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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
zunehmen/ dann/ als er sie einsmahls auch bey sich hatte/ nun
aber deren einer/ nemlich Horatius, als ein Melancholicus, offt
und tieff seuffzete/ der Andere aber/ nemlich Virgilius, als ein
Lippus, wegen seiner fliessenden Augen stäts thränete/ machte
Augustus eine höfliche Schertz-Rede deßwegen/ und sprach:
Hic lachrymas inter sedet & suspiria Caesar. Das ist: Hier
sitzet Käyser Augustus zwischen Thränen und Seuffzen.

Jch könte über diese noch viel Historien allegiren und an-
ziehen unterlasse es aber/ damit ich es nicht zu lang/ und meinem
Herrn Verdruß mache. Es duncket mich aber/ es wolle mir
hier Jemand entgegen setzen: Seneca, der vortreffliche Sitten-
Lehrer/ wäre auch ein sehr berühmter und gelehrter Mann ge-
wesen/ und gleichwol von Nerone, dem Blut-Hund/ getödtet
worden; Dem antworte ich: Daß eben dieser Nero der aller-
grausamfte Mensch gewesen/ darum man sich hierüber nicht zu
verwundern/ ehe aber dieser Seneca durch einen gewaltsamen
Tod hingerichtet worden/ waren die Ehren/ Hoheiten und Gü-
ther sehr groß/ welche er in Rom durch seine Studien und Weiß-
heit erlanget und besessen hatte. Jst demnach ein wahrer und
gewisser Spruch/ daß durch die Ehre und Geschencke die Künfte
befördert und die Wissenschafften vermehret werden. Dahero
hören wir/ daß gemeiniglich zu derer Käyser/ Könige und Für-
sten Zeiten/ die den Literatis günftig und gewogen waren/ auch
viel gelehrte Leute sich gefunden und floriret haben/ und zwar
sonderlich in Rom zu den Zeiten Octaviani Augusti, Claudii,
Hadriani, Vespasiani, Antonini,
von denen Jüngern aber/ als
zu den Zeiten Käysers Sigismundi, Caroli V. Roberti Königs
in Sicilien/ Papsts Nicolai V. Königs Alphonsi zu Neapolis,
Matthiae
Königs in Ungarn und Böhmen/ ingleichem auch in
der Stadt Florentz/ hat man Jederzeit an gelehrten Leuten mehr
einen Uberfluß/ als Mangel gehabt.

Das XVI. Capitul/

Die Studien sind hohen Stands-Personen sehr heilsam.
Exempel derer/ welche dieselbe und die gelehrten Leute hoch aestimirt
haben.

SOlchen Discurs führete Venereus, worauß der
Capitain erkannte/ daß er in seiner Profession
ziemlich beschlagen seyn müsse/ er wolte ihm
aber gleichwol das Obstat noch weiter halten/ darum
sprach er: Ob gleich die grossen Potentaten einigen

gelehr-
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Romans II. Buch.
zunehmen/ dann/ als er ſie einsmahls auch bey ſich hatte/ nun
aber deren einer/ nemlich Horatius, als ein Melancholicus, offt
und tieff ſeuffzete/ der Andere aber/ nemlich Virgilius, als ein
Lippus, wegen ſeiner flieſſenden Augen ſtaͤts thraͤnete/ machte
Auguſtus eine hoͤfliche Schertz-Rede deßwegen/ und ſprach:
Hic lachrymas inter ſedet & ſuſpiria Cæſar. Das iſt: Hier
ſitzet Kaͤyſer Auguſtus zwiſchen Thraͤnen und Seuffzen.

Jch koͤnte uͤber dieſe noch viel Hiſtorien allegiren und an-
ziehen unterlaſſe es aber/ damit ich es nicht zu lang/ und meinem
Herꝛn Verdruß mache. Es duncket mich aber/ es wolle mir
hier Jemand entgegen ſetzen: Seneca, der vortreffliche Sitten-
Lehrer/ waͤre auch ein ſehr beruͤhmter und gelehrter Mann ge-
weſen/ und gleichwol von Nerone, dem Blut-Hund/ getoͤdtet
worden; Dem antworte ich: Daß eben dieſer Nero der aller-
grauſamfte Menſch geweſen/ darum man ſich hieruͤber nicht zu
verwundern/ ehe aber dieſer Seneca durch einen gewaltſamen
Tod hingerichtet worden/ waren die Ehren/ Hoheiten und Guͤ-
ther ſehr groß/ welche er in Rom durch ſeine Studien und Weiß-
heit erlanget und beſeſſen hatte. Jſt demnach ein wahrer und
gewiſſer Spruch/ daß durch die Ehre und Geſchencke die Kuͤnfte
befoͤrdert und die Wiſſenſchafften vermehret werden. Dahero
hoͤren wir/ daß gemeiniglich zu derer Kaͤyſer/ Koͤnige und Fuͤr-
ſten Zeiten/ die den Literatis guͤnftig und gewogen waren/ auch
viel gelehrte Leute ſich gefunden und floriret haben/ und zwar
ſonderlich in Rom zu den Zeiten Octaviani Auguſti, Claudii,
Hadriani, Veſpaſiani, Antonini,
von denen Juͤngern aber/ als
zu den Zeiten Kaͤyſers Sigismundi, Caroli V. Roberti Koͤnigs
in Sicilien/ Papſts Nicolai V. Koͤnigs Alphonſi zu Neapolis,
Matthiæ
Koͤnigs in Ungarn und Boͤhmen/ ingleichem auch in
der Stadt Florentz/ hat man Jederzeit an gelehrten Leuten mehr
einen Uberfluß/ als Mangel gehabt.

Das XVI. Capitul/

Die Studien ſind hohen Stands-Perſonen ſehr heilſam.
Exempel derer/ welche dieſelbe und die gelehrten Leute hoch æſtimirt
haben.

SOlchen Diſcurs fuͤhrete Venereus, worauß der
Capitain erkannte/ daß er in ſeiner Profeſſion
ziemlich beſchlagen ſeyn muͤſſe/ er wolte ihm
aber gleichwol das Obſtat noch weiter halten/ darum
ſprach er: Ob gleich die groſſen Potentaten einigen

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[723/0741] Romans II. Buch. zunehmen/ dann/ als er ſie einsmahls auch bey ſich hatte/ nun aber deren einer/ nemlich Horatius, als ein Melancholicus, offt und tieff ſeuffzete/ der Andere aber/ nemlich Virgilius, als ein Lippus, wegen ſeiner flieſſenden Augen ſtaͤts thraͤnete/ machte Auguſtus eine hoͤfliche Schertz-Rede deßwegen/ und ſprach: Hic lachrymas inter ſedet & ſuſpiria Cæſar. Das iſt: Hier ſitzet Kaͤyſer Auguſtus zwiſchen Thraͤnen und Seuffzen. Jch koͤnte uͤber dieſe noch viel Hiſtorien allegiren und an- ziehen unterlaſſe es aber/ damit ich es nicht zu lang/ und meinem Herꝛn Verdruß mache. Es duncket mich aber/ es wolle mir hier Jemand entgegen ſetzen: Seneca, der vortreffliche Sitten- Lehrer/ waͤre auch ein ſehr beruͤhmter und gelehrter Mann ge- weſen/ und gleichwol von Nerone, dem Blut-Hund/ getoͤdtet worden; Dem antworte ich: Daß eben dieſer Nero der aller- grauſamfte Menſch geweſen/ darum man ſich hieruͤber nicht zu verwundern/ ehe aber dieſer Seneca durch einen gewaltſamen Tod hingerichtet worden/ waren die Ehren/ Hoheiten und Guͤ- ther ſehr groß/ welche er in Rom durch ſeine Studien und Weiß- heit erlanget und beſeſſen hatte. Jſt demnach ein wahrer und gewiſſer Spruch/ daß durch die Ehre und Geſchencke die Kuͤnfte befoͤrdert und die Wiſſenſchafften vermehret werden. Dahero hoͤren wir/ daß gemeiniglich zu derer Kaͤyſer/ Koͤnige und Fuͤr- ſten Zeiten/ die den Literatis guͤnftig und gewogen waren/ auch viel gelehrte Leute ſich gefunden und floriret haben/ und zwar ſonderlich in Rom zu den Zeiten Octaviani Auguſti, Claudii, Hadriani, Veſpaſiani, Antonini, von denen Juͤngern aber/ als zu den Zeiten Kaͤyſers Sigismundi, Caroli V. Roberti Koͤnigs in Sicilien/ Papſts Nicolai V. Koͤnigs Alphonſi zu Neapolis, Matthiæ Koͤnigs in Ungarn und Boͤhmen/ ingleichem auch in der Stadt Florentz/ hat man Jederzeit an gelehrten Leuten mehr einen Uberfluß/ als Mangel gehabt. Das XVI. Capitul/ Die Studien ſind hohen Stands-Perſonen ſehr heilſam. Exempel derer/ welche dieſelbe und die gelehrten Leute hoch æſtimirt haben. SOlchen Diſcurs fuͤhrete Venereus, worauß der Capitain erkannte/ daß er in ſeiner Profeſſion ziemlich beſchlagen ſeyn muͤſſe/ er wolte ihm aber gleichwol das Obſtat noch weiter halten/ darum ſprach er: Ob gleich die groſſen Potentaten einigen gelehr- Z z 2

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/741>, abgerufen am 28.03.2024.