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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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VIII.
eine sondre Belustigung in die Rede. Jn
unsrer Sprache ist die Reimung so viel leich-
"ter zu finden/ weil unsre Wörter in der Ab-
"wandlung (in declinando) keine grosse Ver-
"änderung leiden/ wie in dem Lateinischen. Bo-
nus, bona, bonum/
etc. der Gute/ die Gute/ das
Gute/ deß Guten/ der Guten/ deß Guten/ dem
Guten/ etc. den Guten/ etc. von den Guten/ etc. die
Guten/ etc. derer Guten/ etc. denen Guten/ etc. die
Guten/ von den Guten/ durch alle Geschlechte.
Gleiches ist auch in den Zeit Wörtern (verbis)
zu bemerken/ und hieraus entstehet/ daß die Rei-
mung auch in ungleichen Endungen der Ab-
wandlung/ doch einen gleichen Reimschluß fü-
gen.

72. Wie aber die gleichschlüssenden Reim-
Wörter von der ungebundnen und ungefehren
Rede abgelernet und wegen deß Wolklangs un-
tersuchet werden/ lehret Pasquier aux recherches
umständig/ und wollen wir hiervon ein Exempel
setzen: liebet und lobet unsre liebliche und löb-
liche
Sprache/ unsre künstliche und dienst-
liche/
unsre durchdringende und hertzzwin-
gend/
unsre reinliche und scheinliche unsre
holdsel[ige] und glückselige Sprache. Sie ist
die Ehre und Lchre der Teutschen/ sie ist der
Schatz und Schutz der Teutschen/ sie ist das
Pfand und Band der Teutschen/ sie ist der

höchste

VIII.
eine ſondre Beluſtigung in die Rede. Jn
unſrer Sprache iſt die Reimung ſo viel leich-
„ter zu finden/ weil unſre Woͤrter in der Ab-
„wandlung (in declinando) keine groſſe Ver-
„aͤnderung leiden/ wie in dem Lateiniſchen. Bo-
nus, bona, bonum/
ꝛc. der Gute/ die Gute/ das
Gute/ deß Guten/ der Guten/ deß Guten/ dem
Guten/ ꝛc. den Guten/ ꝛc. von den Guten/ ꝛc. die
Guten/ ꝛc. derer Guten/ ꝛc. denen Guten/ ꝛc. die
Guten/ von den Guten/ durch alle Geſchlechte.
Gleiches iſt auch in den Zeit Woͤrtern (verbis)
zu bemerken/ und hieraus entſtehet/ daß die Rei-
mung auch in ungleichen Endungen der Ab-
wandlung/ doch einen gleichen Reimſchluß fuͤ-
gen.

72. Wie aber die gleichſchluͤſſenden Reim-
Woͤrter von der ungebundnen und ungefehren
Rede abgelernet und wegen deß Wolklangs un-
terſuchet werden/ lehret Paſquier aux recherches
umſtaͤndig/ und wollen wir hiervon ein Exempel
ſetzen: liebet und lobet unſre liebliche und loͤb-
liche
Sprache/ unſre kuͤnſtliche und dienſt-
liche/
unſre durchdringende und hertzzwin-
gend/
unſre reinliche und ſcheinliche unſre
holdſel[ige] und gluͤckſelige Sprache. Sie iſt
die Ehre und Lchre der Teutſchen/ ſie iſt der
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[74/0106] VIII. eine ſondre Beluſtigung in die Rede. Jn unſrer Sprache iſt die Reimung ſo viel leich- „ter zu finden/ weil unſre Woͤrter in der Ab- „wandlung (in declinando) keine groſſe Ver- „aͤnderung leiden/ wie in dem Lateiniſchen. Bo- nus, bona, bonum/ ꝛc. der Gute/ die Gute/ das Gute/ deß Guten/ der Guten/ deß Guten/ dem Guten/ ꝛc. den Guten/ ꝛc. von den Guten/ ꝛc. die Guten/ ꝛc. derer Guten/ ꝛc. denen Guten/ ꝛc. die Guten/ von den Guten/ durch alle Geſchlechte. Gleiches iſt auch in den Zeit Woͤrtern (verbis) zu bemerken/ und hieraus entſtehet/ daß die Rei- mung auch in ungleichen Endungen der Ab- wandlung/ doch einen gleichen Reimſchluß fuͤ- gen. 72. Wie aber die gleichſchluͤſſenden Reim- Woͤrter von der ungebundnen und ungefehren Rede abgelernet und wegen deß Wolklangs un- terſuchet werden/ lehret Paſquier aux recherches umſtaͤndig/ und wollen wir hiervon ein Exempel ſetzen: liebet und lobet unſre liebliche und loͤb- liche Sprache/ unſre kuͤnſtliche und dienſt- liche/ unſre durchdringende und hertzzwin- gend/ unſre reinliche und ſcheinliche unſre holdſelige und gluͤckſelige Sprache. Sie iſt die Ehre und Lchre der Teutſchen/ ſie iſt der Schatz und Schutz der Teutſchen/ ſie iſt das Pfand und Band der Teutſchen/ ſie iſt der hoͤchſte

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/106>, abgerufen am 28.03.2024.