Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
Cypreß.
65. Crystall.

Der edle Berg Crystall ist ein erhartes Eyß.
Er hat so manchen Schrack/ verhüllt mit zarten
Wolken/ ist selten völlig rein/ blasst und springt in
deß Meisters Hand. Das hellerharrte Glas/
wird offt mit Gold beschlagen und zu dem Trau-
erspiel/ mit Gifft zu Tisch getragen.

66. Cypreß.

Der Leichen Traurigkeit/ Plutonis Todten-
baum/ der Flammen nachgearten/ gleich jenen
Lauffziel Zeichen. Metarum instar. Der Cypreß
wächset langsam/ ohne Frucht/ und grunt der
abgebrochne Ast nicht wieder/ ist bitter hat einen
starken Geruch. Er ist den Menschen gleich der mit
Threnen geboren/ in der Eitelkeit erzogen/ voll
Bitterkeit stirbet/ und nicht wiederkommet/ deß-
wegen er auch dem Tod zugeeignet wird. Der
Bischoffs Stab sol vo Cypreß seyn/ der verstorb-
nen Tugenden in solchen Ambt zuerinnern. Be-
sold. in thes. pract. f.
122.

Der Cypreß hat die Deutung der Trau-
rigkeit/ weil sein Safft schwartz/ und
der abgebrochne Ast keine Zweige
nachtreibet.



Dach
Cypreß.
65. Cryſtall.

Der edle Berg Cryſtall iſt ein erhartes Eyß.
Er hat ſo manchen Schrack/ verhuͤllt mit zarten
Wolken/ iſt ſelten voͤllig rein/ blaſſt und ſpringt in
deß Meiſters Hand. Das hellerharrte Glas/
wird offt mit Gold beſchlagen und zu dem Trau-
erſpiel/ mit Gifft zu Tiſch getragen.

66. Cypreß.

Der Leichen Traurigkeit/ Plutonis Todten-
baum/ der Flammen nachgearten/ gleich jenen
Lauffziel Zeichen. Metarum inſtar. Der Cypreß
waͤchſet langſam/ ohne Frucht/ und grunt der
abgebrochne Aſt nicht wieder/ iſt bitter hat einen
ſtarken Geruch. Er iſt den Menſchẽ gleich der mit
Threnen geboren/ in der Eitelkeit erzogen/ voll
Bitterkeit ſtirbet/ und nicht wiederkommet/ deß-
wegen er auch dem Tod zugeeignet wird. Der
Biſchoffs Stab ſol võ Cypreß ſeyn/ der verſtorb-
nen Tugenden in ſolchen Ambt zuerinnern. Be-
ſold. in theſ. pract. f.
122.

Der Cypreß hat die Deutung der Trau-
rigkeit/ weil ſein Safft ſchwartz/ und
der abgebrochne Aſt keine Zweige
nachtreibet.



Dach
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0192" n="162[160]"/>
          <fw place="top" type="header">Cypreß.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">65. Cry&#x017F;tall.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Der edle Berg Cry&#x017F;tall i&#x017F;t ein erhartes Eyß.<lb/>
Er hat &#x017F;o manchen Schrack/ verhu&#x0364;llt mit zarten<lb/>
Wolken/ i&#x017F;t &#x017F;elten vo&#x0364;llig rein/ bla&#x017F;&#x017F;t und &#x017F;pringt in<lb/>
deß Mei&#x017F;ters Hand. Das hellerharrte Glas/<lb/>
wird offt mit Gold be&#x017F;chlagen und zu dem Trau-<lb/>
er&#x017F;piel/ mit Gifft zu Ti&#x017F;ch getragen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">66. Cypreß.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Der Leichen Traurigkeit/ Plutonis Todten-<lb/>
baum/ der Flammen nachgearten/ gleich jenen<lb/>
Lauffziel Zeichen. <hi rendition="#aq">Metarum in&#x017F;tar.</hi> Der Cypreß<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;et lang&#x017F;am/ ohne Frucht/ und grunt der<lb/>
abgebrochne A&#x017F;t nicht wieder/ i&#x017F;t bitter hat einen<lb/>
&#x017F;tarken Geruch. Er i&#x017F;t den Men&#x017F;ch&#x1EBD; gleich der mit<lb/>
Threnen geboren/ in der Eitelkeit erzogen/ voll<lb/>
Bitterkeit &#x017F;tirbet/ und nicht wiederkommet/ deß-<lb/>
wegen er auch dem Tod zugeeignet wird. Der<lb/>
Bi&#x017F;choffs Stab &#x017F;ol võ Cypreß &#x017F;eyn/ der ver&#x017F;torb-<lb/>
nen Tugenden in &#x017F;olchen Ambt zuerinnern. <hi rendition="#aq">Be-<lb/>
&#x017F;old. in the&#x017F;. pract. f.</hi> 122.</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#c">Der Cypreß hat die Deutung der Trau-<lb/>
rigkeit/ weil &#x017F;ein Safft &#x017F;chwartz/ und<lb/>
der abgebrochne A&#x017F;t keine Zweige<lb/>
nachtreibet.</hi> </p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Dach</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162[160]/0192] Cypreß. 65. Cryſtall. Der edle Berg Cryſtall iſt ein erhartes Eyß. Er hat ſo manchen Schrack/ verhuͤllt mit zarten Wolken/ iſt ſelten voͤllig rein/ blaſſt und ſpringt in deß Meiſters Hand. Das hellerharrte Glas/ wird offt mit Gold beſchlagen und zu dem Trau- erſpiel/ mit Gifft zu Tiſch getragen. 66. Cypreß. Der Leichen Traurigkeit/ Plutonis Todten- baum/ der Flammen nachgearten/ gleich jenen Lauffziel Zeichen. Metarum inſtar. Der Cypreß waͤchſet langſam/ ohne Frucht/ und grunt der abgebrochne Aſt nicht wieder/ iſt bitter hat einen ſtarken Geruch. Er iſt den Menſchẽ gleich der mit Threnen geboren/ in der Eitelkeit erzogen/ voll Bitterkeit ſtirbet/ und nicht wiederkommet/ deß- wegen er auch dem Tod zugeeignet wird. Der Biſchoffs Stab ſol võ Cypreß ſeyn/ der verſtorb- nen Tugenden in ſolchen Ambt zuerinnern. Be- ſold. in theſ. pract. f. 122. Der Cypreß hat die Deutung der Trau- rigkeit/ weil ſein Safft ſchwartz/ und der abgebrochne Aſt keine Zweige nachtreibet. Dach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/192
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 162[160]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/192>, abgerufen am 29.03.2024.