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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Kind.
morgen das junge Hänsigen/ wann es kan kaum-
lich stehen/ so eilet es zu gehen/ und kreuchet dar
und hier/ wie sonst ein dummes Thier auf allen
vieren trabt. Es kan viel leichter fallen/ als die
Gebetlein lallen und weiset in Geberden/ das/
was es möchte werden. Das Kind/ der Liebe
Pfand/ kommt in die freye Lufft/ aus einer fin-
stern Grufft/ durch seiner Ammen Hand. So
bald es ist entnommen/ der Flut und Wester-
bad/ musst es mit Threnen kommen/ in diese Jam-
merstatt/ der elend-bössen Welt. Ein Frembdling/
unbekannt/ wird von der Kirch genannt/ und
lässt mit vielen Weinen/ die Lebens-Art erschei-
nen. Die Erstlinge der Lebens-Zeit hat dieses
Kind empfangen.

232. Kirch.

Dieses Wort wird genommen für die Versam-
lung der Glaubigen/ und solcher Gestalt sind die
warhafftigen Kirchen Glieder unsichtbar/ wie
auch ihr Haubt/ deß wegen wir eine solche Heili-
ge Christliche Kirchen glauben und nicht sehen
können; weil derselben in der letzten Zeit der Wel-
te wenig/ und ein kleines Häuflein ist. Es wird
auch die Kirche genennet das Gebäu/ in welchem
der GOTTESdienst verrichtet zu werden pfle-
get/ das Haus deß HERRN/ GOTTES
Tempel. Da GOTT hat Feuer und Herd/ die
Vorhöfe und Wohnungen deß Höchsten/ die

Hei-
T

Kind.
morgen das junge Haͤnſigen/ wañ es kan kaum-
lich ſtehen/ ſo eilet es zu gehen/ und kreuchet dar
und hier/ wie ſonſt ein dummes Thier auf allen
vieren trabt. Es kan viel leichter fallen/ als die
Gebetlein lallen und weiſet in Geberden/ das/
was es moͤchte werden. Das Kind/ der Liebe
Pfand/ kommt in die freye Lufft/ aus einer fin-
ſtern Grufft/ durch ſeiner Ammen Hand. So
bald es iſt entnommen/ der Flut und Weſter-
bad/ muſſt es mit Threnen kommen/ in dieſe Jam-
merſtatt/ der elend-boͤſſen Welt. Ein Frembdling/
unbekannt/ wird von der Kirch genannt/ und
laͤſſt mit vielen Weinen/ die Lebens-Art erſchei-
nen. Die Erſtlinge der Lebens-Zeit hat dieſes
Kind empfangen.

232. Kirch.

Dieſes Wort wird genommen fuͤr die Verſam-
lung der Glaubigen/ und ſolcher Geſtalt ſind die
warhafftigen Kirchen Glieder unſichtbar/ wie
auch ihr Haubt/ deß wegen wir eine ſolche Heili-
ge Chriſtliche Kirchen glauben und nicht ſehen
koͤnnen; weil derſelben in der letzten Zeit der Wel-
te wenig/ und ein kleines Haͤuflein iſt. Es wird
auch die Kirche genennet das Gebaͤu/ in welchem
der GOTTESdienſt verrichtet zu werden pfle-
get/ das Haus deß HERRN/ GOTTES
Tempel. Da GOTT hat Feuer und Herd/ die
Vorhoͤfe und Wohnungen deß Hoͤchſten/ die

Hei-
T
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[291[289]/0321] Kind. morgen das junge Haͤnſigen/ wañ es kan kaum- lich ſtehen/ ſo eilet es zu gehen/ und kreuchet dar und hier/ wie ſonſt ein dummes Thier auf allen vieren trabt. Es kan viel leichter fallen/ als die Gebetlein lallen und weiſet in Geberden/ das/ was es moͤchte werden. Das Kind/ der Liebe Pfand/ kommt in die freye Lufft/ aus einer fin- ſtern Grufft/ durch ſeiner Ammen Hand. So bald es iſt entnommen/ der Flut und Weſter- bad/ muſſt es mit Threnen kommen/ in dieſe Jam- merſtatt/ der elend-boͤſſen Welt. Ein Frembdling/ unbekannt/ wird von der Kirch genannt/ und laͤſſt mit vielen Weinen/ die Lebens-Art erſchei- nen. Die Erſtlinge der Lebens-Zeit hat dieſes Kind empfangen. 232. Kirch. Dieſes Wort wird genommen fuͤr die Verſam- lung der Glaubigen/ und ſolcher Geſtalt ſind die warhafftigen Kirchen Glieder unſichtbar/ wie auch ihr Haubt/ deß wegen wir eine ſolche Heili- ge Chriſtliche Kirchen glauben und nicht ſehen koͤnnen; weil derſelben in der letzten Zeit der Wel- te wenig/ und ein kleines Haͤuflein iſt. Es wird auch die Kirche genennet das Gebaͤu/ in welchem der GOTTESdienſt verrichtet zu werden pfle- get/ das Haus deß HERRN/ GOTTES Tempel. Da GOTT hat Feuer und Herd/ die Vorhoͤfe und Wohnungen deß Hoͤchſten/ die Hei- T

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 291[289]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/321>, abgerufen am 29.03.2024.