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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die fünffte Stund.
III. Wie die Gebände durch die Reimwör-
ter verändert werden.
IV. Wie die Schluß- oder Endreimen in
den Liedern/ auf unterschiedliche
Weise/ zu wechslen sind.

2. Der Abschnitt ist erfunden wegen der langen
vielsyllbigen Reimzeilen/ die zu Erzehlung einer
Sache meinstentheils gebrauchet werden/ und in
den Tafeln bemerket mit )(. Also sagt Opitz in
der 5. Handlung/ im 2. Aufzug seiner Judith.

Sehet/ wie der Holofern )( sein beschwer-
tes Haubtläst sinken!
und die Helden stehen auf/ )( satt vom Es-
sen/ laß vom Trinken etc.
Freylich haben wir gefehlet: )( doch die
Hand/ die siegen kan/
nimmet auch/ die sich ergeben/ )( wieder-
üm zu Gnaden an.

Wann sich der Abschnitt mit einem Reimen
schleust/ so wird diese Art lieblicher/ also:

Da die schlanke Pegnitz reiset durch den
schönen Wiesenthal
und die trüben Fluten weiset/ so die Blu-
men ohne Zahl
in den flachen Auen frischt/ da der Vogel
lieblich finget/
da die Wollenherde tischt/ und mein
Schäferspiel erklinget/
da
Die fuͤnffte Stund.
III. Wie die Gebaͤnde durch die Reimwoͤr-
ter veraͤndert werden.
IV. Wie die Schluß- oder Endreimen in
den Liedern/ auf unterſchiedliche
Weiſe/ zu wechſlen ſind.

2. Der Abſchnitt iſt erfunden wegen der langen
vielſyllbigen Reimzeilen/ die zu Erzehlung einer
Sache meinſtentheils gebrauchet werden/ und in
den Tafeln bemerket mit )(. Alſo ſagt Opitz in
der 5. Handlung/ im 2. Aufzug ſeiner Judith.

Sehet/ wie der Holofern )( ſein beſchwer-
tes Haubtlaͤſt ſinken!
und die Helden ſtehen auf/ )( ſatt vom Eſ-
ſen/ laß vom Trinken ꝛc.
Freylich haben wir gefehlet: )( doch die
Hand/ die ſiegen kan/
nimmet auch/ die ſich ergeben/ )( wieder-
uͤm zu Gnaden an.

Wann ſich der Abſchnitt mit einem Reimen
ſchleuſt/ ſo wird dieſe Art lieblicher/ alſo:

Da die ſchlanke Pegnitz reiſet durch den
ſchoͤnen Wieſenthal
und die truͤben Fluten weiſet/ ſo die Blu-
men ohne Zahl
in den flachen Auen friſcht/ da der Vogel
lieblich finget/
da die Wollenherde tiſcht/ und mein
Schaͤferſpiel erklinget/
da
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[75[71]/0089] Die fuͤnffte Stund. III. Wie die Gebaͤnde durch die Reimwoͤr- ter veraͤndert werden. IV. Wie die Schluß- oder Endreimen in den Liedern/ auf unterſchiedliche Weiſe/ zu wechſlen ſind. 2. Der Abſchnitt iſt erfunden wegen der langen vielſyllbigen Reimzeilen/ die zu Erzehlung einer Sache meinſtentheils gebrauchet werden/ und in den Tafeln bemerket mit )(. Alſo ſagt Opitz in der 5. Handlung/ im 2. Aufzug ſeiner Judith. Sehet/ wie der Holofern )( ſein beſchwer- tes Haubtlaͤſt ſinken! und die Helden ſtehen auf/ )( ſatt vom Eſ- ſen/ laß vom Trinken ꝛc. Freylich haben wir gefehlet: )( doch die Hand/ die ſiegen kan/ nimmet auch/ die ſich ergeben/ )( wieder- uͤm zu Gnaden an. Wann ſich der Abſchnitt mit einem Reimen ſchleuſt/ ſo wird dieſe Art lieblicher/ alſo: Da die ſchlanke Pegnitz reiſet durch den ſchoͤnen Wieſenthal und die truͤben Fluten weiſet/ ſo die Blu- men ohne Zahl in den flachen Auen friſcht/ da der Vogel lieblich finget/ da die Wollenherde tiſcht/ und mein Schaͤferſpiel erklinget/ da

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 75[71]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/89>, abgerufen am 25.04.2024.