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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
die längst von ihm erwartete Sonne herfür/ und dar-
auf/ weil es schon um die Glocke 8. war/ öffnete die
Magd zwar die Hof- und Hauß-Thür/ ließ sich aber
im Geringsten nicht sehen. Hertod wartete nicht lang/
sondern gieng so geschwind/ als es seine erstarrete
Glieder zuliessen/ in das Hauß/ weil er auch keinen
Menschen darinn fand/ merckete er wol/ daß man sei-
ner gespottet hatte/ derowegen sahe er sich nicht lange
um/ sondern danckete GOtt/ daß er sein Logiment er-
reichete/ woselbst er einheitzen ließ/ und sich alsobald
ins Bette legete. Er ließ etliche Medicos holen/ wel-
che ihm einige Mittel verordneten/ den durch den gan-
tzen Leib gedrungenen Frost wieder zu vertreiben/ aber
das wolte sich so bald ohnmöglich thun lassen/ daß er
also eine schwere Kranckheit außstehen muste/ welche
ihm alle Kräffte/ ja Witz und Verstand wegnahm/
daß man ihn todt sagete/ dessen aber die hart-hertzige/
unzüchtige Jannetine, samt ihrem Jaques, im Hertzen
lacheten.

Das XXIX. Capitul/

Brandano gebrauchet sich einer behenden List/ und rächet sich
dergestalt an der Jannetine/ daß sie schier darüber ums Leben gekommen
wäre/ büsset darbey ein gut Stück Geldes ein.

ENdlich/ nach einem Viertel-Jahr/ da er inzwi-
schen an Statt der Liebe mit einem bittern
Haß gegen die Wittwe reichlich versehen war/
begunte sich seine Kranckheit zur Besserung mit ihm
anzulassen/ dahero/ wie er wieder bey vollem Ver-
stande/ beredete er seinen Hauß-Wirth/ daß er einen
Sarg solle außtragen/ und in die Erde/ da man die
Kätzer begräbet/ verscharren lassen/ wodurch ein Je-
der/ insonderheit aber die Jannetine, nunmehro gleich-
sam versichert waren/ daß Hertod gestorben sey.
Welches dieser zwar einiger Massen das Gewissen
rührete/ doch war ihr Hertz an dem Jaques dergestalt

verknüpf-

Deß Academiſchen
die laͤngſt von ihm erwartete Sonne herfuͤr/ und dar-
auf/ weil es ſchon um die Glocke 8. war/ oͤffnete die
Magd zwar die Hof- und Hauß-Thuͤr/ ließ ſich aber
im Geringſten nicht ſehen. Hertod wartete nicht lang/
ſondern gieng ſo geſchwind/ als es ſeine erſtarrete
Glieder zulieſſen/ in das Hauß/ weil er auch keinen
Menſchen darinn fand/ merckete er wol/ daß man ſei-
ner geſpottet hatte/ derowegen ſahe er ſich nicht lange
um/ ſondern danckete GOtt/ daß er ſein Logiment er-
reichete/ woſelbſt er einheitzen ließ/ und ſich alſobald
ins Bette legete. Er ließ etliche Medicos holen/ wel-
che ihm einige Mittel verordneten/ den durch den gan-
tzen Leib gedrungenen Froſt wieder zu vertreiben/ aber
das wolte ſich ſo bald ohnmoͤglich thun laſſen/ daß er
alſo eine ſchwere Kranckheit außſtehen muſte/ welche
ihm alle Kraͤffte/ ja Witz und Verſtand wegnahm/
daß man ihn todt ſagete/ deſſen aber die hart-hertzige/
unzuͤchtige Jannetine, ſamt ihrem Jaques, im Hertzen
lacheten.

Das XXIX. Capitul/

Brandano gebrauchet ſich einer behenden Liſt/ und raͤchet ſich
dergeſtalt an der Jannetine/ daß ſie ſchier daruͤber ums Leben gekommen
waͤre/ buͤſſet darbey ein gut Stuͤck Geldes ein.

ENdlich/ nach einem Viertel-Jahr/ da er inzwi-
ſchen an Statt der Liebe mit einem bittern
Haß gegen die Wittwe reichlich verſehen war/
begunte ſich ſeine Kranckheit zur Beſſerung mit ihm
anzulaſſen/ dahero/ wie er wieder bey vollem Ver-
ſtande/ beredete er ſeinen Hauß-Wirth/ daß er einen
Sarg ſolle außtragen/ und in die Erde/ da man die
Kaͤtzer begraͤbet/ verſcharren laſſen/ wodurch ein Je-
der/ inſonderheit aber die Jannetine, nunmehro gleich-
ſam verſichert waren/ daß Hertod geſtorben ſey.
Welches dieſer zwar einiger Maſſen das Gewiſſen
ruͤhrete/ doch war ihr Hertz an dem Jaques dergeſtalt

verknuͤpf-
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[336/0350] Deß Academiſchen die laͤngſt von ihm erwartete Sonne herfuͤr/ und dar- auf/ weil es ſchon um die Glocke 8. war/ oͤffnete die Magd zwar die Hof- und Hauß-Thuͤr/ ließ ſich aber im Geringſten nicht ſehen. Hertod wartete nicht lang/ ſondern gieng ſo geſchwind/ als es ſeine erſtarrete Glieder zulieſſen/ in das Hauß/ weil er auch keinen Menſchen darinn fand/ merckete er wol/ daß man ſei- ner geſpottet hatte/ derowegen ſahe er ſich nicht lange um/ ſondern danckete GOtt/ daß er ſein Logiment er- reichete/ woſelbſt er einheitzen ließ/ und ſich alſobald ins Bette legete. Er ließ etliche Medicos holen/ wel- che ihm einige Mittel verordneten/ den durch den gan- tzen Leib gedrungenen Froſt wieder zu vertreiben/ aber das wolte ſich ſo bald ohnmoͤglich thun laſſen/ daß er alſo eine ſchwere Kranckheit außſtehen muſte/ welche ihm alle Kraͤffte/ ja Witz und Verſtand wegnahm/ daß man ihn todt ſagete/ deſſen aber die hart-hertzige/ unzuͤchtige Jannetine, ſamt ihrem Jaques, im Hertzen lacheten. Das XXIX. Capitul/ Brandano gebrauchet ſich einer behenden Liſt/ und raͤchet ſich dergeſtalt an der Jannetine/ daß ſie ſchier daruͤber ums Leben gekommen waͤre/ buͤſſet darbey ein gut Stuͤck Geldes ein. ENdlich/ nach einem Viertel-Jahr/ da er inzwi- ſchen an Statt der Liebe mit einem bittern Haß gegen die Wittwe reichlich verſehen war/ begunte ſich ſeine Kranckheit zur Beſſerung mit ihm anzulaſſen/ dahero/ wie er wieder bey vollem Ver- ſtande/ beredete er ſeinen Hauß-Wirth/ daß er einen Sarg ſolle außtragen/ und in die Erde/ da man die Kaͤtzer begraͤbet/ verſcharren laſſen/ wodurch ein Je- der/ inſonderheit aber die Jannetine, nunmehro gleich- ſam verſichert waren/ daß Hertod geſtorben ſey. Welches dieſer zwar einiger Maſſen das Gewiſſen ruͤhrete/ doch war ihr Hertz an dem Jaques dergeſtalt verknuͤpf-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/350>, abgerufen am 20.04.2024.