Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben u. Tod der Menschen. XXX. B.
1000. Selbst die Krystallinse ist nunmehr nicht nur
gelber, sondern auch härter geworden (d). Ja es giebt
Sterbliche, bey welchen die Erde in einem solchen Ueber-
fluß angetroffen wird, daß sich selbige in einer unglaub-
lichen Menge nebst einem zähen Gallerte in dem Bezirke
der Gicht niederläst (d*).

Die Ursache von diesem Ueberflusse scheinet mir son-
derlich in den Nieren zu liegen. Denn obgleich der Urin
bei Alten häufiger (e), als bei jungen Leuten abgeht, so
ist er doch nicht häufiger nach dem Verhältniß des Ge-
tränkes, indem er roth und stark weggeht (f). Er wird
aber sparsamer abgesondert, weil sich die Nierendurch-
säuher nach dem allgemeinen Schicksale der übrigen Ge-
fässe bei den Alten, verengern, sich nicht so leicht mehr
ausdehnen lassen, und daher von einerlei Blute weniger
Wasser annehmen.

Noch kann eine andere Ursache in dem Reiben liegen,
welches von denen Gefässen der Greise, die um ein vie-
les mehr Erde enthalten, auch mehr Erde abspült, und
ihnen weniger Leim raubt, hingegen diese Erde in die
Masse des Blutes zurükke führt. Solchergestalt dient
sich der Mensch selbst zu einem Erdminerale (g).

§. 7.
Von dem Ueberflusse dieser Erde erzeugen sich
die callösen, knorpliche und knochige Rinden.

Dieses ist nun diejenige Materie, welche sich biswei-
len bei jungen Leuten, viel öfterer aber bei Greisen, und
an allen Stellen des menschlichen Körpers in den cellu-
lösen Räumen anlegt.

Zu-
(d) [Spaltenumbruch] PETIT. Mem. de l'Acad.
des Scienc. ann.
1721.
(d*) L. XXVI. p. 365. 366.
memoir. de 1758. p.
429.
(e) [Spaltenumbruch] p. 389.
(f) p. 338.
(g) p. 362.

Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
1000. Selbſt die Kryſtallinſe iſt nunmehr nicht nur
gelber, ſondern auch haͤrter geworden (d). Ja es giebt
Sterbliche, bey welchen die Erde in einem ſolchen Ueber-
fluß angetroffen wird, daß ſich ſelbige in einer unglaub-
lichen Menge nebſt einem zaͤhen Gallerte in dem Bezirke
der Gicht niederlaͤſt (d*).

Die Urſache von dieſem Ueberfluſſe ſcheinet mir ſon-
derlich in den Nieren zu liegen. Denn obgleich der Urin
bei Alten haͤufiger (e), als bei jungen Leuten abgeht, ſo
iſt er doch nicht haͤufiger nach dem Verhaͤltniß des Ge-
traͤnkes, indem er roth und ſtark weggeht (f). Er wird
aber ſparſamer abgeſondert, weil ſich die Nierendurch-
ſaͤuher nach dem allgemeinen Schickſale der uͤbrigen Ge-
faͤſſe bei den Alten, verengern, ſich nicht ſo leicht mehr
ausdehnen laſſen, und daher von einerlei Blute weniger
Waſſer annehmen.

Noch kann eine andere Urſache in dem Reiben liegen,
welches von denen Gefaͤſſen der Greiſe, die um ein vie-
les mehr Erde enthalten, auch mehr Erde abſpuͤlt, und
ihnen weniger Leim raubt, hingegen dieſe Erde in die
Maſſe des Blutes zuruͤkke fuͤhrt. Solchergeſtalt dient
ſich der Menſch ſelbſt zu einem Erdminerale (g).

§. 7.
Von dem Ueberfluſſe dieſer Erde erzeugen ſich
die calloͤſen, knorpliche und knochige Rinden.

Dieſes iſt nun diejenige Materie, welche ſich biswei-
len bei jungen Leuten, viel oͤfterer aber bei Greiſen, und
an allen Stellen des menſchlichen Koͤrpers in den cellu-
loͤſen Raͤumen anlegt.

Zu-
(d) [Spaltenumbruch] PETIT. Mem. de l’Acad.
des Scienc. ann.
1721.
(d*) L. XXVI. p. 365. 366.
memoir. de 1758. p.
429.
(e) [Spaltenumbruch] p. 389.
(f) p. 338.
(g) p. 362.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0962" n="908[910]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben u. Tod der Men&#x017F;chen. <hi rendition="#aq">XXX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
1000. Selb&#x017F;t die Kry&#x017F;tallin&#x017F;e i&#x017F;t nunmehr nicht nur<lb/>
gelber, &#x017F;ondern auch ha&#x0364;rter geworden <note place="foot" n="(d)"><cb/><hi rendition="#aq">PETIT. Mem. de l&#x2019;Acad.<lb/>
des Scienc. ann.</hi> 1721.</note>. Ja es giebt<lb/>
Sterbliche, bey welchen die Erde in einem &#x017F;olchen Ueber-<lb/>
fluß angetroffen wird, daß &#x017F;ich &#x017F;elbige in einer unglaub-<lb/>
lichen Menge neb&#x017F;t einem za&#x0364;hen Gallerte in dem Bezirke<lb/>
der Gicht niederla&#x0364;&#x017F;t <note place="foot" n="(d*)"><hi rendition="#aq">L. <hi rendition="#g">XXVI.</hi> p. 365. 366.<lb/>
memoir. de 1758. p.</hi> 429.</note>.</p><lb/>
              <p>Die Ur&#x017F;ache von die&#x017F;em Ueberflu&#x017F;&#x017F;e &#x017F;cheinet mir &#x017F;on-<lb/>
derlich in den Nieren zu liegen. Denn obgleich der Urin<lb/>
bei Alten ha&#x0364;ufiger <note place="foot" n="(e)"><cb/><hi rendition="#aq">p.</hi> 389.</note>, als bei jungen Leuten abgeht, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t er doch nicht ha&#x0364;ufiger nach dem Verha&#x0364;ltniß des Ge-<lb/>
tra&#x0364;nkes, indem er roth und &#x017F;tark weggeht <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 338.</note>. Er wird<lb/>
aber &#x017F;par&#x017F;amer abge&#x017F;ondert, weil &#x017F;ich die Nierendurch-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;uher nach dem allgemeinen Schick&#x017F;ale der u&#x0364;brigen Ge-<lb/>
fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e bei den Alten, verengern, &#x017F;ich nicht &#x017F;o leicht mehr<lb/>
ausdehnen la&#x017F;&#x017F;en, und daher von einerlei Blute weniger<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er annehmen.</p><lb/>
              <p>Noch kann eine andere Ur&#x017F;ache in dem Reiben liegen,<lb/>
welches von denen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en der Grei&#x017F;e, die um ein vie-<lb/>
les mehr Erde enthalten, auch mehr Erde ab&#x017F;pu&#x0364;lt, und<lb/>
ihnen weniger Leim raubt, hingegen die&#x017F;e Erde in die<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e des Blutes zuru&#x0364;kke fu&#x0364;hrt. Solcherge&#x017F;talt dient<lb/>
&#x017F;ich der Men&#x017F;ch &#x017F;elb&#x017F;t zu einem Erdminerale <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 362.</note>.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 7.<lb/><hi rendition="#b">Von dem Ueberflu&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;er Erde erzeugen &#x017F;ich<lb/>
die callo&#x0364;&#x017F;en, knorpliche und knochige Rinden.</hi></head><lb/>
              <p>Die&#x017F;es i&#x017F;t nun diejenige Materie, welche &#x017F;ich biswei-<lb/>
len bei jungen Leuten, viel o&#x0364;fterer aber bei Grei&#x017F;en, und<lb/>
an allen Stellen des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers in den cellu-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;en Ra&#x0364;umen anlegt.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Zu-</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[908[910]/0962] Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B. 1000. Selbſt die Kryſtallinſe iſt nunmehr nicht nur gelber, ſondern auch haͤrter geworden (d). Ja es giebt Sterbliche, bey welchen die Erde in einem ſolchen Ueber- fluß angetroffen wird, daß ſich ſelbige in einer unglaub- lichen Menge nebſt einem zaͤhen Gallerte in dem Bezirke der Gicht niederlaͤſt (d*). Die Urſache von dieſem Ueberfluſſe ſcheinet mir ſon- derlich in den Nieren zu liegen. Denn obgleich der Urin bei Alten haͤufiger (e), als bei jungen Leuten abgeht, ſo iſt er doch nicht haͤufiger nach dem Verhaͤltniß des Ge- traͤnkes, indem er roth und ſtark weggeht (f). Er wird aber ſparſamer abgeſondert, weil ſich die Nierendurch- ſaͤuher nach dem allgemeinen Schickſale der uͤbrigen Ge- faͤſſe bei den Alten, verengern, ſich nicht ſo leicht mehr ausdehnen laſſen, und daher von einerlei Blute weniger Waſſer annehmen. Noch kann eine andere Urſache in dem Reiben liegen, welches von denen Gefaͤſſen der Greiſe, die um ein vie- les mehr Erde enthalten, auch mehr Erde abſpuͤlt, und ihnen weniger Leim raubt, hingegen dieſe Erde in die Maſſe des Blutes zuruͤkke fuͤhrt. Solchergeſtalt dient ſich der Menſch ſelbſt zu einem Erdminerale (g). §. 7. Von dem Ueberfluſſe dieſer Erde erzeugen ſich die calloͤſen, knorpliche und knochige Rinden. Dieſes iſt nun diejenige Materie, welche ſich biswei- len bei jungen Leuten, viel oͤfterer aber bei Greiſen, und an allen Stellen des menſchlichen Koͤrpers in den cellu- loͤſen Raͤumen anlegt. Zu- (d) PETIT. Mem. de l’Acad. des Scienc. ann. 1721. (d*) L. XXVI. p. 365. 366. memoir. de 1758. p. 429. (e) p. 389. (f) p. 338. (g) p. 362.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/962
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 908[910]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/962>, abgerufen am 20.04.2024.