Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

VI.
dem seltnen Jnhalt/ als den schönen Worten
beygemessen wird/ und von diesen letzten müssen
wir unsre Betrachtung fortstellen.

52. Die Figuren/ welche die Rede zieren/ sind un-
terschiedlich/ und werden Tropi, zu Teutsch
Deutungs-Aenderungen genennet/ weil sie
die eigentliche Deutung eines Wortes verän-
dern/
und ist hiervon zu wissen daß I. etliche Sa-
chen/ so wesentlich aneinander hangen/ daß man
einen Theil für das Gantze/ und das Gantze für
einen Theil nimmet/ geheissen der Nebenbegriff
(Synecdoche) II. Werden etliche Sachen mit-
einander gefüget und zusammen gesetzet/ als wann
eine Ursach für derselben Werk/ oder ein Grund-
Wort für das befügige (cum rem ex a[d]junctis
cognoscimus
) genennet wird/ daher wir solches
eine Veränderung (Metonymiam) heissen.
III. Hangen etliche Sachen durch eine Gleich-
niß aneinander/ daß man eines an Statt deß an-
dern setzen kan/ und entstehet also die Umse-
tzung/
(Metaphora.) IV. Werden gantz widerige
Sachen gegen einander gehalten/ und hieraus
kommet eine Spottrede (Ironia) oder ein Ge-
gensatz/ der mehrmals gar artig ist/ also: Die
sterblichen Menschen/ sollen keine unsterbli-
che
Feindschafft hegen etc. Von diesem ist bey den
Lehrern der Redkunst ein mehrers zu lesen.

53. Unter besagten Figuren ist gleichsam die

Köni-

VI.
dem ſeltnen Jnhalt/ als den ſchoͤnen Worten
beygemeſſen wird/ und von dieſen letzten muͤſſen
wir unſre Betrachtung fortſtellen.

52. Die Figuren/ welche die Rede zieren/ ſind un-
terſchiedlich/ und werden Tropi, zu Teutſch
Deutungs-Aenderungen genennet/ weil ſie
die eigentliche Deutung eines Wortes veraͤn-
dern/
und iſt hiervon zu wiſſen daß I. etliche Sa-
chen/ ſo weſentlich aneinander hangen/ daß man
einen Theil fuͤr das Gantze/ und das Gantze fuͤr
einen Theil nimmet/ geheiſſen der Nebenbegriff
(Synecdoche) II. Werden etliche Sachen mit-
einander gefuͤget und zuſammen geſetzet/ als wañ
eine Urſach fuͤr derſelben Werk/ oder ein Grund-
Wort fuͤr das befuͤgige (cum rem ex a[d]junctis
cognoſcimus
) genennet wird/ daher wir ſolches
eine Veraͤnderung (Metonymiam) heiſſen.
III. Hangen etliche Sachen durch eine Gleich-
niß aneinander/ daß man eines an Statt deß an-
dern ſetzen kan/ und entſtehet alſo die Umſe-
tzung/
(Metaphora.) IV. Werden gantz widerige
Sachen gegen einander gehalten/ und hieraus
kommet eine Spottrede (Ironia) oder ein Ge-
genſatz/ der mehrmals gar artig iſt/ alſo: Die
ſterblichen Menſchen/ ſollen keine unſterbli-
che
Feindſchafft hegen ꝛc. Von dieſem iſt bey den
Lehrern der Redkunſt ein mehrers zu leſen.

53. Unter beſagten Figuren iſt gleichſam die

Koͤni-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0088" n="56"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VI.</hi></fw><lb/>
dem &#x017F;eltnen Jnhalt/ als den &#x017F;cho&#x0364;nen Worten<lb/>
beygeme&#x017F;&#x017F;en wird/ und von die&#x017F;en letzten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir un&#x017F;re Betrachtung fort&#x017F;tellen.</p><lb/>
          <p>52. Die Figuren/ welche die Rede zieren/ &#x017F;ind un-<lb/>
ter&#x017F;chiedlich/ und werden <hi rendition="#aq">Tropi,</hi> zu Teut&#x017F;ch<lb/><hi rendition="#fr">Deutungs-Aenderungen</hi> genennet/ weil &#x017F;ie<lb/>
die eigentliche <hi rendition="#fr">Deutung</hi> eines Wortes <hi rendition="#fr">vera&#x0364;n-<lb/>
dern/</hi> und i&#x017F;t hiervon zu wi&#x017F;&#x017F;en daß <hi rendition="#aq">I.</hi> etliche Sa-<lb/>
chen/ &#x017F;o we&#x017F;entlich aneinander hangen/ daß man<lb/>
einen Theil fu&#x0364;r das Gantze/ und das Gantze fu&#x0364;r<lb/>
einen Theil nimmet/ gehei&#x017F;&#x017F;en der <hi rendition="#fr">Nebenbegriff</hi><lb/><hi rendition="#aq">(Synecdoche) II.</hi> Werden etliche Sachen mit-<lb/>
einander gefu&#x0364;get und zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzet/ als wañ<lb/>
eine <hi rendition="#fr">U</hi>r&#x017F;ach fu&#x0364;r der&#x017F;elben Werk/ oder ein Grund-<lb/>
Wort fu&#x0364;r das befu&#x0364;gige (<hi rendition="#aq">cum rem ex a<supplied>d</supplied>junctis<lb/>
cogno&#x017F;cimus</hi>) genennet wird/ daher wir &#x017F;olches<lb/>
eine <hi rendition="#fr">Vera&#x0364;nderung</hi> (<hi rendition="#aq">Metonymiam</hi>) hei&#x017F;&#x017F;en.<lb/><hi rendition="#aq">III.</hi> Hangen etliche Sachen durch eine Gleich-<lb/>
niß aneinander/ daß man eines an Statt deß an-<lb/>
dern &#x017F;etzen kan/ und ent&#x017F;tehet al&#x017F;o die <hi rendition="#fr">Um&#x017F;e-<lb/>
tzung/</hi> <hi rendition="#aq">(Metaphora.) IV.</hi> Werden gantz widerige<lb/>
Sachen gegen einander gehalten/ und hieraus<lb/>
kommet eine Spottrede (<hi rendition="#aq">Ironia</hi>) oder ein Ge-<lb/>
gen&#x017F;atz/ der mehrmals gar artig i&#x017F;t/ al&#x017F;o: Die<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;terblichen</hi> Men&#x017F;chen/ &#x017F;ollen keine <hi rendition="#fr">un&#x017F;terbli-<lb/>
che</hi> Feind&#x017F;chafft hegen &#xA75B;c. Von die&#x017F;em i&#x017F;t bey den<lb/>
Lehrern der Redkun&#x017F;t ein mehrers zu le&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>53. <hi rendition="#fr">U</hi>nter be&#x017F;agten Figuren i&#x017F;t gleich&#x017F;am die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ko&#x0364;ni-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0088] VI. dem ſeltnen Jnhalt/ als den ſchoͤnen Worten beygemeſſen wird/ und von dieſen letzten muͤſſen wir unſre Betrachtung fortſtellen. 52. Die Figuren/ welche die Rede zieren/ ſind un- terſchiedlich/ und werden Tropi, zu Teutſch Deutungs-Aenderungen genennet/ weil ſie die eigentliche Deutung eines Wortes veraͤn- dern/ und iſt hiervon zu wiſſen daß I. etliche Sa- chen/ ſo weſentlich aneinander hangen/ daß man einen Theil fuͤr das Gantze/ und das Gantze fuͤr einen Theil nimmet/ geheiſſen der Nebenbegriff (Synecdoche) II. Werden etliche Sachen mit- einander gefuͤget und zuſammen geſetzet/ als wañ eine Urſach fuͤr derſelben Werk/ oder ein Grund- Wort fuͤr das befuͤgige (cum rem ex adjunctis cognoſcimus) genennet wird/ daher wir ſolches eine Veraͤnderung (Metonymiam) heiſſen. III. Hangen etliche Sachen durch eine Gleich- niß aneinander/ daß man eines an Statt deß an- dern ſetzen kan/ und entſtehet alſo die Umſe- tzung/ (Metaphora.) IV. Werden gantz widerige Sachen gegen einander gehalten/ und hieraus kommet eine Spottrede (Ironia) oder ein Ge- genſatz/ der mehrmals gar artig iſt/ alſo: Die ſterblichen Menſchen/ ſollen keine unſterbli- che Feindſchafft hegen ꝛc. Von dieſem iſt bey den Lehrern der Redkunſt ein mehrers zu leſen. 53. Unter beſagten Figuren iſt gleichſam die Koͤni-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/88
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/88>, abgerufen am 25.04.2024.