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Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

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und gibt ihm das Schwein, sagt, er wolle vorausgehen in den Wald und ein Feuer machen. Der Dieter aber kehrte hinter ihm um, sagte für sich selber: Hab ich dich wieder, du liebes Säulein? und trug es heim. Unterdessen irrte der Frieder in der Nacht herum, bis er im Wald das Feuer sah, und kam, und fragte den Bruder: "Hast du die Sau, Heiner?" Der Heiner sagte: "Hast du sie denn nicht, Frieder?" Da schauten sie einander mit großen Augen an, und hätten kein so prasselndes Feuer von buchenen Spänen gebraucht zum Nachtkochen. Aber desto schöner prasselte jezt das Feuer daheim in Dieters Küche. Denn das Schwein wurde sogleich nach der Heimkunft verhauen, und Kesselfleisch über das Feuer gethan. Denn der Dieter sagte: "Frau, ich bin hungerig, und was wir nicht beyzeiten essen, holen die Schelme doch." Als er sich aber in einen Winkel legte, und ein wenig schlummerte, und die Frau kehrte mit der eisernen Gabel das Fleisch herum, und schaute einmal nach der Seite, weil der Mann im Schlaf so seufzte, kam eine zugespizte Stange langsam durch das Camin herab, spießt das beste Stück im Kessel an, und zogs herauf; und als der Mann im Schlaf immer ängstlicher winselte, und die Frau immer emsiger nach ihm sah, kam die Stange zum zweytenmal; und als die Frau den Dieter weckte: "Mann, jezt wollen wir anrichten", da war der Kessel leer, und wär ebenfalls kein großes Feuer nöthig gewesen zum Nachtkochen. Als sie aber beyde schon im Begriff waren, hungerig ins Bett zu gehen, und dachten: Will der Henker das Säulein holen, so können wirs ja doch nicht heben, da kamen die Diebe vom Dach herab, durch das Loch der Mauer in die

und gibt ihm das Schwein, sagt, er wolle vorausgehen in den Wald und ein Feuer machen. Der Dieter aber kehrte hinter ihm um, sagte für sich selber: Hab ich dich wieder, du liebes Säulein? und trug es heim. Unterdessen irrte der Frieder in der Nacht herum, bis er im Wald das Feuer sah, und kam, und fragte den Bruder: „Hast du die Sau, Heiner?“ Der Heiner sagte: „Hast du sie denn nicht, Frieder?“ Da schauten sie einander mit großen Augen an, und hätten kein so prasselndes Feuer von buchenen Spänen gebraucht zum Nachtkochen. Aber desto schöner prasselte jezt das Feuer daheim in Dieters Küche. Denn das Schwein wurde sogleich nach der Heimkunft verhauen, und Kesselfleisch über das Feuer gethan. Denn der Dieter sagte: „Frau, ich bin hungerig, und was wir nicht beyzeiten essen, holen die Schelme doch.“ Als er sich aber in einen Winkel legte, und ein wenig schlummerte, und die Frau kehrte mit der eisernen Gabel das Fleisch herum, und schaute einmal nach der Seite, weil der Mann im Schlaf so seufzte, kam eine zugespizte Stange langsam durch das Camin herab, spießt das beste Stück im Kessel an, und zogs herauf; und als der Mann im Schlaf immer ängstlicher winselte, und die Frau immer emsiger nach ihm sah, kam die Stange zum zweytenmal; und als die Frau den Dieter weckte: „Mann, jezt wollen wir anrichten“, da war der Kessel leer, und wär ebenfalls kein großes Feuer nöthig gewesen zum Nachtkochen. Als sie aber beyde schon im Begriff waren, hungerig ins Bett zu gehen, und dachten: Will der Henker das Säulein holen, so können wirs ja doch nicht heben, da kamen die Diebe vom Dach herab, durch das Loch der Mauer in die

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[181/0189] und gibt ihm das Schwein, sagt, er wolle vorausgehen in den Wald und ein Feuer machen. Der Dieter aber kehrte hinter ihm um, sagte für sich selber: Hab ich dich wieder, du liebes Säulein? und trug es heim. Unterdessen irrte der Frieder in der Nacht herum, bis er im Wald das Feuer sah, und kam, und fragte den Bruder: „Hast du die Sau, Heiner?“ Der Heiner sagte: „Hast du sie denn nicht, Frieder?“ Da schauten sie einander mit großen Augen an, und hätten kein so prasselndes Feuer von buchenen Spänen gebraucht zum Nachtkochen. Aber desto schöner prasselte jezt das Feuer daheim in Dieters Küche. Denn das Schwein wurde sogleich nach der Heimkunft verhauen, und Kesselfleisch über das Feuer gethan. Denn der Dieter sagte: „Frau, ich bin hungerig, und was wir nicht beyzeiten essen, holen die Schelme doch.“ Als er sich aber in einen Winkel legte, und ein wenig schlummerte, und die Frau kehrte mit der eisernen Gabel das Fleisch herum, und schaute einmal nach der Seite, weil der Mann im Schlaf so seufzte, kam eine zugespizte Stange langsam durch das Camin herab, spießt das beste Stück im Kessel an, und zogs herauf; und als der Mann im Schlaf immer ängstlicher winselte, und die Frau immer emsiger nach ihm sah, kam die Stange zum zweytenmal; und als die Frau den Dieter weckte: „Mann, jezt wollen wir anrichten“, da war der Kessel leer, und wär ebenfalls kein großes Feuer nöthig gewesen zum Nachtkochen. Als sie aber beyde schon im Begriff waren, hungerig ins Bett zu gehen, und dachten: Will der Henker das Säulein holen, so können wirs ja doch nicht heben, da kamen die Diebe vom Dach herab, durch das Loch der Mauer in die

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Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/189>, abgerufen am 20.04.2024.