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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Feder.
Manbringt kein Wort von mir/ ich wer-
de dann zerschnitten/
Nimt man das Haubt (den Buchstaben F.)
hinweg/ so hab ich nichts gelitte.*
Jch bin der Stummen Stummen Sprach
'und red' auch über Land;
Es ist mein schneller Flug der Freund-
schaft Pfand und Band.

Es beschreibet sich auch die Feder auff folgen-
de Weise:

Jch bin ein langer Schlauch (der Kiel oder
die Röhren) beschnitten und gespalten
Man pfleget mich bey Tagan nassen Ort
zu halten;
Wann meine stumme Sprach/ sol re-
den diß und das
so bring' ich manchem Gunst/ und man-
chem Neid und Haß.
Die Feder.
Jch führe meinen Fluß durch eine lange Krippen:
Jch schweige/ wann ich red' und rege meine Lip-
pen/
Jst meine Sprache schwartz/ sind doch die
Wörter weiß/
und keiner ehret mich ohn Ehr' und steten
Preiß.

Die Feder hat die Deutung der Gelehrten

Dienst-
* ruckwarts bleibet Rede.
Feder.
Manbringt kein Wort von mir/ ich wer-
de dann zerſchnitten/
Nimt man das Haubt (den Buchſtaben F.)
hinweg/ ſo hab ich nichts gelitte.*
Jch bin deꝛ Stum̃en Stummẽ Sprach
’und red’ auch uͤber Land;
Es iſt mein ſchneller Flug der Freund-
ſchaft Pfand und Band.

Es beſchreibet ſich auch die Feder auff folgen-
de Weiſe:

Jch bin ein langer Schlauch (der Kiel oder
die Roͤhren) beſchnitten und geſpalten
Man pfleget mich bey Tagan naſſen Ort
zu halten;
Wann meine ſtumme Sprach/ ſol re-
den diß und das
ſo bring’ ich manchem Gunſt/ und man-
chem Neid und Haß.
Die Feder.
Jch fuͤhre meinen Fluß durch eine lange Krippẽ:
Jch ſchweige/ wann ich red’ und rege meine Lip-
pen/
Jſt meine Sprache ſchwartz/ ſind doch die
Woͤrter weiß/
und keiner ehret mich ohn Ehr’ und ſteten
Preiß.

Die Feder hat die Deutung der Gelehrten

Dienſt-
* ruckwarts bleibet Rede.
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[196[194]/0226] Feder. Manbringt kein Wort von mir/ ich wer- de dann zerſchnitten/ Nimt man das Haubt (den Buchſtaben F.) hinweg/ ſo hab ich nichts gelitte. * Jch bin deꝛ Stum̃en Stummẽ Sprach ’und red’ auch uͤber Land; Es iſt mein ſchneller Flug der Freund- ſchaft Pfand und Band. Es beſchreibet ſich auch die Feder auff folgen- de Weiſe: Jch bin ein langer Schlauch (der Kiel oder die Roͤhren) beſchnitten und geſpalten Man pfleget mich bey Tagan naſſen Ort zu halten; Wann meine ſtumme Sprach/ ſol re- den diß und das ſo bring’ ich manchem Gunſt/ und man- chem Neid und Haß. Die Feder. Jch fuͤhre meinen Fluß durch eine lange Krippẽ: Jch ſchweige/ wann ich red’ und rege meine Lip- pen/ Jſt meine Sprache ſchwartz/ ſind doch die Woͤrter weiß/ und keiner ehret mich ohn Ehr’ und ſteten Preiß. Die Feder hat die Deutung der Gelehrten Dienſt- * ruckwarts bleibet Rede.

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 196[194]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/226>, abgerufen am 19.04.2024.