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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Anhang.
und Unterligen/ die Sprachen in mancherley
Veränderung/ Vermischung/ und Jrrung miß-
geraten. Jst dieses gantze Weltwesen so wandel-
bar wie solte man dann in einem flüchtigen Wort-
laut einige Beständigkeit erhärten oder bejahen
können? Besold. discurs. de nat. popul.

§. 2.

Diesem nach scheinet eine mehrgelehrte/ als
nohtwendige Frage/ wie unsre Sprache von A-
scenas/ der Teutschen Stammvatter/ bis auf
unsre Zeiten/ nach und nach geändert und ver-
formet worden? Nutzlicher aber kommet zu be-
trachten: Welcher gestalt die hochteutsche
jetzt übliche Haubt-und Heldensprache in
ihre höchste Vollkommenheit/ übertref-
lichen Ehrenstand/ kunstrichtige Verfas-
sung/ und grundmässige Wortschreibung
zu bringen/ und völlig einzurichten seye.

Der allgütige Gott hat hier zu hohe Geister erwe-
cket/ welche in diesen beharrlichen Jammerzeiten
einen glücklichen Anfang gemacht/ die auch mit
gesamter Handbietung vergesellschaftet/ ein so
fruchtbringendes Vorhaben fortzustellen nicht
unterlassen werden.

§. 3.

Weil aber sonderlich an jetztbesagtem Sprach-
stucke der Rechtschreibung dem Poeten/ des-

sen

Anhang.
und Unterligen/ die Sprachen in mancherley
Veraͤnderung/ Vermiſchung/ und Jrꝛung miß-
geraten. Jſt dieſes gantze Weltweſen ſo wandel-
bar wie ſolte man dañ in einem fluͤchtigen Wort-
laut einige Beſtaͤndigkeit erhaͤrten oder bejahen
koͤnnen? ☞ Beſold. discurs. de nat. popul.

§. 2.

Dieſem nach ſcheinet eine mehrgelehrte/ als
nohtwendige Frage/ wie unſre Sprache von A-
ſcenas/ der Teutſchen Stammvatter/ bis auf
unſre Zeiten/ nach und nach geaͤndert und ver-
formet worden? Nutzlicher aber kommet zu be-
trachten: Welcher geſtalt die hochteutſche
jetzt uͤbliche Haubt-und Heldenſprache in
ihre hoͤchſte Vollkommenheit/ uͤbertref-
lichen Ehrenſtand/ kunſtrichtige Verfaſ-
ſung/ und grundmaͤſſige Wortſchreibung
zu bringen/ und voͤllig einzurichten ſeye.

Der allguͤtige Gott hat hier zu hohe Geiſter erwe-
cket/ welche in dieſen beharꝛlichen Jammerzeiten
einen gluͤcklichen Anfang gemacht/ die auch mit
geſamter Handbietung vergeſellſchaftet/ ein ſo
fruchtbringendes Vorhaben fortzuſtellen nicht
unterlaſſen werden.

§. 3.

Weil aber ſonderlich an jetztbeſagtem Sprach-
ſtucke der Rechtſchreibung dem Poeten/ deſ-

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[124[120]/0138] Anhang. und Unterligen/ die Sprachen in mancherley Veraͤnderung/ Vermiſchung/ und Jrꝛung miß- geraten. Jſt dieſes gantze Weltweſen ſo wandel- bar wie ſolte man dañ in einem fluͤchtigen Wort- laut einige Beſtaͤndigkeit erhaͤrten oder bejahen koͤnnen? ☞ Beſold. discurs. de nat. popul. §. 2. Dieſem nach ſcheinet eine mehrgelehrte/ als nohtwendige Frage/ wie unſre Sprache von A- ſcenas/ der Teutſchen Stammvatter/ bis auf unſre Zeiten/ nach und nach geaͤndert und ver- formet worden? Nutzlicher aber kommet zu be- trachten: Welcher geſtalt die hochteutſche jetzt uͤbliche Haubt-und Heldenſprache in ihre hoͤchſte Vollkommenheit/ uͤbertref- lichen Ehrenſtand/ kunſtrichtige Verfaſ- ſung/ und grundmaͤſſige Wortſchreibung zu bringen/ und voͤllig einzurichten ſeye. Der allguͤtige Gott hat hier zu hohe Geiſter erwe- cket/ welche in dieſen beharꝛlichen Jammerzeiten einen gluͤcklichen Anfang gemacht/ die auch mit geſamter Handbietung vergeſellſchaftet/ ein ſo fruchtbringendes Vorhaben fortzuſtellen nicht unterlaſſen werden. §. 3. Weil aber ſonderlich an jetztbeſagtem Sprach- ſtucke der Rechtſchreibung dem Poeten/ deſ- ſen

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 124[120]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/138>, abgerufen am 28.03.2024.