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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
stelleten sie sich in einen Cräyß/ und darauf praesen-
ti
rte sich Troll/ und hielte in Praesentz der gantzen Ge-
meinde nachfolgende

Abdanckung bey der Begängnüß
einer alten Frauen.

ALlerseits geehrte und geliebte Brüder und Schwe-
stern/ Freunde und Freundinnen! Es ist ein altes/
aber auch warhafftes Sprichwort/ da man saget:
Stirbt der Fuchs/ so gilt der Balg. Das gehet nicht
allein bey dem Fuchs/ sondern auch bey fast allen und
jeden 4. füssigen Thieren an. Aber wann der Mensch
stirbet/ so begräbet man ihn mit Haut und Haar in
die Erde. Dann in dieser Haut muß er am Jüngsten
Tag wieder erscheinen. Solcher Gestalt ist jetzo von
uns zum Grabe gebracht worden/ Ursula Krachbei-
nin/ eine Frau von 89. Jahren/ 7. Monaten/ 3. Wo-
chen/ 5. Tagen/ 19. Stunden/ und 34. Minuten/ wie
man solches auß der Geburts-Stunde ersehen kan/ so
in ihrer nachgelassenen Erb-Bibel aufgezeichnet stun-
de. Was ist doch der Mensch/ wann er todt ist? Ein
Sack voll stinckend'er Maden/ und wir werden es dem
hochbetrübten Wittiber nicht rathen/ daß er das gar-
stige Todten-Aaß wieder in sein Hauß nehme/ nam
omnis homo exanimatus est & dicitur cadaver.
Wie
bald ist es mit dem Menschen geschehen? Diese Frau
war vor 3. Tagen annoch im Feld/ und brachte ihrem
Mann zu essen an die Arbeit. Aber siehe! ein unzeiti-
ger Eyfer/ der sie an ihre junge Magd verhetzet/ hat sie
in grosse Alteration gebracht/ daß sie darüber zum tod-
ten Cörper worden. Ein unzeitiger Eyfer/ sag ich/
dann sie muthmassete nur etwas von ihrer Magd/ und
ihrem Mann/ hatte aber keinen gewissen Fuß. Aber
ich weiß besser darum/ Nicolaus Krachbeinius est ho-

mo in-

Romans II. Buch.
ſtelleten ſie ſich in einen Craͤyß/ und darauf præſen-
ti
rte ſich Troll/ und hielte in Præſentz der gantzen Ge-
meinde nachfolgende

Abdanckung bey der Begaͤngnuͤß
einer alten Frauen.

ALlerſeits geehrte und geliebte Bruͤder uñ Schwe-
ſtern/ Freunde und Freundinnen! Es iſt ein altes/
aber auch warhafftes Sprichwort/ da man ſaget:
Stirbt der Fuchs/ ſo gilt der Balg. Das gehet nicht
allein bey dem Fuchs/ ſondern auch bey faſt allen und
jeden 4. fuͤſſigen Thieren an. Aber wann der Menſch
ſtirbet/ ſo begraͤbet man ihn mit Haut und Haar in
die Erde. Dann in dieſer Haut muß er am Juͤngſten
Tag wieder erſcheinen. Solcher Geſtalt iſt jetzo von
uns zum Grabe gebracht worden/ Urſula Krachbei-
nin/ eine Frau von 89. Jahren/ 7. Monaten/ 3. Wo-
chen/ 5. Tagen/ 19. Stunden/ und 34. Minuten/ wie
man ſolches auß der Geburts-Stunde erſehen kan/ ſo
in ihrer nachgelaſſenen Erb-Bibel aufgezeichnet ſtun-
de. Was iſt doch der Menſch/ wann er todt iſt? Ein
Sack voll ſtinckend’er Maden/ und wir werden es dem
hochbetruͤbten Wittiber nicht rathen/ daß er das gar-
ſtige Todten-Aaß wieder in ſein Hauß nehme/ nam
omnis homo exanimatus eſt & dicitur cadaver.
Wie
bald iſt es mit dem Menſchen geſchehen? Dieſe Frau
war vor 3. Tagen annoch im Feld/ und brachte ihrem
Mann zu eſſen an die Arbeit. Aber ſiehe! ein unzeiti-
ger Eyfer/ der ſie an ihre junge Magd verhetzet/ hat ſie
in groſſe Alteration gebracht/ daß ſie daruͤber zum tod-
ten Coͤrper worden. Ein unzeitiger Eyfer/ ſag ich/
dann ſie muthmaſſete nur etwas von ihrer Magd/ und
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[781/0801] Romans II. Buch. ſtelleten ſie ſich in einen Craͤyß/ und darauf præſen- tirte ſich Troll/ und hielte in Præſentz der gantzen Ge- meinde nachfolgende Abdanckung bey der Begaͤngnuͤß einer alten Frauen. ALlerſeits geehrte und geliebte Bruͤder uñ Schwe- ſtern/ Freunde und Freundinnen! Es iſt ein altes/ aber auch warhafftes Sprichwort/ da man ſaget: Stirbt der Fuchs/ ſo gilt der Balg. Das gehet nicht allein bey dem Fuchs/ ſondern auch bey faſt allen und jeden 4. fuͤſſigen Thieren an. Aber wann der Menſch ſtirbet/ ſo begraͤbet man ihn mit Haut und Haar in die Erde. Dann in dieſer Haut muß er am Juͤngſten Tag wieder erſcheinen. Solcher Geſtalt iſt jetzo von uns zum Grabe gebracht worden/ Urſula Krachbei- nin/ eine Frau von 89. Jahren/ 7. Monaten/ 3. Wo- chen/ 5. Tagen/ 19. Stunden/ und 34. Minuten/ wie man ſolches auß der Geburts-Stunde erſehen kan/ ſo in ihrer nachgelaſſenen Erb-Bibel aufgezeichnet ſtun- de. Was iſt doch der Menſch/ wann er todt iſt? Ein Sack voll ſtinckend’er Maden/ und wir werden es dem hochbetruͤbten Wittiber nicht rathen/ daß er das gar- ſtige Todten-Aaß wieder in ſein Hauß nehme/ nam omnis homo exanimatus eſt & dicitur cadaver. Wie bald iſt es mit dem Menſchen geſchehen? Dieſe Frau war vor 3. Tagen annoch im Feld/ und brachte ihrem Mann zu eſſen an die Arbeit. Aber ſiehe! ein unzeiti- ger Eyfer/ der ſie an ihre junge Magd verhetzet/ hat ſie in groſſe Alteration gebracht/ daß ſie daruͤber zum tod- ten Coͤrper worden. Ein unzeitiger Eyfer/ ſag ich/ dann ſie muthmaſſete nur etwas von ihrer Magd/ und ihrem Mann/ hatte aber keinen gewiſſen Fuß. Aber ich weiß beſſer darum/ Nicolaus Krachbeinius eſt ho- mo in-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 781. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/801>, abgerufen am 28.03.2024.