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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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X.
Zierlichkeit dardurch vorstellig gemacht werden/
deß wegen auch die Redner und Poeten sich der
Personbildung vielfältig gebrauchen/ und deß-
wegen in nachfolgenden Beschreibungen fast alle
zeit die Ausbildung angefüget werden.

92. Die Regel oder Richtschnur/ nach wel-
chem man sich hierinnen zu richten/ giebet uns
der alten Grichischen und Römischen Müntzen
und Marmolsteinerne hinterlassne Bilder. Wann
aber solche nicht befindlich gestalt dann vielerley
Sachen nicht eben auf die Müntze gepregt wor-
den/ andre Bilder aber meinsten Theils Käisere/
und Helden vorstellen/ welche dardurch ihr An-
gedenken zuverewigen gemeint gewesen/ mögen
auch aus eigner/ und auf gleichmässige Ursa-
chen gegründte Bildereyen erdacht werden/ wie
solches Cesare Ripa in seiner Iconologia erwie-
sen dem meinsten Theils nachgegangen worden.

93. Wie nun die Wort oder Reden in ihren
eigentlichen oder figurlichen Verstand gebrau-
chet werden (Locutio vel est propria vel impro-
pria
) also verhält es sich auch mit den Bildern:
Sie bedeuten was sie vorstellen/ wann man eine
Geschichte oder eines Bildniß/ oder eine Land-
schaft etc. mahlet/ und dieses ist eigentlicher na-
türlicher Verstand. Sie bedeuten aber ein anders
als sie vorstellen/ und zwar Gleichniß-oder Er-
klärungsweis in den Sinnbildern/ deß wegen al-

so ge-

X.
Zierlichkeit darduꝛch vorſtellig gemacht werden/
deß wegen auch die Redneꝛ und Poëten ſich der
Perſonbildung vielfaͤltig gebrauchen/ und deß-
wegen in nachfolgenden Beſchreibungen faſt alle
zeit die Ausbildung angefuͤget werden.

92. Die Regel oder Richtſchnur/ nach wel-
chem man ſich hierinnen zu richten/ giebet uns
der alten Grichiſchen und Roͤmiſchen Muͤntzen
und Marmolſteinerne hinterlaſſne Bilder. Wañ
aber ſolche nicht befindlich geſtalt dann vielerley
Sachen nicht eben auf die Muͤntze gepregt wor-
den/ andre Bilder aber meinſten Theils Kaͤiſere/
und Helden vorſtellen/ welche dardurch ihr An-
gedenken zuverewigen gemeint geweſen/ moͤgen
auch aus eigner/ und auf gleichmaͤſſige Urſa-
chen gegruͤndte Bildereyen erdacht werden/ wie
ſolches Ceſare Ripa in ſeiner Iconologia erwie-
ſen dem meinſten Theils nachgegangen worden.

93. Wie nun die Wort oder Reden in ihren
eigentlichen oder figurlichen Verſtand gebrau-
chet werden (Locutio vel eſt propria vel impro-
pria
) alſo verhaͤlt es ſich auch mit den Bildern:
Sie bedeuten was ſie vorſtellen/ wann man eine
Geſchichte oder eines Bildniß/ oder eine Land-
ſchaft ꝛc. mahlet/ und dieſes iſt eigentlicher na-
tuͤrlicher Verſtand. Sie bedeuten aber ein anders
als ſie vorſtellen/ und zwar Gleichniß-oder Er-
klaͤrungsweis in den Sinnbildern/ deß wegen al-

ſo ge-
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[102/0134] X. Zierlichkeit darduꝛch vorſtellig gemacht werden/ deß wegen auch die Redneꝛ und Poëten ſich der Perſonbildung vielfaͤltig gebrauchen/ und deß- wegen in nachfolgenden Beſchreibungen faſt alle zeit die Ausbildung angefuͤget werden. 92. Die Regel oder Richtſchnur/ nach wel- chem man ſich hierinnen zu richten/ giebet uns der alten Grichiſchen und Roͤmiſchen Muͤntzen und Marmolſteinerne hinterlaſſne Bilder. Wañ aber ſolche nicht befindlich geſtalt dann vielerley Sachen nicht eben auf die Muͤntze gepregt wor- den/ andre Bilder aber meinſten Theils Kaͤiſere/ und Helden vorſtellen/ welche dardurch ihr An- gedenken zuverewigen gemeint geweſen/ moͤgen auch aus eigner/ und auf gleichmaͤſſige Urſa- chen gegruͤndte Bildereyen erdacht werden/ wie ſolches Ceſare Ripa in ſeiner Iconologia erwie- ſen dem meinſten Theils nachgegangen worden. 93. Wie nun die Wort oder Reden in ihren eigentlichen oder figurlichen Verſtand gebrau- chet werden (Locutio vel eſt propria vel impro- pria) alſo verhaͤlt es ſich auch mit den Bildern: Sie bedeuten was ſie vorſtellen/ wann man eine Geſchichte oder eines Bildniß/ oder eine Land- ſchaft ꝛc. mahlet/ und dieſes iſt eigentlicher na- tuͤrlicher Verſtand. Sie bedeuten aber ein anders als ſie vorſtellen/ und zwar Gleichniß-oder Er- klaͤrungsweis in den Sinnbildern/ deß wegen al- ſo ge-

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/134>, abgerufen am 16.04.2024.