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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Tugend.
laub/ oder auf dem Hertze die Sonne tragend. Die
Flügel an den Schultern bedeuten/ daß sie sich
Himmel auf zu schwingen pflege.

Thum unverständig: Dum von domo, da-
her Domkirchen etc.

469. Turteltaube.

Die einsame/ girrende/ schamhaffte/ raustim-
mige/ seufftzende/ verwittibte/ die Auf dem öden
Ast das Trauerliedlein/ Grabgesang/ Leidlied sin-
get/ ob den verstorben Gatten. Die Taube schadet
niemand nicht/ vergnügt mit schlechtem zuge-
richt/ erneuret niemals ihre Lieb/ gleich andrer
Vögel geilem Trieb.

Die Turteltauben haben die Deutung eh-
licher Treue/ und wann eine allein gemahlet wird/
der Wittiblichen Keuschheit.

470. Tyger.

Das wütende/ gefleckte/ rasende/ wilde/ blut-
gierige/ bunte Tyger/ den besänfftiget die süsse
Musicstimm/ daß es den vor beschaumten Grimm/
lässt sinken und entzihet die Waffen/ die ihm die
Natur wollen schaffen.

Das Tygerthier hat die Deutung deß
Grimmes und rasenden Zorns/ welchen es ver-
bergen kan und deßwegen dem Betrug beyge-
mahlet wird. Etliche vergleichen es/ wegen der
weissen und schwartzen Flecken mit Tag und
Nacht.

Vater.
F f v

Tugend.
laub/ oder auf dem Hertze die Sonne tragend. Die
Fluͤgel an den Schultern bedeuten/ daß ſie ſich
Himmel auf zu ſchwingen pflege.

Thum unverſtaͤndig: Dum von domo, da-
her Domkirchen ꝛc.

469. Turteltaube.

Die einſame/ girrende/ ſchamhaffte/ rauſtim-
mige/ ſeufftzende/ verwittibte/ die Auf dem oͤden
Aſt das Trauerliedlein/ Grabgeſang/ Leidlied ſin-
get/ ob den verſtorben Gatten. Die Taube ſchadet
niemand nicht/ vergnuͤgt mit ſchlechtem zuge-
richt/ erneuret niemals ihre Lieb/ gleich andrer
Voͤgel geilem Trieb.

Die Turteltauben haben die Deutung eh-
licher Treue/ und wañ eine allein gemahlet wird/
der Wittiblichen Keuſchheit.

470. Tyger.

Das wuͤtende/ gefleckte/ raſende/ wilde/ blut-
gierige/ bunte Tyger/ den beſaͤnfftiget die ſuͤſſe
Muſicſtimm/ daß es den vor beſchaumtẽ Grim̃/
laͤſſt ſinken und entzihet die Waffen/ die ihm die
Natur wollen ſchaffen.

Das Tygerthier hat die Deutung deß
Grimmes und raſenden Zorns/ welchen es ver-
bergen kan und deßwegen dem Betrug beyge-
mahlet wird. Etliche vergleichen es/ wegen der
weiſſen und ſchwartzen Flecken mit Tag und
Nacht.

Vater.
F f v
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[459[457]/0489] Tugend. laub/ oder auf dem Hertze die Sonne tragend. Die Fluͤgel an den Schultern bedeuten/ daß ſie ſich Himmel auf zu ſchwingen pflege. Thum unverſtaͤndig: Dum von domo, da- her Domkirchen ꝛc. 469. Turteltaube. Die einſame/ girrende/ ſchamhaffte/ rauſtim- mige/ ſeufftzende/ verwittibte/ die Auf dem oͤden Aſt das Trauerliedlein/ Grabgeſang/ Leidlied ſin- get/ ob den verſtorben Gatten. Die Taube ſchadet niemand nicht/ vergnuͤgt mit ſchlechtem zuge- richt/ erneuret niemals ihre Lieb/ gleich andrer Voͤgel geilem Trieb. Die Turteltauben haben die Deutung eh- licher Treue/ und wañ eine allein gemahlet wird/ der Wittiblichen Keuſchheit. 470. Tyger. Das wuͤtende/ gefleckte/ raſende/ wilde/ blut- gierige/ bunte Tyger/ den beſaͤnfftiget die ſuͤſſe Muſicſtimm/ daß es den vor beſchaumtẽ Grim̃/ laͤſſt ſinken und entzihet die Waffen/ die ihm die Natur wollen ſchaffen. Das Tygerthier hat die Deutung deß Grimmes und raſenden Zorns/ welchen es ver- bergen kan und deßwegen dem Betrug beyge- mahlet wird. Etliche vergleichen es/ wegen der weiſſen und ſchwartzen Flecken mit Tag und Nacht. Vater. F f v

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 459[457]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/489>, abgerufen am 28.03.2024.