Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhang.
sen erste Lehrzeit in vorgesetztem Werklein ange-
wiesen worden/ wegen Bindung der Reimwort/
viel gelegen/ und einem ieden freystehet/ seine Ge-
danken mehrverständiger Straffurtheil zu un-
tergeben; als ist für schicklich erachtet worden/
etwas weniges auf Verbesserung mehrvernünf-
tigen Gutachtens hierbey anzufügen: und zwar
dergestalt/ daß man alles und iedes auf einmal/
als verwerflich/ auszusetzen nicht gedenket; son-
dern nur Anfangs die unwiedersprechlichsten
Fehler/ und die hingegen unhintertreibliche
Grundsätze zu berühren gewillet ist.

§. 4.

Der Grund der Rechtschreibung beruhet I.
auf richtigen Ursachen/ oder II. auf der
Gewonheit/ so die Gelehrten an-und ein-
geführet.
Wo die Ursachen aufhören/ fänget
die Gewonheit an: Jch will sagen; wo man kei-
ne Ursachen geben kan/ folget man billich der ge-
bräuchlichen Mundart/ und lässet die blinde Ge-
wonheit deß unverständigen Pövelvolks an sei-
nem Ort verbleiben: Massen der Buchstaben
Amt/ und Eigenschaft ist/ den Laut und Ton der
wolausgesprochnen Wörter/ deutlichst
und vernemlichst/ zu binden/ und auszuwirken.

§. 5.

Die Ursachen/ vermittelst welcher wir unge-

zweif
H v

Anhang.
ſen erſte Lehrzeit in vorgeſetztem Werklein ange-
wieſen worden/ wegen Bindung der Reimwort/
viel gelegen/ und einem ieden freyſtehet/ ſeine Ge-
danken mehrverſtaͤndiger Straffurtheil zu un-
tergeben; als iſt fuͤr ſchicklich erachtet worden/
etwas weniges auf Verbeſſerung mehrvernuͤnf-
tigen Gutachtens hierbey anzufuͤgen: und zwar
dergeſtalt/ daß man alles und iedes auf einmal/
als verwerflich/ auszuſetzen nicht gedenket; ſon-
dern nur Anfangs die unwiederſprechlichſten
Fehler/ und die hingegen unhintertreibliche
Grundſaͤtze zu beruͤhren gewillet iſt.

§. 4.

Der Grund der Rechtſchreibung beruhet I.
auf richtigen Urſachen/ oder II. auf der
Gewonheit/ ſo die Gelehrten an-und ein-
gefuͤhret.
Wo die Urſachen aufhoͤren/ faͤnget
die Gewonheit an: Jch will ſagen; wo man kei-
ne Urſachen geben kan/ folget man billich der ge-
braͤuchlichen Mundart/ und laͤſſet die blinde Ge-
wonheit deß unverſtaͤndigen Poͤvelvolks an ſei-
nem Ort verbleiben: Maſſen der Buchſtaben
Amt/ und Eigenſchaft iſt/ den Laut und Ton der
wolausgeſprochnen Woͤrter/ deutlichſt
und vernemlichſt/ zu binden/ und auszuwirken.

§. 5.

Die Urſachen/ vermittelſt welcher wir unge-

zweif
H v
<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0139" n="125[121]"/><fw place="top" type="header">Anhang.</fw><lb/>
&#x017F;en er&#x017F;te Lehrzeit in vorge&#x017F;etztem Werklein ange-<lb/>
wie&#x017F;en worden/ wegen Bindung der Reimwort/<lb/>
viel gelegen/ und einem ieden frey&#x017F;tehet/ &#x017F;eine Ge-<lb/>
danken mehrver&#x017F;ta&#x0364;ndiger Straffurtheil zu un-<lb/>
tergeben; als i&#x017F;t fu&#x0364;r &#x017F;chicklich erachtet worden/<lb/>
etwas weniges auf Verbe&#x017F;&#x017F;erung mehrvernu&#x0364;nf-<lb/>
tigen Gutachtens hierbey anzufu&#x0364;gen: und zwar<lb/>
derge&#x017F;talt/ daß man alles und iedes auf einmal/<lb/>
als verwerflich/ auszu&#x017F;etzen nicht gedenket; &#x017F;on-<lb/>
dern nur Anfangs die unwieder&#x017F;prechlich&#x017F;ten<lb/>
Fehler/ und die hingegen unhintertreibliche<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tze zu beru&#x0364;hren gewillet i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 4.</head><lb/>
            <p>Der Grund der Recht&#x017F;chreibung beruhet <hi rendition="#aq">I.</hi><lb/><hi rendition="#fr">auf richtigen Ur&#x017F;achen/</hi> oder <hi rendition="#aq">II.</hi> <hi rendition="#fr">auf der<lb/>
Gewonheit/ &#x017F;o die Gelehrten an-und ein-<lb/>
gefu&#x0364;hret.</hi> Wo die <hi rendition="#fr">U</hi>r&#x017F;achen aufho&#x0364;ren/ fa&#x0364;nget<lb/>
die Gewonheit an: Jch will &#x017F;agen; wo man kei-<lb/>
ne Ur&#x017F;achen geben kan/ folget man billich der ge-<lb/>
bra&#x0364;uchlichen Mundart/ und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et die blinde Ge-<lb/>
wonheit deß unver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Po&#x0364;velvolks an &#x017F;ei-<lb/>
nem Ort verbleiben: Ma&#x017F;&#x017F;en der Buch&#x017F;taben<lb/>
Amt/ und Eigen&#x017F;chaft i&#x017F;t/ den Laut und Ton der<lb/><hi rendition="#fr">wolausge&#x017F;prochnen Wo&#x0364;rter/</hi> deutlich&#x017F;t<lb/>
und vernemlich&#x017F;t/ zu binden/ und auszuwirken.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 5.</head><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">U</hi>r&#x017F;achen/ vermittel&#x017F;t welcher wir unge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H v</fw><fw place="bottom" type="catch">zweif</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[125[121]/0139] Anhang. ſen erſte Lehrzeit in vorgeſetztem Werklein ange- wieſen worden/ wegen Bindung der Reimwort/ viel gelegen/ und einem ieden freyſtehet/ ſeine Ge- danken mehrverſtaͤndiger Straffurtheil zu un- tergeben; als iſt fuͤr ſchicklich erachtet worden/ etwas weniges auf Verbeſſerung mehrvernuͤnf- tigen Gutachtens hierbey anzufuͤgen: und zwar dergeſtalt/ daß man alles und iedes auf einmal/ als verwerflich/ auszuſetzen nicht gedenket; ſon- dern nur Anfangs die unwiederſprechlichſten Fehler/ und die hingegen unhintertreibliche Grundſaͤtze zu beruͤhren gewillet iſt. §. 4. Der Grund der Rechtſchreibung beruhet I. auf richtigen Urſachen/ oder II. auf der Gewonheit/ ſo die Gelehrten an-und ein- gefuͤhret. Wo die Urſachen aufhoͤren/ faͤnget die Gewonheit an: Jch will ſagen; wo man kei- ne Urſachen geben kan/ folget man billich der ge- braͤuchlichen Mundart/ und laͤſſet die blinde Ge- wonheit deß unverſtaͤndigen Poͤvelvolks an ſei- nem Ort verbleiben: Maſſen der Buchſtaben Amt/ und Eigenſchaft iſt/ den Laut und Ton der wolausgeſprochnen Woͤrter/ deutlichſt und vernemlichſt/ zu binden/ und auszuwirken. §. 5. Die Urſachen/ vermittelſt welcher wir unge- zweif H v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/139
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 125[121]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/139>, abgerufen am 16.04.2024.