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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
und ließ sie herunter steigen. Sie stunde allda Mut-
ter-nackt/ und weil sie das bleyerne Bild im Zorn
weggeworffen/ hielte sie die beyde Hände für den
Bauch/ und bath den Knecht um seinen Rock/ aber
Brandano ließ ihr der Bäuerin Kleider holen/ welche
der Knecht am vorigen Abend entwendet hatte/ dessen
sie überauß froh ward. Sie war aber von der Son-
nen dermassen verbrandt/ daß sich die Haut überall in
vielfache Runtzeln zusammen gezogen hatte/ dahero
ihr das Gehen etwas saner ward. Sie lieff zuforderst
nach dem Bach/ und trunck einen guten Zug Was-
sers/ wordurch sie etwas Kräffte bekam/ und darauf
wanderten sie mit einander nach der Stadt.

Wie sie daselbst eintratten/ machte es Brandano
Jedermann kund/ daß diese Frau in den Bauer-Klei-
dern die schöne Jannetine sey/ daher dann eine grosse
Menge Volcks sich versammlete/ solche Ebentheuer
zu sehen/ dann sie war in der gantzen Stadt sehr be-
kandt. Brandano führete sie endlich auß dem Ge-
dräng der vielen Menschen in seine Herberge/ wo-
selbst die Bauer-Frau in der Jannetine Kleidung
stund. Als diese Frauen einander sahen/ und Jede
ihre gestohlene Kleider erkannte/ da schalten sie einan-
der vor Diebinnen auß/ fielen darauf einander in die
Haare/ und rissen beyderseits die Kleider eine der an-
dern vom Leib herab/ daß die Stücke auf der Erden
ligen blieben/ an welcher Kurtzweil Brandano noch
die gröste Lust hatte. Also ward die Jannetine recht-
schaffen wieder bezogen/ und darauß ist zu sehen/ daß
die Studenten listige Kumpen sind/ wann sie von
Universitäten kommen.

Das XXX Capitul/

Ein Wirth machet sich mit List bezahlet. Ein Schuster wird
häßlich betrogen. Zween Spanische Studenten haben eine seltzame
Rencontre. Ein Student gewinnet Geld durch List. Andere stehlen
ein Schwein/ und brauchen grosse Behendigkeit solches zu bchalten.

Der

Romans I. Buch.
und ließ ſie herunter ſteigen. Sie ſtunde allda Mut-
ter-nackt/ und weil ſie das bleyerne Bild im Zorn
weggeworffen/ hielte ſie die beyde Haͤnde fuͤr den
Bauch/ und bath den Knecht um ſeinen Rock/ aber
Brandano ließ ihr der Baͤuerin Kleider holen/ welche
der Knecht am vorigen Abend entwendet hatte/ deſſen
ſie uͤberauß froh ward. Sie war aber von der Son-
nen dermaſſen verbrandt/ daß ſich die Haut uͤberall in
vielfache Runtzeln zuſammen gezogen hatte/ dahero
ihr das Gehen etwas ſaner ward. Sie lieff zuforderſt
nach dem Bach/ und trunck einen guten Zug Waſ-
ſers/ wordurch ſie etwas Kraͤffte bekam/ und darauf
wanderten ſie mit einander nach der Stadt.

Wie ſie daſelbſt eintratten/ machte es Brandano
Jedermann kund/ daß dieſe Frau in den Bauer-Klei-
dern die ſchoͤne Jannetine ſey/ daher dann eine groſſe
Menge Volcks ſich verſammlete/ ſolche Ebentheuer
zu ſehen/ dann ſie war in der gantzen Stadt ſehr be-
kandt. Brandano fuͤhrete ſie endlich auß dem Ge-
draͤng der vielen Menſchen in ſeine Herberge/ wo-
ſelbſt die Bauer-Frau in der Jannetine Kleidung
ſtund. Als dieſe Frauen einander ſahen/ und Jede
ihre geſtohlene Kleider erkannte/ da ſchalten ſie einan-
der vor Diebinnen auß/ fielen darauf einander in die
Haare/ und riſſen beyderſeits die Kleider eine der an-
dern vom Leib herab/ daß die Stuͤcke auf der Erden
ligen blieben/ an welcher Kurtzweil Brandano noch
die groͤſte Luſt hatte. Alſo ward die Jannetine recht-
ſchaffen wieder bezogen/ und darauß iſt zu ſehen/ daß
die Studenten liſtige Kumpen ſind/ wann ſie von
Univerſitaͤten kommen.

Das XXX Capitul/

Ein Wirth machet ſich mit Liſt bezahlet. Ein Schuſter wird
haͤßlich betrogen. Zween Spaniſche Studenten haben eine ſeltzame
Rencontre. Ein Student gewinnet Geld durch Liſt. Andere ſtehlen
ein Schwein/ und brauchen groſſe Behendigkeit ſolches zu bchalten.

Der
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[347/0361] Romans I. Buch. und ließ ſie herunter ſteigen. Sie ſtunde allda Mut- ter-nackt/ und weil ſie das bleyerne Bild im Zorn weggeworffen/ hielte ſie die beyde Haͤnde fuͤr den Bauch/ und bath den Knecht um ſeinen Rock/ aber Brandano ließ ihr der Baͤuerin Kleider holen/ welche der Knecht am vorigen Abend entwendet hatte/ deſſen ſie uͤberauß froh ward. Sie war aber von der Son- nen dermaſſen verbrandt/ daß ſich die Haut uͤberall in vielfache Runtzeln zuſammen gezogen hatte/ dahero ihr das Gehen etwas ſaner ward. Sie lieff zuforderſt nach dem Bach/ und trunck einen guten Zug Waſ- ſers/ wordurch ſie etwas Kraͤffte bekam/ und darauf wanderten ſie mit einander nach der Stadt. Wie ſie daſelbſt eintratten/ machte es Brandano Jedermann kund/ daß dieſe Frau in den Bauer-Klei- dern die ſchoͤne Jannetine ſey/ daher dann eine groſſe Menge Volcks ſich verſammlete/ ſolche Ebentheuer zu ſehen/ dann ſie war in der gantzen Stadt ſehr be- kandt. Brandano fuͤhrete ſie endlich auß dem Ge- draͤng der vielen Menſchen in ſeine Herberge/ wo- ſelbſt die Bauer-Frau in der Jannetine Kleidung ſtund. Als dieſe Frauen einander ſahen/ und Jede ihre geſtohlene Kleider erkannte/ da ſchalten ſie einan- der vor Diebinnen auß/ fielen darauf einander in die Haare/ und riſſen beyderſeits die Kleider eine der an- dern vom Leib herab/ daß die Stuͤcke auf der Erden ligen blieben/ an welcher Kurtzweil Brandano noch die groͤſte Luſt hatte. Alſo ward die Jannetine recht- ſchaffen wieder bezogen/ und darauß iſt zu ſehen/ daß die Studenten liſtige Kumpen ſind/ wann ſie von Univerſitaͤten kommen. Das XXX Capitul/ Ein Wirth machet ſich mit Liſt bezahlet. Ein Schuſter wird haͤßlich betrogen. Zween Spaniſche Studenten haben eine ſeltzame Rencontre. Ein Student gewinnet Geld durch Liſt. Andere ſtehlen ein Schwein/ und brauchen groſſe Behendigkeit ſolches zu bchalten. Der

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/361>, abgerufen am 28.03.2024.