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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Gehorsamen.
Willig gehorchen. Dienstbare willfärigkeit er-
weisen/ sich seiner Obern willen fleißigen/ getreu-
lich nachsetzen. Den wolgemeinten Raht/ der ver-
ständigen Meinung/ dem geneigten Ansinnen/
der beliebten Andeutung/ der abgelegten Hinter-
bringung folgen/ ergeben/ erstatten/ nachgeleben/
sich darnach richten/ nach dem Begehren schi-
cken/ vollbringen/ vollziehen/ vollführen/ auswür-
ken/ seiner Pflichte obligen/ schuldigster Massen
ablegen/ mit Folggeneigtem Ohr erwarten den
Befehl.

Der Gchorsam wird gemahlet gleich einem
Jüngling/ der ein grosses Joch auf den Achseln
träget/ in langen Kleidern/ und seine Augen ge-
gen den Himmel wendet.

149. Geilheit.

Diese lustrende Begier reitzet das erhitzte
Blut wider jedes Stands Gebühr/ daß man
blinde Sünden thut. Sie hegt unreine Flam-
men unreine Wort im Mund/ steht auf der
Schande Grund/ und von der Sünde Stam-
men erwächset arge Frucht. Geilheit ist der Höllen
Weg/ ferne von den Tugendsteg: der erste Tritt
ist frecher Lust/ der zweyte heist Will und Verlan-
gen/ der dritte würcklich das Erlangen/ was dir
mit Reue wirdbewust. Ein Werk der Finsterniß
bestrafft mit GOttes Zorn. Die Befleckung zu-
zudecken mühet sich der scheut das Liecht/ der so

manche

Gehorſamen.
Willig gehorchen. Dienſtbare willfaͤrigkeit er-
weiſen/ ſich ſeiner Obern willen fleißigen/ getreu-
lich nachſetzen. Den wolgemeinten Raht/ der ver-
ſtaͤndigen Meinung/ dem geneigten Anſinnen/
der beliebten Andeutung/ der abgelegten Hinter-
bringung folgen/ ergeben/ erſtatten/ nachgeleben/
ſich darnach richten/ nach dem Begehren ſchi-
cken/ vollbringen/ vollziehen/ vollfuͤhrẽ/ auswuͤr-
ken/ ſeiner Pflichte obligen/ ſchuldigſter Maſſen
ablegen/ mit Folggeneigtem Ohr erwarten den
Befehl.

Der Gchorſam wird gemahlet gleich einem
Juͤngling/ der ein groſſes Joch auf den Achſeln
traͤget/ in langen Kleidern/ und ſeine Augen ge-
gen den Himmel wendet.

149. Geilheit.

Dieſe luſtrende Begier reitzet das erhitzte
Blut wider jedes Stands Gebuͤhr/ daß man
blinde Suͤnden thut. Sie hegt unreine Flam-
men unreine Wort im Mund/ ſteht auf der
Schande Grund/ und von der Suͤnde Stam-
men erwaͤchſet arge Frucht. Geilheit iſt der Hoͤllẽ
Weg/ ferne von den Tugendſteg: der erſte Tritt
iſt frecher Luſt/ der zweyte heiſt Will und Verlan-
gen/ der dritte wuͤrcklich das Erlangen/ was dir
mit Reue wirdbewuſt. Ein Werk der Finſterniß
beſtrafft mit GOttes Zorn. Die Befleckung zu-
zudecken muͤhet ſich der ſcheut das Liecht/ der ſo

manche
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[223[221]/0253] Gehorſamen. Willig gehorchen. Dienſtbare willfaͤrigkeit er- weiſen/ ſich ſeiner Obern willen fleißigen/ getreu- lich nachſetzen. Den wolgemeinten Raht/ der ver- ſtaͤndigen Meinung/ dem geneigten Anſinnen/ der beliebten Andeutung/ der abgelegten Hinter- bringung folgen/ ergeben/ erſtatten/ nachgeleben/ ſich darnach richten/ nach dem Begehren ſchi- cken/ vollbringen/ vollziehen/ vollfuͤhrẽ/ auswuͤr- ken/ ſeiner Pflichte obligen/ ſchuldigſter Maſſen ablegen/ mit Folggeneigtem Ohr erwarten den Befehl. Der Gchorſam wird gemahlet gleich einem Juͤngling/ der ein groſſes Joch auf den Achſeln traͤget/ in langen Kleidern/ und ſeine Augen ge- gen den Himmel wendet. 149. Geilheit. Dieſe luſtrende Begier reitzet das erhitzte Blut wider jedes Stands Gebuͤhr/ daß man blinde Suͤnden thut. Sie hegt unreine Flam- men unreine Wort im Mund/ ſteht auf der Schande Grund/ und von der Suͤnde Stam- men erwaͤchſet arge Frucht. Geilheit iſt der Hoͤllẽ Weg/ ferne von den Tugendſteg: der erſte Tritt iſt frecher Luſt/ der zweyte heiſt Will und Verlan- gen/ der dritte wuͤrcklich das Erlangen/ was dir mit Reue wirdbewuſt. Ein Werk der Finſterniß beſtrafft mit GOttes Zorn. Die Befleckung zu- zudecken muͤhet ſich der ſcheut das Liecht/ der ſo manche

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 223[221]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/253>, abgerufen am 29.03.2024.