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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Der Buler Liebe.
und liebenden nichts sol heimlich gehalten wer-
den. Die Flügel bemerken die hohen Gedanken/ die
Blindheit/ den von allen andern abgewenden/
und der geliebten allein zugewendten Sinn. Die
Waffen gebraucht die Liebe/ wider ihre Veräch-
ter/ und die Fackel zündet in den verliebten die
löblichen Gedanken an. Wann aber dieses Bild
nicht taub were/ würde es nicht unterlassen/ alle
die so sie einer Tyranney/ der Unbeständigkeit/
deß Betrugs etc. Beschulden/ gebührlich abzu-
straffen. Carafa.

Unter vielen berühmten Mahlern ist die Fra-
ge aufgegeben worden: Wie die Liebe Kunst-
richtig aus zubilden?
Der erste sagte/ daß sie
zumahlen mit Adlers Flügeln/ dann gleich wie
der Adler allein die guldnen Sonnenstralen erse-
hen kan/ also achtet auch der wahre Liebhaber die
Augen der geliebten/ für die Sonne seines Her-
tzens etc.

Der andre sagte/ daß die Liebe zu mahlen mit
Mucken oder Schnackenflügeln/ welche so lang
um das Liecht schweben/ bis sie sich verbrennen
und zu boden fallen.

Der dritte vermeinte/ daß sich die Sperbers-
flügel zu solchem Bilde schicken solten/ weil der
Sperber der unterhabenden Hand sehr gehorsam
ist/ und derselben Winken folget/ wie der verlieb-
te/ seiner Bulschafft.

Der

Der Buler Liebe.
und liebenden nichts ſol heimlich gehalten wer-
den. Die Fluͤgel bemerken die hohen Gedanken/ die
Blindheit/ den von allen andern abgewenden/
und der geliebten allein zugewendten Sinn. Die
Waffen gebraucht die Liebe/ wider ihre Veraͤch-
ter/ und die Fackel zuͤndet in den verliebten die
loͤblichen Gedanken an. Wann aber dieſes Bild
nicht taub were/ wuͤrde es nicht unterlaſſen/ alle
die ſo ſie einer Tyranney/ der Unbeſtaͤndigkeit/
deß Betrugs ꝛc. Beſchulden/ gebuͤhrlich abzu-
ſtraffen. Carafa.

Unter vielen beruͤhmten Mahlern iſt die Fra-
ge aufgegeben worden: Wie die Liebe Kunſt-
richtig aus zubilden?
Der erſte ſagte/ daß ſie
zumahlen mit Adlers Fluͤgeln/ dann gleich wie
der Adler allein die guldnen Sonnenſtralen erſe-
hen kan/ alſo achtet auch der wahre Liebhaber die
Augen der geliebten/ fuͤr die Sonne ſeines Her-
tzens ꝛc.

Der andre ſagte/ daß die Liebe zu mahlen mit
Mucken oder Schnackenfluͤgeln/ welche ſo lang
um das Liecht ſchweben/ bis ſie ſich verbrennen
und zu boden fallen.

Der dritte vermeinte/ daß ſich die Sperbers-
fluͤgel zu ſolchem Bilde ſchicken ſolten/ weil der
Sperber der unterhabenden Hand ſehr gehorſam
iſt/ und derſelben Winken folget/ wie der verlieb-
te/ ſeiner Bulſchafft.

Der
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[322[320]/0352] Der Buler Liebe. und liebenden nichts ſol heimlich gehalten wer- den. Die Fluͤgel bemerken die hohen Gedanken/ die Blindheit/ den von allen andern abgewenden/ und der geliebten allein zugewendten Sinn. Die Waffen gebraucht die Liebe/ wider ihre Veraͤch- ter/ und die Fackel zuͤndet in den verliebten die loͤblichen Gedanken an. Wann aber dieſes Bild nicht taub were/ wuͤrde es nicht unterlaſſen/ alle die ſo ſie einer Tyranney/ der Unbeſtaͤndigkeit/ deß Betrugs ꝛc. Beſchulden/ gebuͤhrlich abzu- ſtraffen. Carafa. Unter vielen beruͤhmten Mahlern iſt die Fra- ge aufgegeben worden: Wie die Liebe Kunſt- richtig aus zubilden? Der erſte ſagte/ daß ſie zumahlen mit Adlers Fluͤgeln/ dann gleich wie der Adler allein die guldnen Sonnenſtralen erſe- hen kan/ alſo achtet auch der wahre Liebhaber die Augen der geliebten/ fuͤr die Sonne ſeines Her- tzens ꝛc. Der andre ſagte/ daß die Liebe zu mahlen mit Mucken oder Schnackenfluͤgeln/ welche ſo lang um das Liecht ſchweben/ bis ſie ſich verbrennen und zu boden fallen. Der dritte vermeinte/ daß ſich die Sperbers- fluͤgel zu ſolchem Bilde ſchicken ſolten/ weil der Sperber der unterhabenden Hand ſehr gehorſam iſt/ und derſelben Winken folget/ wie der verlieb- te/ ſeiner Bulſchafft. Der

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 322[320]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/352>, abgerufen am 28.03.2024.