Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

und dem Soldaten einen guten Dienst erweisen, eilte herbey, und sagte: "Der General Suwarov hat befohlen, man solle sich nie vom Zorn übernehmen lassen." Sogleich ließ Suwarov nach, und sagte: "Wenns der General befohlen hat, muß man gehorchen."


Klein und Groß.

In Asien, in dem Gebirge Taurus und an andern Orten lebt eine Art von wilden Schafen, Argali genannt, die sind sehr groß, stark und scheu, und haben sehr große Hörner. Wenn ein solches Thier im Kampf oder durch ein anderes Unglück ein Horn verliert, was jejuweilen peschieht, so kommt es den dortigen Füchslein zu gut. Diese haben alsdann nicht nöthig, einen Bau in die Erde zu graben, meynen, das Horn sey wegen ihnen da, schlupfen hinein, und wohnen darinn. Worüber muß man sich mehr verwundern, über die großen Hörner oder über die kleinen Füchse?

Die kleinsten Vögel, die man kennt, heißen Kolibri. Sie sind in Süd-Amerika daheim, haben wunderschöne Farben von Gold- und Silberglanz, legen Eylein, so nicht größer sind, als eine Erbse; und werden nicht mit Schroten geschossen, sondern mit kleinen Sandkörnlein, weil sonst nichts Ganzes an ihnen bliebe. Neben ihnen wohnt eine Spinne, die ist so groß, daß sie diese armen Thierlein wie Mucken fängt und aussaugt. Doch das weiß der geneigte Leser schon, denn er ist ein belesener Mann.

Andern Respekt flößt der Herr Lämmer-Geyer seiner Nachbarschaft ein, der in den Tyroler- und Schweizer-Gebirgen

und dem Soldaten einen guten Dienst erweisen, eilte herbey, und sagte: „Der General Suwarov hat befohlen, man solle sich nie vom Zorn übernehmen lassen.“ Sogleich ließ Suwarov nach, und sagte: „Wenns der General befohlen hat, muß man gehorchen.“


Klein und Groß.

In Asien, in dem Gebirge Taurus und an andern Orten lebt eine Art von wilden Schafen, Argali genannt, die sind sehr groß, stark und scheu, und haben sehr große Hörner. Wenn ein solches Thier im Kampf oder durch ein anderes Unglück ein Horn verliert, was jejuweilen peschieht, so kommt es den dortigen Füchslein zu gut. Diese haben alsdann nicht nöthig, einen Bau in die Erde zu graben, meynen, das Horn sey wegen ihnen da, schlupfen hinein, und wohnen darinn. Worüber muß man sich mehr verwundern, über die großen Hörner oder über die kleinen Füchse?

Die kleinsten Vögel, die man kennt, heißen Kolibri. Sie sind in Süd-Amerika daheim, haben wunderschöne Farben von Gold- und Silberglanz, legen Eylein, so nicht größer sind, als eine Erbse; und werden nicht mit Schroten geschossen, sondern mit kleinen Sandkörnlein, weil sonst nichts Ganzes an ihnen bliebe. Neben ihnen wohnt eine Spinne, die ist so groß, daß sie diese armen Thierlein wie Mucken fängt und aussaugt. Doch das weiß der geneigte Leser schon, denn er ist ein belesener Mann.

Andern Respekt flößt der Herr Lämmer-Geyer seiner Nachbarschaft ein, der in den Tyroler- und Schweizer-Gebirgen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0191" n="183"/>
und dem Soldaten einen guten Dienst erweisen, eilte herbey, und sagte: &#x201E;<hi rendition="#g">Der General Suwarov hat befohlen, man solle sich nie vom Zorn übernehmen lassen</hi>.&#x201C; Sogleich ließ Suwarov nach, und sagte: &#x201E;Wenns der General befohlen hat, muß man gehorchen.&#x201C;</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Klein und Groß.</head><lb/>
        <p>In Asien, in dem Gebirge Taurus und an andern Orten lebt eine Art von wilden Schafen, <hi rendition="#g">Argali</hi> genannt, die sind sehr groß, stark und scheu, und haben sehr große Hörner. Wenn ein solches Thier im Kampf oder durch ein anderes Unglück ein Horn verliert, was jejuweilen peschieht, so kommt es den dortigen Füchslein zu gut. Diese haben alsdann nicht nöthig, einen Bau in die Erde zu graben, meynen, das Horn sey wegen ihnen da, schlupfen hinein, und wohnen darinn. Worüber muß man sich mehr verwundern, über die großen Hörner oder über die kleinen Füchse?</p>
        <p>Die kleinsten Vögel, die man kennt, heißen Kolibri. Sie sind in Süd-Amerika daheim, haben wunderschöne Farben von Gold- und Silberglanz, legen Eylein, so nicht größer sind, als eine Erbse; und werden nicht mit Schroten geschossen, sondern mit kleinen Sandkörnlein, weil sonst nichts Ganzes an ihnen bliebe. Neben ihnen wohnt eine Spinne, die ist so groß, daß sie diese armen Thierlein wie Mucken fängt und aussaugt. Doch das weiß der geneigte Leser schon, denn er ist ein belesener Mann.</p>
        <p>Andern Respekt flößt der Herr Lämmer-Geyer seiner Nachbarschaft ein, der in den Tyroler- und Schweizer-Gebirgen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0191] und dem Soldaten einen guten Dienst erweisen, eilte herbey, und sagte: „Der General Suwarov hat befohlen, man solle sich nie vom Zorn übernehmen lassen.“ Sogleich ließ Suwarov nach, und sagte: „Wenns der General befohlen hat, muß man gehorchen.“ Klein und Groß. In Asien, in dem Gebirge Taurus und an andern Orten lebt eine Art von wilden Schafen, Argali genannt, die sind sehr groß, stark und scheu, und haben sehr große Hörner. Wenn ein solches Thier im Kampf oder durch ein anderes Unglück ein Horn verliert, was jejuweilen peschieht, so kommt es den dortigen Füchslein zu gut. Diese haben alsdann nicht nöthig, einen Bau in die Erde zu graben, meynen, das Horn sey wegen ihnen da, schlupfen hinein, und wohnen darinn. Worüber muß man sich mehr verwundern, über die großen Hörner oder über die kleinen Füchse? Die kleinsten Vögel, die man kennt, heißen Kolibri. Sie sind in Süd-Amerika daheim, haben wunderschöne Farben von Gold- und Silberglanz, legen Eylein, so nicht größer sind, als eine Erbse; und werden nicht mit Schroten geschossen, sondern mit kleinen Sandkörnlein, weil sonst nichts Ganzes an ihnen bliebe. Neben ihnen wohnt eine Spinne, die ist so groß, daß sie diese armen Thierlein wie Mucken fängt und aussaugt. Doch das weiß der geneigte Leser schon, denn er ist ein belesener Mann. Andern Respekt flößt der Herr Lämmer-Geyer seiner Nachbarschaft ein, der in den Tyroler- und Schweizer-Gebirgen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/191
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/191>, abgerufen am 20.04.2024.