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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Von den Reimgebände.
Von den Reimgebänden.

GLeichwie ein junger Freyer/ der in
fremde Länder reiset/ bemühet ist/ sei-
ner hinterlassnen Liebsten mancher-
ley zierliche Selsamkeiten einzukramen
und mit zubringen: Also sol ein Liebhaber unser
übertrefflich schönen Muttersprache/ sich befleis-
sigen alles/ was er in fremder Sprachen Büchern
begegnet dem vielgeliebtem Vaterlande/ welches
vielleicht solches nicht geschehen zuüberbringen;
und zwar nicht nur dem Jnhalt sondern der Ver-
fassung zierlich nachahmen/ zu Belernung der
unwissenden und Ausschmuckung hochbesagter
Sprache/ dessen wollen wir auchhier eine wolge-
meinde Probe leisten.

82. Solches muß mit Verstand und so viel
dienlich und thunlich beschehen. Hiervon sagt
Herr Schottelin in seiner Einleitung v. 51.

Waar ist es; zu der Kunst kein Teutscher
kan gelangen:
Er muß den fremden Weg der Sprachen
seyn gegangen:
Die Bahn ist hochgelegt durch grosser
Leute Scharetc.

Und Ronsard sagt mit nachfolgenden Worten:
Je te conseille de scavoir les langues estrange-
res perfaictement, & d'elles, comme d'un viel
tresor trouve sous terre, enrichir ta propre na-

tion
F vj
Von den Reimgebaͤnde.
Von den Reimgebaͤnden.

GLeichwie ein junger Freyer/ der in
fremde Laͤnder reiſet/ bemuͤhet iſt/ ſei-
ner hinterlaſſnen Liebſten mancher-
ley zierliche Selſamkeiten einzukꝛamẽ
und mit zubringen: Alſo ſol ein Liebhaber unſer
uͤbertrefflich ſchoͤnen Mutterſprache/ ſich befleiſ-
ſigen alles/ was er in fremder Sprachẽ Buͤchern
begegnet dem vielgeliebtem Vaterlande/ welches
vielleicht ſolches nicht geſchehen zuuͤberbringen;
und zwar nicht nur dem Jnhalt ſondern der Ver-
faſſung zierlich nachahmen/ zu Belernung der
unwiſſenden und Ausſchmuckung hochbeſagter
Sprache/ deſſen wollen wir auchhier eine wolge-
meinde Probe leiſten.

82. Solches muß mit Verſtand und ſo viel
dienlich und thunlich beſchehen. Hiervon ſagt
Herr Schottelin in ſeiner Einleitung v. 51.

Waar iſt es; zu der Kunſt kein Teutſcher
kan gelangen:
Er muß den fremden Weg der Sprachen
ſeyn gegangen:
Die Bahn iſt hochgelegt durch groſſer
Leute Scharꝛc.

Und Ronſard ſagt mit nachfolgenden Worten:
Je te conſeille de ſcavoir les langues eſtrange-
res perfaictement, & d’elles, comme d’un viel
treſor trouvé ſous terre, enrichir ta propre na-

tion
F vj
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[91/0123] Von den Reimgebaͤnde. Von den Reimgebaͤnden. GLeichwie ein junger Freyer/ der in fremde Laͤnder reiſet/ bemuͤhet iſt/ ſei- ner hinterlaſſnen Liebſten mancher- ley zierliche Selſamkeiten einzukꝛamẽ und mit zubringen: Alſo ſol ein Liebhaber unſer uͤbertrefflich ſchoͤnen Mutterſprache/ ſich befleiſ- ſigen alles/ was er in fremder Sprachẽ Buͤchern begegnet dem vielgeliebtem Vaterlande/ welches vielleicht ſolches nicht geſchehen zuuͤberbringen; und zwar nicht nur dem Jnhalt ſondern der Ver- faſſung zierlich nachahmen/ zu Belernung der unwiſſenden und Ausſchmuckung hochbeſagter Sprache/ deſſen wollen wir auchhier eine wolge- meinde Probe leiſten. 82. Solches muß mit Verſtand und ſo viel dienlich und thunlich beſchehen. Hiervon ſagt Herr Schottelin in ſeiner Einleitung v. 51. Waar iſt es; zu der Kunſt kein Teutſcher kan gelangen: Er muß den fremden Weg der Sprachen ſeyn gegangen: Die Bahn iſt hochgelegt durch groſſer Leute Scharꝛc. Und Ronſard ſagt mit nachfolgenden Worten: Je te conſeille de ſcavoir les langues eſtrange- res perfaictement, & d’elles, comme d’un viel treſor trouvé ſous terre, enrichir ta propre na- tion F vj

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/123>, abgerufen am 16.04.2024.