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Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.

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theilhaftig werde. Die Vernunft lehrt, daß die verstorbene und im Grabe verscharrete Leichnahme nicht herum wandern, wie auch, daß die zur Verwesung geschickte Cörper in der freyen Luft geschwinde Fäulnis annehmen. Die heilige Schrift lehrt, daß der Satan durch die unrichtige Phantasie in das Gemühte und den Leib des Menschen würcke. Was ist aber in einem todten Leichnahm noch übrig von Phantasie? Wir wollen aber freygebig seyn, und solches vor die lange Weile zugeben. Aber es wird auch so dann noch nicht folgen, daß solche Phantasie habe in distans würcken können. Gewiß, wo die Phantasie der Menschen dieses vermögte, so würde keiner sein Geld in Kuffer behalten können?

§. XLIV.

Es giebt sonst eine gute Anzahl lebendiger Vampirs in allen Ständen, für welche man sich am meisten zu hüten hat. Denn sie ziehen Guht, Muht und Bluht, entweder mit offenbahrer Gewalt, (a) oder unter den Schein des Rechten an sich. Wenn die Welt von diesen Spitzbuben könnte gereinigt werden, stünde es viel besser um das menschliche Geschlechte. Wohl dem, wer seinen Bissen mit Recht besitzet und in der Furcht des HErrn genießt? O elende Vampirs, welche den Nechsten würgen, peinigen, martern, um das Seinige helfen. Sie müssen ausspeyen, was sie verschlungen haben, und ihre Erben behalten

(a) Besiehe D. BRUCKMANNS Floh-Falle, worinn eine gemeine Art von Vampirs beschrieben wird.

theilhaftig werde. Die Vernunft lehrt, daß die verstorbene und im Grabe verscharrete Leichnahme nicht herum wandern, wie auch, daß die zur Verwesung geschickte Cörper in der freyen Luft geschwinde Fäulnis annehmen. Die heilige Schrift lehrt, daß der Satan durch die unrichtige Phantasie in das Gemühte und den Leib des Menschen würcke. Was ist aber in einem todten Leichnahm noch übrig von Phantasie? Wir wollen aber freygebig seyn, und solches vor die lange Weile zugeben. Aber es wird auch so dann noch nicht folgen, daß solche Phantasie habe in distans würcken können. Gewiß, wo die Phantasie der Menschen dieses vermögte, so würde keiner sein Geld in Kuffer behalten können?

§. XLIV.

Es giebt sonst eine gute Anzahl lebendiger Vampirs in allen Ständen, für welche man sich am meisten zu hüten hat. Denn sie ziehen Guht, Muht und Bluht, entweder mit offenbahrer Gewalt, (a) oder unter den Schein des Rechten an sich. Wenn die Welt von diesen Spitzbuben könnte gereinigt werden, stünde es viel besser um das menschliche Geschlechte. Wohl dem, wer seinen Bissen mit Recht besitzet und in der Furcht des HErrn genießt? O elende Vampirs, welche den Nechsten würgen, peinigen, martern, um das Seinige helfen. Sie müssen ausspeyen, was sie verschlungen haben, und ihre Erben behalten

(a) Besiehe D. BRUCKMANNS Floh-Falle, worinn eine gemeine Art von Vampirs beschrieben wird.
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[130/0128] theilhaftig werde. Die Vernunft lehrt, daß die verstorbene und im Grabe verscharrete Leichnahme nicht herum wandern, wie auch, daß die zur Verwesung geschickte Cörper in der freyen Luft geschwinde Fäulnis annehmen. Die heilige Schrift lehrt, daß der Satan durch die unrichtige Phantasie in das Gemühte und den Leib des Menschen würcke. Was ist aber in einem todten Leichnahm noch übrig von Phantasie? Wir wollen aber freygebig seyn, und solches vor die lange Weile zugeben. Aber es wird auch so dann noch nicht folgen, daß solche Phantasie habe in distans würcken können. Gewiß, wo die Phantasie der Menschen dieses vermögte, so würde keiner sein Geld in Kuffer behalten können? §. XLIV. Es giebt sonst eine gute Anzahl lebendiger Vampirs in allen Ständen, für welche man sich am meisten zu hüten hat. Denn sie ziehen Guht, Muht und Bluht, entweder mit offenbahrer Gewalt, (a) oder unter den Schein des Rechten an sich. Wenn die Welt von diesen Spitzbuben könnte gereinigt werden, stünde es viel besser um das menschliche Geschlechte. Wohl dem, wer seinen Bissen mit Recht besitzet und in der Furcht des HErrn genießt? O elende Vampirs, welche den Nechsten würgen, peinigen, martern, um das Seinige helfen. Sie müssen ausspeyen, was sie verschlungen haben, und ihre Erben behalten (a) Besiehe D. BRUCKMANNS Floh-Falle, worinn eine gemeine Art von Vampirs beschrieben wird.

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Zitationshilfe: Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/128>, abgerufen am 19.04.2024.