Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
verknüpffet/ daß sie um dessentwillen wol 10. andere
Gesellen aufgeopffert hätte.

Wie aber Hertod sich solcher Gestalt wieder bey
Kräfften sahe/ daß er das Räysen vertragen kunte/
nahm er von seinem Wirth Abschied/ und band ihm
veste ein/ einen Jeden bey der Meynung zu lassen/ daß
er dieses Zeitliche in jüngster Kranckheit verlassen
hätte. Er nahm seinen Weg nach Genug/ und besahe
Jtalien/ weil ihm auch alle Haare abgefallen/ setzete
er eine Peruque auf/ und ließ einen breiten Barth
wachsen. Endlich kehrete er mit etlichen Kauffleuten/
die unter Weges zu ihm stiessen/ wieder nach Marsi-
lien/ in Hoffnung/ sich an der Jannetine Gebühr-mäs-
sig zu rächen. Er kehrete/ zusamt seiner Gesellschafft/
in einer andern Herberge ein/ und nennete sich nicht
mehr Hertod, sondern Brandano, mit seinem rechten
Namen/ weil er auch den Kauffleuten unter Weges
viel geweissaget/ was ihnen begegnen würde/ ihnen
auch auf dem Nagel hersagete/ was diesem oder je-
nem von der Gesellschafft schon begegnet wäre/ hiel-
ten ihn diese/ als einen rechten Wunder-Mann/ und
sein Ruff breitete sich alsobald in der gantzen Stadt
Marsilien allenthalben auß/ daß ein Jeder kam/ und
ihm Geschencke brachte/ um sich seines Raths zu
bedienen.

Er hörete aber unter andern mit grossem Ver-
gnügen/ daß die Jannetine dem Jaques nicht allzu treu
verblieben/ sondern neben demselben auch mit andern
zugehalten hätte/ welches dieser durch seine Magd/
die er ihm mit grossen Geschencken verbündlich ge-
macht/ bald erfahren/ wannenhero er sich ihrer von
der Zeit an/ biß dato, gäntzlich enthalten hatte/ wiewol
sie alles anwendete/ um ihn von neuem wieder in ihr
Liebes-Netz zu bringen/ welches ihr aber biß dato

gantz
Y

Romans I. Buch.
verknuͤpffet/ daß ſie um deſſentwillen wol 10. andere
Geſellen aufgeopffert haͤtte.

Wie aber Hertod ſich ſolcher Geſtalt wieder bey
Kraͤfften ſahe/ daß er das Raͤyſen vertragen kunte/
nahm er von ſeinem Wirth Abſchied/ und band ihm
veſte ein/ einen Jeden bey der Meynung zu laſſen/ daß
er dieſes Zeitliche in juͤngſter Kranckheit verlaſſen
haͤtte. Er nahm ſeinen Weg nach Genug/ und beſahe
Jtalien/ weil ihm auch alle Haare abgefallen/ ſetzete
er eine Peruque auf/ und ließ einen breiten Barth
wachſen. Endlich kehrete er mit etlichen Kauffleuten/
die unter Weges zu ihm ſtieſſen/ wieder nach Marſi-
lien/ in Hoffnung/ ſich an der Jannetine Gebuͤhr-maͤſ-
ſig zu raͤchen. Er kehrete/ zuſamt ſeiner Geſellſchafft/
in einer andern Herberge ein/ und nennete ſich nicht
mehr Hertod, ſondern Brandano, mit ſeinem rechten
Namen/ weil er auch den Kauffleuten unter Weges
viel geweiſſaget/ was ihnen begegnen wuͤrde/ ihnen
auch auf dem Nagel herſagete/ was dieſem oder je-
nem von der Geſellſchafft ſchon begegnet waͤre/ hiel-
ten ihn dieſe/ als einen rechten Wunder-Mann/ und
ſein Ruff breitete ſich alſobald in der gantzen Stadt
Marſilien allenthalben auß/ daß ein Jeder kam/ und
ihm Geſchencke brachte/ um ſich ſeines Raths zu
bedienen.

Er hoͤrete aber unter andern mit groſſem Ver-
gnuͤgen/ daß die Jannetine dem Jaques nicht allzu treu
verblieben/ ſondern neben demſelben auch mit andern
zugehalten haͤtte/ welches dieſer durch ſeine Magd/
die er ihm mit groſſen Geſchencken verbuͤndlich ge-
macht/ bald erfahren/ wannenhero er ſich ihrer von
der Zeit an/ biß dato, gaͤntzlich enthalten hatte/ wiewol
ſie alles anwendete/ um ihn von neuem wieder in ihr
Liebes-Netz zu bringen/ welches ihr aber biß dato

gantz
Y
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0351" n="337"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
verknu&#x0364;pffet/ daß &#x017F;ie um de&#x017F;&#x017F;entwillen wol 10. andere<lb/>
Ge&#x017F;ellen aufgeopffert ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Wie aber <hi rendition="#aq">Hertod</hi> &#x017F;ich &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt wieder bey<lb/>
Kra&#x0364;fften &#x017F;ahe/ daß er das Ra&#x0364;y&#x017F;en vertragen kunte/<lb/>
nahm er von &#x017F;einem Wirth Ab&#x017F;chied/ und band ihm<lb/>
ve&#x017F;te ein/ einen Jeden bey der Meynung zu la&#x017F;&#x017F;en/ daß<lb/>
er die&#x017F;es Zeitliche in ju&#x0364;ng&#x017F;ter Kranckheit verla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ha&#x0364;tte. Er nahm &#x017F;einen Weg nach Genug/ und be&#x017F;ahe<lb/>
Jtalien/ weil ihm auch alle Haare abgefallen/ &#x017F;etzete<lb/>
er eine <hi rendition="#aq">Peruque</hi> auf/ und ließ einen breiten Barth<lb/>
wach&#x017F;en. Endlich kehrete er mit etlichen Kauffleuten/<lb/>
die unter Weges zu ihm &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;en/ wieder nach Mar&#x017F;i-<lb/>
lien/ in Hoffnung/ &#x017F;ich an der <hi rendition="#aq">Jannetine</hi> Gebu&#x0364;hr-ma&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig zu ra&#x0364;chen. Er kehrete/ zu&#x017F;amt &#x017F;einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft/<lb/>
in einer andern Herberge ein/ und nennete &#x017F;ich nicht<lb/>
mehr <hi rendition="#aq">Hertod,</hi> &#x017F;ondern <hi rendition="#aq">Brandano,</hi> mit &#x017F;einem rechten<lb/>
Namen/ weil er auch den Kauffleuten unter Weges<lb/>
viel gewei&#x017F;&#x017F;aget/ was ihnen begegnen wu&#x0364;rde/ ihnen<lb/>
auch auf dem Nagel her&#x017F;agete/ was die&#x017F;em oder je-<lb/>
nem von der Ge&#x017F;ell&#x017F;chafft &#x017F;chon begegnet wa&#x0364;re/ hiel-<lb/>
ten ihn die&#x017F;e/ als einen rechten Wunder-Mann/ und<lb/>
&#x017F;ein Ruff breitete &#x017F;ich al&#x017F;obald in der gantzen Stadt<lb/>
Mar&#x017F;ilien allenthalben auß/ daß ein Jeder kam/ und<lb/>
ihm Ge&#x017F;chencke brachte/ um &#x017F;ich &#x017F;eines Raths zu<lb/>
bedienen.</p><lb/>
          <p>Er ho&#x0364;rete aber unter andern mit gro&#x017F;&#x017F;em Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen/ daß die <hi rendition="#aq">Jannetine</hi> dem <hi rendition="#aq">Jaques</hi> nicht allzu treu<lb/>
verblieben/ &#x017F;ondern neben dem&#x017F;elben auch mit andern<lb/>
zugehalten ha&#x0364;tte/ welches die&#x017F;er durch &#x017F;eine Magd/<lb/>
die er ihm mit gro&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;chencken verbu&#x0364;ndlich ge-<lb/>
macht/ bald erfahren/ wannenhero er &#x017F;ich ihrer von<lb/>
der Zeit an/ biß <hi rendition="#aq">dato,</hi> ga&#x0364;ntzlich enthalten hatte/ wiewol<lb/>
&#x017F;ie alles anwendete/ um ihn von neuem wieder in ihr<lb/>
Liebes-Netz zu bringen/ welches ihr aber biß <hi rendition="#aq">dato</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y</fw><fw place="bottom" type="catch">gantz</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0351] Romans I. Buch. verknuͤpffet/ daß ſie um deſſentwillen wol 10. andere Geſellen aufgeopffert haͤtte. Wie aber Hertod ſich ſolcher Geſtalt wieder bey Kraͤfften ſahe/ daß er das Raͤyſen vertragen kunte/ nahm er von ſeinem Wirth Abſchied/ und band ihm veſte ein/ einen Jeden bey der Meynung zu laſſen/ daß er dieſes Zeitliche in juͤngſter Kranckheit verlaſſen haͤtte. Er nahm ſeinen Weg nach Genug/ und beſahe Jtalien/ weil ihm auch alle Haare abgefallen/ ſetzete er eine Peruque auf/ und ließ einen breiten Barth wachſen. Endlich kehrete er mit etlichen Kauffleuten/ die unter Weges zu ihm ſtieſſen/ wieder nach Marſi- lien/ in Hoffnung/ ſich an der Jannetine Gebuͤhr-maͤſ- ſig zu raͤchen. Er kehrete/ zuſamt ſeiner Geſellſchafft/ in einer andern Herberge ein/ und nennete ſich nicht mehr Hertod, ſondern Brandano, mit ſeinem rechten Namen/ weil er auch den Kauffleuten unter Weges viel geweiſſaget/ was ihnen begegnen wuͤrde/ ihnen auch auf dem Nagel herſagete/ was dieſem oder je- nem von der Geſellſchafft ſchon begegnet waͤre/ hiel- ten ihn dieſe/ als einen rechten Wunder-Mann/ und ſein Ruff breitete ſich alſobald in der gantzen Stadt Marſilien allenthalben auß/ daß ein Jeder kam/ und ihm Geſchencke brachte/ um ſich ſeines Raths zu bedienen. Er hoͤrete aber unter andern mit groſſem Ver- gnuͤgen/ daß die Jannetine dem Jaques nicht allzu treu verblieben/ ſondern neben demſelben auch mit andern zugehalten haͤtte/ welches dieſer durch ſeine Magd/ die er ihm mit groſſen Geſchencken verbuͤndlich ge- macht/ bald erfahren/ wannenhero er ſich ihrer von der Zeit an/ biß dato, gaͤntzlich enthalten hatte/ wiewol ſie alles anwendete/ um ihn von neuem wieder in ihr Liebes-Netz zu bringen/ welches ihr aber biß dato gantz Y

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/351
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/351>, abgerufen am 29.03.2024.