnen? Jch sehe auch
nicht ein, was ein einziges Ohr, so zwo Kammern zu
besorgen hat, für eine Bequemlichkeit zu schaffen vermag,
die sich bei zwei Ohren nicht finden sollte.

Ausserdem entdekkt sich hier ein anatomischer Jrr-
thum. Es ist nämlich gewis, daß eine Klappe des ei-
runden Loches, bei einer ziemlich reifen Frucht (g) zur
Regierung des Blutlaufes hinlänglich ist, und daß sel-
bige den Durchgang von der rechten nach der linken, je-
doch nicht umgekehrt verstattet.

Was aber eine sehr zarte Frucht betrift, und so lange
als das Herz nur noch eine einzige Kammer hat, so will
ich nicht in Abrede seyn, daß nicht der Durchgang durch
das eirunde Loch so leicht seyn sollte, daß sich beide Oh-
ren zugleich anfüllen, und in so fern für ein einziges Ohr
gehalten werden könnten, da ihre Gemeinschaft unge-
mein weit und gros ist. Es scheint mir diese Zeit nur
von kurzer Dauer zu seyn, und es zeiget sich bei den vier-
füßigen Thieren kein Andenken von einem eirunden Loche,
welches ganz offen gewesen seyn sollte. Es ist nämlich
auch bei dem Hühnchen der Unterscheid der Herzohren
voreilig. Jndessen habe ich doch bei einem, aus der
Mutter herausgeschnittnen Ferkelchen die Klappe nicht
grösser, als um den dritten Theil der eirunden Grube
gesehen.

§. 54.
(f) [Spaltenumbruch] Ibid.
(g) p. 391.

Die Frucht. XXIX. B.
Klappe erhalte fuͤr die kuͤnftige Scheidewand die Ma-
terie (f).

Man erblikkt in dieſem Entwurfe ſogleich die Un-
nuͤzzlichkeit dieſes ſonderbaren Baues. Was hilft es
hier, die Wege in der Frucht anders, als ſie bei einem
erwachſenen Menſchen ſind, anzuordnen? Jch ſehe auch
nicht ein, was ein einziges Ohr, ſo zwo Kammern zu
beſorgen hat, fuͤr eine Bequemlichkeit zu ſchaffen vermag,
die ſich bei zwei Ohren nicht finden ſollte.

Auſſerdem entdekkt ſich hier ein anatomiſcher Jrr-
thum. Es iſt naͤmlich gewis, daß eine Klappe des ei-
runden Loches, bei einer ziemlich reifen Frucht (g) zur
Regierung des Blutlaufes hinlaͤnglich iſt, und daß ſel-
bige den Durchgang von der rechten nach der linken, je-
doch nicht umgekehrt verſtattet.

Was aber eine ſehr zarte Frucht betrift, und ſo lange
als das Herz nur noch eine einzige Kammer hat, ſo will
ich nicht in Abrede ſeyn, daß nicht der Durchgang durch
das eirunde Loch ſo leicht ſeyn ſollte, daß ſich beide Oh-
ren zugleich anfuͤllen, und in ſo fern fuͤr ein einziges Ohr
gehalten werden koͤnnten, da ihre Gemeinſchaft unge-
mein weit und gros iſt. Es ſcheint mir dieſe Zeit nur
von kurzer Dauer zu ſeyn, und es zeiget ſich bei den vier-
fuͤßigen Thieren kein Andenken von einem eirunden Loche,
welches ganz offen geweſen ſeyn ſollte. Es iſt naͤmlich
auch bei dem Huͤhnchen der Unterſcheid der Herzohren
voreilig. Jndeſſen habe ich doch bei einem, aus der
Mutter herausgeſchnittnen Ferkelchen die Klappe nicht
groͤſſer, als um den dritten Theil der eirunden Grube
geſehen.

§. 54.
(f) [Spaltenumbruch] Ibid.
(g) p. 391.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0714" n="660[662]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Frucht. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
Klappe erhalte fu&#x0364;r die ku&#x0364;nftige Scheidewand die Ma-<lb/>
terie <note place="foot" n="(f)"><cb/><hi rendition="#aq">Ibid.</hi></note>.</p><lb/>
              <p>Man erblikkt in die&#x017F;em Entwurfe &#x017F;ogleich die Un-<lb/>
nu&#x0364;zzlichkeit die&#x017F;es &#x017F;onderbaren Baues. Was hilft es<lb/>
hier, die Wege in der Frucht anders, als &#x017F;ie bei einem<lb/>
erwach&#x017F;enen Men&#x017F;chen &#x017F;ind, anzuordnen? Jch &#x017F;ehe auch<lb/>
nicht ein, was ein einziges Ohr, &#x017F;o zwo Kammern zu<lb/>
be&#x017F;orgen hat, fu&#x0364;r eine Bequemlichkeit zu &#x017F;chaffen vermag,<lb/>
die &#x017F;ich bei zwei Ohren nicht finden &#x017F;ollte.</p><lb/>
              <p>Au&#x017F;&#x017F;erdem entdekkt &#x017F;ich hier ein anatomi&#x017F;cher Jrr-<lb/>
thum. Es i&#x017F;t na&#x0364;mlich gewis, daß eine Klappe des ei-<lb/>
runden Loches, bei einer ziemlich reifen Frucht <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 391.</note> zur<lb/>
Regierung des Blutlaufes hinla&#x0364;nglich i&#x017F;t, und daß &#x017F;el-<lb/>
bige den Durchgang von der rechten nach der linken, je-<lb/>
doch nicht umgekehrt ver&#x017F;tattet.</p><lb/>
              <p>Was aber eine &#x017F;ehr zarte Frucht betrift, und &#x017F;o lange<lb/>
als das Herz nur noch eine einzige Kammer hat, &#x017F;o will<lb/>
ich nicht in Abrede &#x017F;eyn, daß nicht der Durchgang durch<lb/>
das eirunde Loch &#x017F;o leicht &#x017F;eyn &#x017F;ollte, daß &#x017F;ich beide Oh-<lb/>
ren zugleich anfu&#x0364;llen, und in &#x017F;o fern fu&#x0364;r ein einziges Ohr<lb/>
gehalten werden ko&#x0364;nnten, da ihre Gemein&#x017F;chaft unge-<lb/>
mein weit und gros i&#x017F;t. Es &#x017F;cheint mir die&#x017F;e Zeit nur<lb/>
von kurzer Dauer zu &#x017F;eyn, und es zeiget &#x017F;ich bei den vier-<lb/>
fu&#x0364;ßigen Thieren kein Andenken von einem eirunden Loche,<lb/>
welches ganz offen gewe&#x017F;en &#x017F;eyn &#x017F;ollte. Es i&#x017F;t na&#x0364;mlich<lb/>
auch bei dem Hu&#x0364;hnchen der Unter&#x017F;cheid der Herzohren<lb/>
voreilig. Jnde&#x017F;&#x017F;en habe ich doch bei einem, aus der<lb/>
Mutter herausge&#x017F;chnittnen Ferkelchen die Klappe nicht<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, als um den dritten Theil der eirunden Grube<lb/>
ge&#x017F;ehen.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 54.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[660[662]/0714] Die Frucht. XXIX. B. Klappe erhalte fuͤr die kuͤnftige Scheidewand die Ma- terie (f). Man erblikkt in dieſem Entwurfe ſogleich die Un- nuͤzzlichkeit dieſes ſonderbaren Baues. Was hilft es hier, die Wege in der Frucht anders, als ſie bei einem erwachſenen Menſchen ſind, anzuordnen? Jch ſehe auch nicht ein, was ein einziges Ohr, ſo zwo Kammern zu beſorgen hat, fuͤr eine Bequemlichkeit zu ſchaffen vermag, die ſich bei zwei Ohren nicht finden ſollte. Auſſerdem entdekkt ſich hier ein anatomiſcher Jrr- thum. Es iſt naͤmlich gewis, daß eine Klappe des ei- runden Loches, bei einer ziemlich reifen Frucht (g) zur Regierung des Blutlaufes hinlaͤnglich iſt, und daß ſel- bige den Durchgang von der rechten nach der linken, je- doch nicht umgekehrt verſtattet. Was aber eine ſehr zarte Frucht betrift, und ſo lange als das Herz nur noch eine einzige Kammer hat, ſo will ich nicht in Abrede ſeyn, daß nicht der Durchgang durch das eirunde Loch ſo leicht ſeyn ſollte, daß ſich beide Oh- ren zugleich anfuͤllen, und in ſo fern fuͤr ein einziges Ohr gehalten werden koͤnnten, da ihre Gemeinſchaft unge- mein weit und gros iſt. Es ſcheint mir dieſe Zeit nur von kurzer Dauer zu ſeyn, und es zeiget ſich bei den vier- fuͤßigen Thieren kein Andenken von einem eirunden Loche, welches ganz offen geweſen ſeyn ſollte. Es iſt naͤmlich auch bei dem Huͤhnchen der Unterſcheid der Herzohren voreilig. Jndeſſen habe ich doch bei einem, aus der Mutter herausgeſchnittnen Ferkelchen die Klappe nicht groͤſſer, als um den dritten Theil der eirunden Grube geſehen. §. 54. (f) Ibid. (g) p. 391.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/714
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 660[662]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/714>, abgerufen am 28.03.2024.