Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
Die bescheidne Thamar.
Gedenk ich nun/ was du von mir begehrest
ruht GOttes Zorn für unser beder Thür'.
Betrachte doch/ wie du dich selbst gefährest/
der Lust verraucht/ die Sünd brennt für und für.
Wie wilst du dich mit Juda That beschönen?
du klagest zwar der Väter Sünden an:
und sagest nicht von ihrer Reue Threnen/
und wie sie Buß/ ob solcher Schuld gethan.
Bist du von Lieb' erkrankt/ du kanst dich heilen:
" Der Müssiggang ist Ursach dieser Plag:
Mich aber sol kein Fehler übereilen/
" Gedenk' an GOtt/ so hast du gute Tag':
Ermüde dich so wirst du ruhig schlaffen.
" Es ist die Lieb ein eitler Schwindelwahn/
"der Jugend Thun die sonst nichts hat zu schaffen;
" Ein solcher Brand den Fliehen leschen kan.
Wie solt' ich nicht so grosses übel meiden?
wie solt ich mir ursachen solchen Spott?
Die Schuld ist dein/ wann/ wie du sagst/ musst leiden
ob Thamar Lieb'/ und denkest nicht an GOtt.
Viel besser ist/ du liebest andrer Orten/
weil wir gezeugt aus eintm Stammgeschlecht.
Jn Jsrael/ wird keine detnen Worten
versagen das/ was gibt das Ehestandrecht.
Deß Mörders Hand kan umb das Leben bringen/
in dem ich ihr nicht geben will Gehör:
Doch sol kein Mann ein schwaches Weib bezwingen:
" Viel lieber tod/ als leben sonder Ehr.
War zu treibt nicht das unbedachte Lieben?
das/ wie du sagst/ dich nöhtigt zum Gewalt.
Bedenk das End/ so wirst du nicht verüben
was dich hernach gereuen wird zu bald.
Entferne dich/ vertreib die Zeit mit Jagen/
sitz auf das Pferd/ bezäume deine Lust.
Du
Die beſcheidne Thamar.
Gedenk ich nun/ was du von mir begehreſt
ruht GOttes Zorn fuͤr unſer beder Thuͤr’.
Betrachte doch/ wie du dich ſelbſt gefaͤhreſt/
der Luſt verraucht/ die Suͤnd brennt fuͤr und fuͤr.
Wie wilſt du dich mit Juda That beſchoͤnen?
du klageſt zwar der Vaͤter Suͤnden an:
und ſageſt nicht von ihrer Reue Threnen/
und wie ſie Buß/ ob ſolcher Schuld gethan.
Biſt du von Lieb’ erkrankt/ du kanſt dich heilen:
„ Der Muͤſſiggang iſt Urſach dieſer Plag:
Mich aber ſol kein Fehler uͤbereilen/
„ Gedenk’ an GOtt/ ſo haſt du gute Tag’:
Ermuͤde dich ſo wirſt du ruhig ſchlaffen.
„ Es iſt die Lieb ein eitler Schwindelwahn/
„der Jugend Thun die ſonſt nichts hat zu ſchaffen;
„ Ein ſolcher Brand den Fliehen leſchen kan.
Wie ſolt’ ich nicht ſo groſſes uͤbel meiden?
wie ſolt ich mir urſachen ſolchen Spott?
Die Schuld iſt dein/ wann/ wie du ſagſt/ muſſt leiden
ob Thamar Lieb’/ und denkeſt nicht an GOtt.
Viel beſſer iſt/ du liebeſt andrer Orten/
weil wir gezeugt aus eintm Stammgeſchlecht.
Jn Jſrael/ wird keine detnen Worten
verſagen das/ was gibt das Eheſtandrecht.
Deß Moͤrders Hand kan umb das Leben bringen/
in dem ich ihr nicht geben will Gehoͤr:
Doch ſol kein Mann ein ſchwaches Weib bezwingen:
„ Viel lieber tod/ als leben ſonder Ehr.
War zu treibt nicht das unbedachte Lieben?
das/ wie du ſagſt/ dich noͤhtigt zum Gewalt.
Bedenk das End/ ſo wirſt du nicht veruͤben
was dich hernach gereuen wird zu bald.
Entferne dich/ vertreib die Zeit mit Jagen/
ſitz auf das Pferd/ bezaͤume deine Luſt.
Du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0560" n="530[528]"/>
              <fw place="top" type="header">Die be&#x017F;cheidne Thamar.</fw><lb/>
              <l>Gedenk ich nun/ was du von mir begehre&#x017F;t</l><lb/>
              <l>ruht GOttes Zorn fu&#x0364;r un&#x017F;er beder Thu&#x0364;r&#x2019;.</l><lb/>
              <l>Betrachte doch/ wie du dich &#x017F;elb&#x017F;t gefa&#x0364;hre&#x017F;t/</l><lb/>
              <l>der Lu&#x017F;t verraucht/ die Su&#x0364;nd brennt fu&#x0364;r und fu&#x0364;r.</l><lb/>
              <l>Wie wil&#x017F;t du dich mit Juda That be&#x017F;cho&#x0364;nen?</l><lb/>
              <l>du klage&#x017F;t zwar der Va&#x0364;ter Su&#x0364;nden an:</l><lb/>
              <l>und &#x017F;age&#x017F;t nicht von ihrer Reue Threnen/</l><lb/>
              <l>und wie &#x017F;ie Buß/ ob &#x017F;olcher Schuld gethan.</l><lb/>
              <l>Bi&#x017F;t du von Lieb&#x2019; erkrankt/ du kan&#x017F;t dich heilen:</l><lb/>
              <l>&#x201E; Der Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;iggang i&#x017F;t Ur&#x017F;ach die&#x017F;er Plag:</l><lb/>
              <l>Mich aber &#x017F;ol kein Fehler u&#x0364;bereilen/</l><lb/>
              <l>&#x201E; Gedenk&#x2019; an GOtt/ &#x017F;o ha&#x017F;t du gute Tag&#x2019;:</l><lb/>
              <l>Ermu&#x0364;de dich &#x017F;o wir&#x017F;t du ruhig &#x017F;chlaffen.</l><lb/>
              <l>&#x201E; Es i&#x017F;t die Lieb ein eitler Schwindelwahn/</l><lb/>
              <l>&#x201E;der Jugend Thun die &#x017F;on&#x017F;t nichts hat zu &#x017F;chaffen;</l><lb/>
              <l>&#x201E; Ein &#x017F;olcher Brand den Fliehen le&#x017F;chen kan.</l><lb/>
              <l>Wie &#x017F;olt&#x2019; ich nicht &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es u&#x0364;bel meiden?</l><lb/>
              <l>wie &#x017F;olt ich mir ur&#x017F;achen &#x017F;olchen Spott?</l><lb/>
              <l>Die Schuld i&#x017F;t dein/ wann/ wie du &#x017F;ag&#x017F;t/ mu&#x017F;&#x017F;t leiden</l><lb/>
              <l>ob Thamar Lieb&#x2019;/ und denke&#x017F;t nicht an GOtt.</l><lb/>
              <l>Viel be&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t/ du liebe&#x017F;t andrer Orten/</l><lb/>
              <l>weil wir gezeugt aus eintm Stammge&#x017F;chlecht.</l><lb/>
              <l>Jn J&#x017F;rael/ wird keine detnen Worten</l><lb/>
              <l>ver&#x017F;agen das/ was gibt das Ehe&#x017F;tandrecht.</l><lb/>
              <l>Deß Mo&#x0364;rders Hand kan umb das Leben bringen/</l><lb/>
              <l>in dem ich ihr nicht geben will Geho&#x0364;r:</l><lb/>
              <l>Doch &#x017F;ol kein Mann ein &#x017F;chwaches Weib bezwingen:</l><lb/>
              <l>&#x201E; Viel lieber tod/ als leben &#x017F;onder Ehr.</l><lb/>
              <l>War zu treibt nicht das unbedachte Lieben?</l><lb/>
              <l>das/ wie du &#x017F;ag&#x017F;t/ dich no&#x0364;htigt zum Gewalt.</l><lb/>
              <l>Bedenk das End/ &#x017F;o wir&#x017F;t du nicht veru&#x0364;ben</l><lb/>
              <l>was dich hernach gereuen wird zu bald.</l><lb/>
              <l>Entferne dich/ vertreib die Zeit mit Jagen/</l><lb/>
              <l>&#x017F;itz auf das Pferd/ beza&#x0364;ume deine Lu&#x017F;t.</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Du</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[530[528]/0560] Die beſcheidne Thamar. Gedenk ich nun/ was du von mir begehreſt ruht GOttes Zorn fuͤr unſer beder Thuͤr’. Betrachte doch/ wie du dich ſelbſt gefaͤhreſt/ der Luſt verraucht/ die Suͤnd brennt fuͤr und fuͤr. Wie wilſt du dich mit Juda That beſchoͤnen? du klageſt zwar der Vaͤter Suͤnden an: und ſageſt nicht von ihrer Reue Threnen/ und wie ſie Buß/ ob ſolcher Schuld gethan. Biſt du von Lieb’ erkrankt/ du kanſt dich heilen: „ Der Muͤſſiggang iſt Urſach dieſer Plag: Mich aber ſol kein Fehler uͤbereilen/ „ Gedenk’ an GOtt/ ſo haſt du gute Tag’: Ermuͤde dich ſo wirſt du ruhig ſchlaffen. „ Es iſt die Lieb ein eitler Schwindelwahn/ „der Jugend Thun die ſonſt nichts hat zu ſchaffen; „ Ein ſolcher Brand den Fliehen leſchen kan. Wie ſolt’ ich nicht ſo groſſes uͤbel meiden? wie ſolt ich mir urſachen ſolchen Spott? Die Schuld iſt dein/ wann/ wie du ſagſt/ muſſt leiden ob Thamar Lieb’/ und denkeſt nicht an GOtt. Viel beſſer iſt/ du liebeſt andrer Orten/ weil wir gezeugt aus eintm Stammgeſchlecht. Jn Jſrael/ wird keine detnen Worten verſagen das/ was gibt das Eheſtandrecht. Deß Moͤrders Hand kan umb das Leben bringen/ in dem ich ihr nicht geben will Gehoͤr: Doch ſol kein Mann ein ſchwaches Weib bezwingen: „ Viel lieber tod/ als leben ſonder Ehr. War zu treibt nicht das unbedachte Lieben? das/ wie du ſagſt/ dich noͤhtigt zum Gewalt. Bedenk das End/ ſo wirſt du nicht veruͤben was dich hernach gereuen wird zu bald. Entferne dich/ vertreib die Zeit mit Jagen/ ſitz auf das Pferd/ bezaͤume deine Luſt. Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/560
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 530[528]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/560>, abgerufen am 29.03.2024.