Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731.

Bild:
<< vorherige Seite



seyn: folglich muß derselben Vorstellung der
Seelen insonderheit gegenwärtig bleiben. Wel-
ches auch die Erfahrung bestätiget.

XXVI.
Ob/ da die Erinnerung der bö-
sen Thaten ewig dauret/ nicht
auch die schmertzliche Empfindun-
gen des Geistes/ so aus denensel-
ben den Ursprung nehmen/ folg-
lich die Gewissens-Stiche natür-
licher Weise ewig dauren müssen?

Erläuterung.

Um von der in dieser Frage enthaltenen
Warheit überzeuget zu werden/ kommt es ledig-
lich darauf an/ daß man von der Unsterblichkeit
der Seelen überführet sey. Es ist über dersel-
ben zu allen Zeiten unter denen Weltweisen viel-
fältig gestritten worden. Etliche haben grosse
Bücher davon geschrieben/ bey welchen offt die
Mühe grösser als der Nutz gewesen. Der Be-
weiß/ den der Hr. Hoff-Raht Wolf davon gibt/
ist nach meiner Empfindung deutlich und über-
zeugend. Metaph. §. 925, 926. Jnsonderheit
dienet die Warheit/ daß der Zustand der See-
len nach dem Tode des Leibes mit dem in Leben
verknüpft sey/ und folglich der erstere den andern
wieder ins Gedächtniß bringe/ gar sehr/ meinen

Satz



ſeyn: folglich muß derſelben Vorſtellung der
Seelen inſonderheit gegenwaͤrtig bleiben. Wel-
ches auch die Erfahrung beſtaͤtiget.

XXVI.
Ob/ da die Erinnerung der boͤ-
ſen Thaten ewig dauret/ nicht
auch die ſchmertzliche Empfindun-
gen des Geiſtes/ ſo aus denenſel-
ben den Urſprung nehmen/ folg-
lich die Gewiſſens-Stiche natuͤr-
licher Weiſe ewig dauren muͤſſen?

Erlaͤuterung.

Um von der in dieſer Frage enthaltenen
Warheit uͤberzeuget zu werden/ kommt es ledig-
lich darauf an/ daß man von der Unſterblichkeit
der Seelen uͤberfuͤhret ſey. Es iſt uͤber derſel-
ben zu allen Zeiten unter denen Weltweiſen viel-
faͤltig geſtritten worden. Etliche haben groſſe
Buͤcher davon geſchrieben/ bey welchen offt die
Muͤhe groͤſſer als der Nutz geweſen. Der Be-
weiß/ den der Hr. Hoff-Raht Wolf davon gibt/
iſt nach meiner Empfindung deutlich und uͤber-
zeugend. Metaph. §. 925, 926. Jnſonderheit
dienet die Warheit/ daß der Zuſtand der See-
len nach dem Tode des Leibes mit dem in Leben
verknuͤpft ſey/ und folglich der erſtere den andern
wieder ins Gedaͤchtniß bringe/ gar ſehr/ meinen

Satz
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0111" n="59"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;eyn: folglich muß der&#x017F;elben Vor&#x017F;tellung der<lb/>
Seelen in&#x017F;onderheit gegenwa&#x0364;rtig bleiben. Wel-<lb/>
ches auch die Erfahrung be&#x017F;ta&#x0364;tiget.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XXVI.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Ob/ da die Erinnerung der bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en Thaten ewig dauret/ nicht<lb/>
auch die &#x017F;chmertzliche Empfindun-<lb/>
gen des Gei&#x017F;tes/ &#x017F;o aus denen&#x017F;el-<lb/>
ben den Ur&#x017F;prung nehmen/ folg-<lb/>
lich die Gewi&#x017F;&#x017F;ens-Stiche natu&#x0364;r-<lb/>
licher Wei&#x017F;e ewig dauren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en?</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Erla&#x0364;uterung.</hi> </hi> </p><lb/>
          <p>Um von der in die&#x017F;er Frage enthaltenen<lb/>
Warheit u&#x0364;berzeuget zu werden/ kommt es ledig-<lb/>
lich darauf an/ daß man von der Un&#x017F;terblichkeit<lb/>
der Seelen u&#x0364;berfu&#x0364;hret &#x017F;ey. Es i&#x017F;t u&#x0364;ber der&#x017F;el-<lb/>
ben zu allen Zeiten unter denen Weltwei&#x017F;en viel-<lb/>
fa&#x0364;ltig ge&#x017F;tritten worden. Etliche haben gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Bu&#x0364;cher davon ge&#x017F;chrieben/ bey welchen offt die<lb/>
Mu&#x0364;he gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er als der Nutz gewe&#x017F;en. Der Be-<lb/>
weiß/ den der Hr. Hoff-Raht <hi rendition="#aq">Wolf</hi> davon gibt/<lb/>
i&#x017F;t nach meiner Empfindung deutlich und u&#x0364;ber-<lb/>
zeugend. <hi rendition="#aq">Metaph.</hi> §. 925, 926. Jn&#x017F;onderheit<lb/>
dienet die Warheit/ daß der Zu&#x017F;tand der See-<lb/>
len nach dem Tode des Leibes mit dem in Leben<lb/>
verknu&#x0364;pft &#x017F;ey/ und folglich der er&#x017F;tere den andern<lb/>
wieder ins Geda&#x0364;chtniß bringe/ gar &#x017F;ehr/ meinen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Satz</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0111] ſeyn: folglich muß derſelben Vorſtellung der Seelen inſonderheit gegenwaͤrtig bleiben. Wel- ches auch die Erfahrung beſtaͤtiget. XXVI. Ob/ da die Erinnerung der boͤ- ſen Thaten ewig dauret/ nicht auch die ſchmertzliche Empfindun- gen des Geiſtes/ ſo aus denenſel- ben den Urſprung nehmen/ folg- lich die Gewiſſens-Stiche natuͤr- licher Weiſe ewig dauren muͤſſen? Erlaͤuterung. Um von der in dieſer Frage enthaltenen Warheit uͤberzeuget zu werden/ kommt es ledig- lich darauf an/ daß man von der Unſterblichkeit der Seelen uͤberfuͤhret ſey. Es iſt uͤber derſel- ben zu allen Zeiten unter denen Weltweiſen viel- faͤltig geſtritten worden. Etliche haben groſſe Buͤcher davon geſchrieben/ bey welchen offt die Muͤhe groͤſſer als der Nutz geweſen. Der Be- weiß/ den der Hr. Hoff-Raht Wolf davon gibt/ iſt nach meiner Empfindung deutlich und uͤber- zeugend. Metaph. §. 925, 926. Jnſonderheit dienet die Warheit/ daß der Zuſtand der See- len nach dem Tode des Leibes mit dem in Leben verknuͤpft ſey/ und folglich der erſtere den andern wieder ins Gedaͤchtniß bringe/ gar ſehr/ meinen Satz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/111
Zitationshilfe: Hanssen, Petrus: Achtzig erläuterte Grund-Fragen. Lübeck u. a., 1731, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hanssen_grundfragen_1731/111>, abgerufen am 23.04.2024.