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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die vierdte Stund.
IV.

18. Wann man der Dactylischen Reimzei-
le ein Syllben vorsetzet/ so wird ein Antidactyli-
sches/ Anapaestisches/ oder gekürtztlanges
Reimmaß darauß/ wie aus nechstvorhergesetzter
Tafel zu ersehen. Viel wollen es für keine abson-
derliche Reimart gelten lassen/ weil es nur die er-
ste Sylben von den Dactylischen unterscheidet;
es ist aber zu wissen/ daß auch eine kurtze vorge-
setzte Sylben aus den -@ langkurtzen Reimar-
ten @- kurtzlange Reimarten machet/ als:

[Abbildung] [Abbildung] Tugend heget Neid/
[Abbildung] [Abbildung] die Tu gend he get Neid.

Wie nun die zweysyllbigen Reimarten zu un-
terscheiden/ also müssen auch die mehrsyllbigen
gesondert werden.

Anmerkung.

Wolte man den Ton dieses gekürtztlan-
gen Reimmasses genauer ausforschen/
so müste man sagen/ daß/ so zu Anfang
niemals kein Stammwort/ sondern ie-
desmals eine Vorsyllben stehen könte.
Weil diese Reimart flüchtig/ könte man
auch also setzen:

Die
Die vierdte Stund.
IV.

18. Wann man der Dactyliſchen Reimzei-
le ein Syllben vorſetzet/ ſo wird ein Antidactyli-
ſches/ Anapæſtiſches/ oder gekuͤrtztlanges
Reimmaß darauß/ wie aus nechſtvorhergeſetzter
Tafel zu erſehen. Viel wollen es fuͤr keine abſon-
derliche Reimart gelten laſſen/ weil es nur die er-
ſte Sylben von den Dactyliſchen unterſcheidet;
es iſt aber zu wiſſen/ daß auch eine kurtze vorge-
ſetzte Sylben aus den - langkurtzen Reimar-
ten - kurtzlange Reimarten machet/ als:

[Abbildung] [Abbildung] Tugend heget Neid/
[Abbildung] [Abbildung] die Tu gend he get Neid.

Wie nun die zweyſyllbigen Reimarten zu un-
terſcheiden/ alſo muͤſſen auch die mehrſyllbigen
geſondert werden.

Anmerkung.

Wolte man den Ton dieſes gekuͤrtztlan-
gen Reimmaſſes genauer ausforſchen/
ſo muͤſte man ſagen/ daß/ ſo zu Anfang
niemals kein Stammwort/ ſondern ie-
desmals eine Vorſyllben ſtehen koͤnte.
Weil dieſe Reimart fluͤchtig/ koͤnte man
auch alſo ſetzen:

Die
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[70[66]/0084] Die vierdte Stund. IV. 18. Wann man der Dactyliſchen Reimzei- le ein Syllben vorſetzet/ ſo wird ein Antidactyli- ſches/ Anapæſtiſches/ oder gekuͤrtztlanges Reimmaß darauß/ wie aus nechſtvorhergeſetzter Tafel zu erſehen. Viel wollen es fuͤr keine abſon- derliche Reimart gelten laſſen/ weil es nur die er- ſte Sylben von den Dactyliſchen unterſcheidet; es iſt aber zu wiſſen/ daß auch eine kurtze vorge- ſetzte Sylben aus den - langkurtzen Reimar- ten - kurtzlange Reimarten machet/ als: [Abbildung] [Abbildung] Tugend heget Neid/ [Abbildung] [Abbildung] die Tu gend he get Neid. Wie nun die zweyſyllbigen Reimarten zu un- terſcheiden/ alſo muͤſſen auch die mehrſyllbigen geſondert werden. Anmerkung. Wolte man den Ton dieſes gekuͤrtztlan- gen Reimmaſſes genauer ausforſchen/ ſo muͤſte man ſagen/ daß/ ſo zu Anfang niemals kein Stammwort/ ſondern ie- desmals eine Vorſyllben ſtehen koͤnte. Weil dieſe Reimart fluͤchtig/ koͤnte man auch alſo ſetzen: Die

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 70[66]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/84>, abgerufen am 28.03.2024.