Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
das noch wol weisen. Darüber wurde der Vatter zornig/ und
gab ihm einen Schlag. Der Sohn vertrug es mit Gedult/ und
sagte: Diese Weißheit habe ich gelerner/ daß ich meines Vatters
Zorn mit Gedult ertragen soll.

Der Podesta beschlosse diesen Discurs mit folgenden Wor-
ten: So viel Weißheit haben viel Kinder in der Schul Christi
noch nicht gelernet. Ja/ viel Christen selbst nicht gegen GOtt/
unsern Himmlischen Vatter. Unsere Kirchen sind wol voll Leute/
aber viel sind nur Hörer/ und keine Thäter deß Worts. Cato
wurde gepriesen/ daß er noch als ein Jüngling seinem Meister
Sarpedoni in allem gehorsamet. Balduin, Graf von Hennegau/
war seinem Lehrmeister auch in allem gehorsam/ als er auch
schon alt war. Einsmahls kam er müde und hungerig von der
Jagd an die Tafel/ da sein Lehrmeister auch war/ und sienge an
von einem Hecht zu essen/ welcher auf diesen Tag/ Vermög der
Gesetze selbiger Zeiten/ zu essen verbotten war; Der Lehrmeister
hustete nur ein wenig/ und sahe den Grafen an. Balduin wurde
Schamroth/ nahm den Bissen auß seinem Mund/ und sagte:
Der Fisch ist mir nicht gesund. Er stund darauf von der Tafel
auf/ und aß denselben Abend nichts. Der HErr JEsus aber
weiset uns andere Zeichen seines Mißfallens/ wann wir die
sündliche Welt-Bissen aufschlucken/ doch gibt es deren sehr we-
nig/ die Jhm hierinneu gehorsam sind/ da doch der HERR so
eine Liebe träget für uns seine Jünger! Der Lehrmeister Kö-
nigs Carl deß Ersten in Ungarn/ beschützete das Kind mit sei-
nem Leib gegen das Hauen und Stechen deß Mörders Zaachi,
der das Reich für sich selbst suchte. Aber unser Lehrmeister JE-
sus beschützet seine gehorsame Jünger mit seinem Leib und Seel/
in welchen er die Wunden empfangen hat/ gegen die höllische
Mörder. Was Danck können wir Jhm dann gnugsam ver-
gelten.

Das XXXIV. Capitul/

Don Antonio wird von Don A ostino erleget/ dieser kommt
darüber in Vngnade/ machet sich aber groß/ und sein Printz Condado
verliebt sich in Melicerta/ worüber Parmenio erstochen wird.

ALs der Podesta dieses gesaget/ nöthigte er die Ge-
sellschafft zum Essen und Trincken/ da dann
auch ein Jeder die jenige Lucken seines Magens
vollends auß füllete/ welche ihnen das genossene Früh-

stück

Romans I. Buch.
das noch wol weiſen. Daruͤber wurde der Vatter zornig/ und
gab ihm einen Schlag. Der Sohn vertrug es mit Gedult/ und
ſagte: Dieſe Weißheit habe ich gelerneꝛ/ daß ich meines Vatters
Zorn mit Gedult ertragen ſoll.

Der Podeſtà beſchloſſe dieſen Diſcurs mit folgenden Wor-
ten: So viel Weißheit haben viel Kinder in der Schul Chriſti
noch nicht gelernet. Ja/ viel Chriſten ſelbſt nicht gegen GOtt/
unſern Himmliſchen Vatter. Unſere Kirchen ſind wol voll Leute/
aber viel ſind nur Hoͤrer/ und keine Thaͤter deß Worts. Cato
wurde geprieſen/ daß er noch als ein Juͤngling ſeinem Meiſter
Sarpedoni in allem gehorſamet. Balduin, Graf von Hennegau/
war ſeinem Lehrmeiſter auch in allem gehorſam/ als er auch
ſchon alt war. Einsmahls kam er muͤde und hungerig von der
Jagd an die Tafel/ da ſein Lehrmeiſter auch war/ und ſienge an
von einem Hecht zu eſſen/ welcher auf dieſen Tag/ Vermoͤg der
Geſetze ſelbiger Zeiten/ zu eſſen verbotten war; Der Lehrmeiſter
huſtete nur ein wenig/ und ſahe den Grafen an. Balduin wurde
Schamroth/ nahm den Biſſen auß ſeinem Mund/ und ſagte:
Der Fiſch iſt mir nicht geſund. Er ſtund darauf von der Tafel
auf/ und aß denſelben Abend nichts. Der HErꝛ JEſus aber
weiſet uns andere Zeichen ſeines Mißfallens/ wann wir die
ſuͤndliche Welt-Biſſen aufſchlucken/ doch gibt es deren ſehr we-
nig/ die Jhm hierinneu gehorſam ſind/ da doch der HERR ſo
eine Liebe traͤget fuͤr uns ſeine Juͤnger! Der Lehrmeiſter Koͤ-
nigs Carl deß Erſten in Ungarn/ beſchuͤtzete das Kind mit ſei-
nem Leib gegen das Hauen und Stechen deß Moͤrders Zaachi,
der das Reich fuͤr ſich ſelbſt ſuchte. Aber unſer Lehrmeiſter JE-
ſus beſchuͤtzet ſeine gehorſame Juͤnger mit ſeinem Leib und Seel/
in welchen er die Wunden empfangen hat/ gegen die hoͤlliſche
Moͤrder. Was Danck koͤnnen wir Jhm dann gnugſam ver-
gelten.

Das XXXIV. Capitul/

Don Antonio wird von Don A oſtino erleget/ dieſer kommt
daruͤber in Vngnade/ machet ſich aber groß/ und ſein Printz Condado
verliebt ſich in Melicerta/ woruͤber Parmenio erſtochen wird.

ALs der Podeſtà dieſes geſaget/ noͤthigte er die Ge-
ſellſchafft zum Eſſen und Trincken/ da dann
auch ein Jeder die jenige Lucken ſeines Magens
vollends auß fuͤllete/ welche ihnen das genoſſene Fruͤh-

ſtuͤck
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0409" n="395"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
das noch wol wei&#x017F;en. Daru&#x0364;ber wurde der Vatter zornig/ und<lb/>
gab ihm einen Schlag. Der Sohn vertrug es mit Gedult/ und<lb/>
&#x017F;agte: Die&#x017F;e Weißheit habe ich gelerne&#xA75B;/ daß ich meines Vatters<lb/>
Zorn mit Gedult ertragen &#x017F;oll.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#aq">Pode&#x017F;</hi> be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;en <hi rendition="#aq">Di&#x017F;curs</hi> mit folgenden Wor-<lb/>
ten: So viel Weißheit haben viel Kinder in der Schul Chri&#x017F;ti<lb/>
noch nicht gelernet. Ja/ viel Chri&#x017F;ten &#x017F;elb&#x017F;t nicht gegen GOtt/<lb/>
un&#x017F;ern Himmli&#x017F;chen Vatter. Un&#x017F;ere Kirchen &#x017F;ind wol voll Leute/<lb/>
aber viel &#x017F;ind nur Ho&#x0364;rer/ und keine Tha&#x0364;ter deß Worts. <hi rendition="#aq">Cato</hi><lb/>
wurde geprie&#x017F;en/ daß er noch als ein Ju&#x0364;ngling &#x017F;einem Mei&#x017F;ter<lb/><hi rendition="#aq">Sarpedoni</hi> in allem gehor&#x017F;amet. <hi rendition="#aq">Balduin,</hi> Graf von Hennegau/<lb/>
war &#x017F;einem Lehrmei&#x017F;ter auch in allem gehor&#x017F;am/ als er auch<lb/>
&#x017F;chon alt war. Einsmahls kam er mu&#x0364;de und hungerig von der<lb/>
Jagd an die Tafel/ da &#x017F;ein Lehrmei&#x017F;ter auch war/ und &#x017F;ienge an<lb/>
von einem Hecht zu e&#x017F;&#x017F;en/ welcher auf die&#x017F;en Tag/ Vermo&#x0364;g der<lb/>
Ge&#x017F;etze &#x017F;elbiger Zeiten/ zu e&#x017F;&#x017F;en verbotten war; Der Lehrmei&#x017F;ter<lb/>
hu&#x017F;tete nur ein wenig/ und &#x017F;ahe den Grafen an. <hi rendition="#aq">Balduin</hi> wurde<lb/>
Schamroth/ nahm den Bi&#x017F;&#x017F;en auß &#x017F;einem Mund/ und &#x017F;agte:<lb/>
Der Fi&#x017F;ch i&#x017F;t mir nicht ge&#x017F;und. Er &#x017F;tund darauf von der Tafel<lb/>
auf/ und aß den&#x017F;elben Abend nichts. Der HEr&#xA75B; JE&#x017F;us aber<lb/>
wei&#x017F;et uns andere Zeichen &#x017F;eines Mißfallens/ wann wir die<lb/>
&#x017F;u&#x0364;ndliche Welt-Bi&#x017F;&#x017F;en auf&#x017F;chlucken/ doch gibt es deren &#x017F;ehr we-<lb/>
nig/ die Jhm hierinneu gehor&#x017F;am &#x017F;ind/ da doch der HERR &#x017F;o<lb/>
eine Liebe tra&#x0364;get fu&#x0364;r uns &#x017F;eine Ju&#x0364;nger! Der Lehrmei&#x017F;ter Ko&#x0364;-<lb/>
nigs Carl deß Er&#x017F;ten in Ungarn/ be&#x017F;chu&#x0364;tzete das Kind mit &#x017F;ei-<lb/>
nem Leib gegen das Hauen und Stechen deß Mo&#x0364;rders <hi rendition="#aq">Zaachi,</hi><lb/>
der das Reich fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;uchte. Aber un&#x017F;er Lehrmei&#x017F;ter JE-<lb/>
&#x017F;us be&#x017F;chu&#x0364;tzet &#x017F;eine gehor&#x017F;ame Ju&#x0364;nger mit &#x017F;einem Leib und Seel/<lb/>
in welchen er die Wunden empfangen hat/ gegen die ho&#x0364;lli&#x017F;che<lb/>
Mo&#x0364;rder. Was Danck ko&#x0364;nnen wir Jhm dann gnug&#x017F;am ver-<lb/>
gelten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XXXIV</hi>.</hi> Capitul/</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p><hi rendition="#aq">Don Antonio</hi> wird von <hi rendition="#aq">Don A o&#x017F;tino</hi> erleget/ die&#x017F;er kommt<lb/>
daru&#x0364;ber in Vngnade/ machet &#x017F;ich aber groß/ und &#x017F;ein Printz Condado<lb/>
verliebt &#x017F;ich in Melicerta/ woru&#x0364;ber Parmenio er&#x017F;tochen wird.</p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>Ls der <hi rendition="#aq">Pode&#x017F;</hi> die&#x017F;es ge&#x017F;aget/ no&#x0364;thigte er die Ge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafft zum E&#x017F;&#x017F;en und Trincken/ da dann<lb/>
auch ein Jeder die jenige Lucken &#x017F;eines Magens<lb/>
vollends auß fu&#x0364;llete/ welche ihnen das geno&#x017F;&#x017F;ene Fru&#x0364;h-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tu&#x0364;ck</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0409] Romans I. Buch. das noch wol weiſen. Daruͤber wurde der Vatter zornig/ und gab ihm einen Schlag. Der Sohn vertrug es mit Gedult/ und ſagte: Dieſe Weißheit habe ich gelerneꝛ/ daß ich meines Vatters Zorn mit Gedult ertragen ſoll. Der Podeſtà beſchloſſe dieſen Diſcurs mit folgenden Wor- ten: So viel Weißheit haben viel Kinder in der Schul Chriſti noch nicht gelernet. Ja/ viel Chriſten ſelbſt nicht gegen GOtt/ unſern Himmliſchen Vatter. Unſere Kirchen ſind wol voll Leute/ aber viel ſind nur Hoͤrer/ und keine Thaͤter deß Worts. Cato wurde geprieſen/ daß er noch als ein Juͤngling ſeinem Meiſter Sarpedoni in allem gehorſamet. Balduin, Graf von Hennegau/ war ſeinem Lehrmeiſter auch in allem gehorſam/ als er auch ſchon alt war. Einsmahls kam er muͤde und hungerig von der Jagd an die Tafel/ da ſein Lehrmeiſter auch war/ und ſienge an von einem Hecht zu eſſen/ welcher auf dieſen Tag/ Vermoͤg der Geſetze ſelbiger Zeiten/ zu eſſen verbotten war; Der Lehrmeiſter huſtete nur ein wenig/ und ſahe den Grafen an. Balduin wurde Schamroth/ nahm den Biſſen auß ſeinem Mund/ und ſagte: Der Fiſch iſt mir nicht geſund. Er ſtund darauf von der Tafel auf/ und aß denſelben Abend nichts. Der HErꝛ JEſus aber weiſet uns andere Zeichen ſeines Mißfallens/ wann wir die ſuͤndliche Welt-Biſſen aufſchlucken/ doch gibt es deren ſehr we- nig/ die Jhm hierinneu gehorſam ſind/ da doch der HERR ſo eine Liebe traͤget fuͤr uns ſeine Juͤnger! Der Lehrmeiſter Koͤ- nigs Carl deß Erſten in Ungarn/ beſchuͤtzete das Kind mit ſei- nem Leib gegen das Hauen und Stechen deß Moͤrders Zaachi, der das Reich fuͤr ſich ſelbſt ſuchte. Aber unſer Lehrmeiſter JE- ſus beſchuͤtzet ſeine gehorſame Juͤnger mit ſeinem Leib und Seel/ in welchen er die Wunden empfangen hat/ gegen die hoͤlliſche Moͤrder. Was Danck koͤnnen wir Jhm dann gnugſam ver- gelten. Das XXXIV. Capitul/ Don Antonio wird von Don A oſtino erleget/ dieſer kommt daruͤber in Vngnade/ machet ſich aber groß/ und ſein Printz Condado verliebt ſich in Melicerta/ woruͤber Parmenio erſtochen wird. ALs der Podeſtà dieſes geſaget/ noͤthigte er die Ge- ſellſchafft zum Eſſen und Trincken/ da dann auch ein Jeder die jenige Lucken ſeines Magens vollends auß fuͤllete/ welche ihnen das genoſſene Fruͤh- ſtuͤck

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/409
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/409>, abgerufen am 19.04.2024.